Troisi, Licia – Erbe der Drachen, Das (Die Schattenkämpferin 1)

_|Die Schattenkämpferin|-Trilogie:_

Band 1: „Das Erbe der Drachen“
Band 2: „Das Siegel des Todes“
Band 3: „Der Fluch der Assassinen“

Mit ihrer „Drachenkämpferin“-Trilogie war Licia Troisi vor geraumer Zeit ein exzellenter Einstieg in die internationale Fantasy-Szene gelungen. Hier und dort zwar noch mit kleinen Verbesserungswürdigkeiten bei der Tiefe der Erzählung bestückt, entwickelte sich der Dreiteiler spätestens im Abschlussband zum Selbstläufer und konnte sich trotz der sprachlichen Simplizität beim Publikum als Alternative zu den großen Namen durchsetzen. Troisi hat sich auf diesen Lorbeeren aber keinesfalls ausgeruht und parallel an zwei weiteren Projekten gearbeitet, von denen „Die Schattenkämpferin“ nun an der Front debütiert. Wieder kehrt die Autorin in die Aufgetauchte Welt zurück – und wieder sind es vor allem die Charakterdarstellungen, die ihre neue Trilogie schon zum Auftakt glänzen lassen!

_Story:_

Mit gerade einmal acht Jahren wird die verspielte Dubhe aus ihrem Heimatdorf Selva verstoßen, als sie einen anderen Jungen bei einer übermütigen Rauferei tötet. Das Antlitz des jungen Gornar wird sie ein Leben lang begleiten, denn von nun an ist ihr Weg von Tod und Meucheleien gezeichnet. Dubhe wird ausgesetzt und muss sich alleine durchschlagen; sie landet in einem Soldatenlager und schließlich in der Obhut ihres ‚Meisters‘, einem brutalen Mörder, der sich ihrer widerwillig annimmt, sie dann aber ebenfalls im jüngsten Alter an das Töten heranführt. Jahrelang kämpft und lernt sie an seiner Seite, verfällt ihm regelrecht und betrachtet sich als seinen Besitz – bis er eines Tages ebenfalls sein Leben lässt und Dubhe zum ersten Mal mit der Gilde der Assassinen und ihren widerwärtigen Methoden vertraut macht.

Noch Jahre später wird ihr diese Begegnung nachhängen; und als sie eines Abends bei einem ihrer üblichen Raubzüge von einem Giftpfeil getroffen wird, der ein eigenartiges Siegel auf ihrem Arm hinterlässt, weiß sie, dass die Gilde sie am Ende doch noch in ihre Fänge bekommen hat. Lediglich die Asassinen selber können den Fluch lösen, doch der Weg dorthin fordert Dubhes verbliebene Kräfte und noch vieles mehr. Sie muss sich selber der Gilde anschließen, soll in ihrem Auftrag morden, die brutale Schule durchmachen und ihrem Gott huldigen. Mit letzter Verzweiflung unterwirft sie sich und kämpft um ihr Überleben – bis sie eines Tages in den modrigen Winkeln des Tempels auf einen Postulanten trifft, der sich eingeschleust hat, um die teuflischen Pläne der Assassinen aufzudecken. Doch mit seiner Ankunft öffnet sich Dubhe erst das wahre Ausmaß der schwarzen Magie, die der Höchste Wächter der Gilde anscheinend schon in Perfektion zelebriert …

_Persönlicher Eindruck:_

Wenn man ein Buch ständig zurückschiebt und es anderen Titeln opfert, die – so weiß man später – bei Weitem nicht die priorisierte Aufmerksamkeit verdient haben, mutet das Ganze im Endeffekt relativ merkwürdig an. Gerade vor dem Hintergrund, dass Licia Troisis erste Trilogie einen wirklich guten Eindruck hinterlassen hat, zwar sicherlich noch nicht verbergen konnte, dass es sich hierbei um ein Erstwerk handelte, schließlich aber doch voll und ganz überzeugte, muss man sich hier über die eigene Vorgehensweise wundern.
Dass die italienische Autorin inzwischen einen weiteren Dreiteiler auf den Markt gebracht hatte, schürte aber wieder das Interesse für ihren sympathischen, sehr leicht verdaulichen Erzählstil und führte schließlich zurück in die Aufgetauchte Welt, jenem Schauplatz, an dem einst auch die beiden Publikumslieblinge Nihal und Sennar für Frieden kämpften. Sie sind es schließlich auch, die eine Verbindung zu den neuen Büchern herstellen, wenngleich auch nur in der Zeitleiste, die mittlerweile mehr als vier Dekaden weiter fortgeschritten ist. Und auf der sich die Ereignisse offenbar wiederholen …

Denn ähnlich den inhaltlichen Wendungen in „Die Drachenkämpferin“ ist die Ausgangsposition wieder sehr bedrohlich, der Frieden in den acht Landeinheiten jener Welt alles andere als sichtbar. Der kriegerische Streitherr Dohor hat große Teile der Aufgetauchten Welt erobert und bereitet sich bereits auf seine Alleinherrschaft vor, als die kleine Dubhe zum ersten Mal ins Spiel kommt. Als unscheinbares Mädchen in einer nahezu unbedeutenden Ortschaft geboren, zeigt sie bereits erste Parallelen zu ihrem wahrscheinlichen Vorbild Nihal, wenngleich die Heldin der aktuellen Bände ganz klar abgebrühter und kühler in ihrem Erscheinungsbild ist – bzw. mit der Entwicklung der Story wird. Hinzu kommt, dass sich Dubhes Charakterzüge in geradezu jedem einzelnen Akt weiter verfinstern. Ihr wird das Grauen vorgelebt, die Familiengeschichte findet unterdessen ein tragisches Ende, und auch wenn ihre Kollegin im Geiste seinerzeit ebenfalls auf sich alleine gestellt war, wächst die Nachfolgerin der Legende in einem ganz anderen Umfeld mit, bringt für ihre persönliche Charakterformung eine ganz andere Voraussetzung mit und wirft schließlich auch einen sehr düsteren Schatten auf die gesamte Story, die in ihrer Gesamtheit sowieso schon viel härter ist als all das, was man von Troisi bisher gelesen hat.

Die Grundbedingungen haben sich im bekannten Setting also verändert, aber auch der Stil der Autorin hat in den beiden Jahren, die zwischen der Entstehung der ersten und der zweiten Trilogie liegen, einen deutlichen Fortschritt gemacht. Troisi wirkt souveräner und einfach sicherer in dem, was sie in Worte kleidet. Dies mag zum Teil auch an der wesentlich besseren Übersetzung in „Die Schattenkämpferin“ liegen, definitiv aber auch an der brillanten Vorgabe, die einen völlig etablierten Eindruck macht. Dass die Geschichte hiervon profitiert, bekommt man bereits relativ früh zu spüren, als die Autorin zum ersten Mal die Vergangenheit und die Gegenwart mischt und die ständigen Rückblicke zu einem wichtigen Bestandteil von „Das Erbe der Drachen“ deklariert. Stetig erfährt man mehr über Dubhes Kindheit und Jugend, lernt ihren Meister und dessen Werdegang kennen, und begreift schließlich, wie aus der unscheinbaren Figur diese eiskalte Gaunerin werden konnte, die sich trotz aller Missetaten ihren vernünftigen Grundcharakter bewahrt hat. Weshalb sie auch zur absoluten Sympathieträgerin avanciert, einer Identifikationsfigur, die sich nicht bloß durch eine Aneinanderreihung von Heldentaten auszeichnet, sondern auch die dunkle Seite mit reichlich Energie und Leidenschaft bedient.

Auf dieser Basis kann sich der Auftaktband in aller Ruhe ausbreiten und mündet schließlich in einem sehr gesunden Fundament für die nächsten beiden Romane. Auf mehr als 500 Seiten wird ein anständiger Komplex aufgerissen, der zahlreiche Querverweise auf die Vergangenheit der Aufgetauchten Welt und ihrer Heroen hergibt, einige verschachtelte Verbindungen öffnet und vor allem Protagonisten zutage fördert, wie sie sich die literarische Fantasy nur wünschen kann. Man sollte zwar vorsichtig sein, einen Mehrteiler bereits zu einem verfrühten Zeitpunkt in den Himmel zu loben. Doch die rasche Entwicklung in der Arbeit der Autorin sowie die durch und durch überzeugende Story erheben bereits jetzt einen verpflichtenden Anspruch. Nicht zuletzt, weil es zuerst die Figuren sind, die hier den Ausschlag geben …

|Gebundene Ausgabe: 528 Seiten
Originaltitel: Le Guerre del Mondo Emerso – La Setta degli Assassini
ISBN-13: 978-3453265639|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

_Licia Troisi bei |Buchwurm.info|:_
[„Im Land des Windes“ (Drachenkämpferin 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2488
[„Der Auftrag des Magiers“ (Drachenkämpferin 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4130
[„Der Talisman der Macht“ (Drachenkämpferin 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4507

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