Ein wunderlicher Titel, der aber nichts mit merkwürdiger Science-Fiction zu tun hat, sondern sehr treffend beschreibt, was das Werk des in Deutschland nicht sehr bekannten Okkultisten beinhaltet. Lediglich im Magazin „Mescalito“ wurden in den achtziger Jahren Texte von Parsons veröffentlicht, mittlerweile wird man dank des Internets allerdings eher fündig.
Jack Parsons (bürgerlich John Whiteside Parsons, 1914 – 1952) war führendes Mitglied des OTO (Ordo Templi Orientis) und Lieblingskind Aleister Crowleys. Er schrieb das „Buch Babalon“, welches als viertes Kapitel des „Liber Al“ gilt und damit zum Vorläufer der Maat-Magick von Soror Nema wurde. L. Ron Hubbard, der Gründer von Scientology, arbeitete sehr eng mit ihm zusammen und brannte dann aber 1947 mit Parsons Frau und einem Batzen Geld durch, eine Aktion, die einen „magischen Krieg“ nach sich zog. Das Grundgerüst der Scientology stammt insgesamt vom OTO, wurde allerdings so verändert, dass kein direkter Zugang in die hierarchische Spitze mehr möglich ist. Parsons war ein typischer Anti-Christ, der stark gegen die repressive Sexualmoral des Christentums rebellierte, damit in der Boheme starken Anklang fand und in der Öffentlichkeit ebenso wie Crowley mehrfach für Skandale sorgte.
Neben der Erforschung astraler Welten lag sein Hauptinteresse bei der Sexualmagie. Er versammelte neben Okkultisten eine Szene aus Hollywood-Schauspielern, Literaten und allen möglichen gesellschaftlichen Aussteigern. Schwarzmagier oder Satanist war er nicht, er bezeichnete sich selbst – noch über den OTO hinaus – immer als Angehörigen der „Witchcraft“, des Hexenkultes und favorisierte anstatt der traditionellen 13 Mitgliedern eines Covens nur 11, d. h. ein demokratisches Gefäß ohne die amtierende, vorstehende Priesterschaft. Die größte Bedeutung für die okkulte Welt stellte sein so genanntes „Babalon-Working“ dar, ein sexualmagisches Experiment, welches die Erzeugung des von Aleister Crowley beschriebenen „Mond-Kindes“ umfasst. Dies stieß auf große Skepsis sowohl bei „Onkel Aleister“ wie auch im gesamten damaligen OTO. Den Anhängern Parsons‘ gemäß, verlief dieses Experiment erfolgreich und Babalon inkarnierte in der Folge auf der Erde in der Gestalt von Marjorie Cameron, die als „Scarlett Woman“ an Parsons‘ sexualmagischen Riten direkt beteiligt war. Cameron war bis zu ihrem Tod Ende der neunziger Jahre eine Ikone der alternativen Kunstszene Amerikas – zu sehen in Filmen von Kenneth Anger – und stand in engem Zusammenhang mit dem heutigen OTO der „Caliphats“-Linie um William Breeze als amtierendem Oberhaupt.
Im bürgerlichen Leben war Parsons Wissenschaftler und führender Raketenforscher, der für Amerika die Treibstoffe des Raumfahrtprogramms entwickelte. Er arbeitete in den USA nach dem 2. Weltkrieg sehr eng mit den deutschen Raketenforschern zusammen und es gibt sehr viele Anhaltspunkte, dass er am „Philadelphia-Experiment“, den ganzen „Montauk“-Geschichten und der UFO-logie maßgeblich beteiligt war. 1952 starb er bei einer Explosion in seinem Labor, was bis heute zu vielen Spekulationen führte, dass es sich um keinen Unfall gehandelt habe, sondern um Mord. Er war Mitbegründer des |Jet Propulsion Laboratory| (JPL), heute noch eine der wichtigsten Forschungseinrichtungen der NASA, und ebenso der Aerojet Corporation. Ein Mondkrater wurde übrigens ebenfalls nach ihm benannt, in Anerkennung seiner Dienste.
Dadurch ist die vorliegende Biografie sehr vielschichtig, denn sie behandelt den Wissenschaftler Parsons, mit trockenen Kapiteln zur Raumfahrtgeschichte und Militärtechnik, abwechselnd mit Betrachtungen zum spannenden Leben in der anarchistischen politischen Subkultur der Bohemiens, Literaten und der okkulten Szene. In Deutschland ist Parsons nach wie vor erst noch zu entdecken. Sehr ausführlich wird seine „Babalon“-Arbeit beschrieben, die für an Sexualmagie Interessierte kundige Details für rituelle Arbeiten bieten. Das Vorwort zur Biografie stammt von niemand Geringerem als Robert Anton Wilson, dem Autor der „Illuminatus“-Trilogie: „Dieses Buch erzählt die Lebensgeschichte eines sehr merkwürdigen, sehr brillanten, sehr komischen, sehr gequälten Mannes, der mindestens drei hauptsächliche Berufe (oder Berufungen) hatte … Er agierte als Wissenschaftler, als Okkultist, als politischer Dissident und oft als ein schlichter verdammter Idiot (genau wie Du und ich) …“
Englische Parsons-Seite zum Babalon-Working, mit Texten über Parsons: http://www.babalon.net
Gebundene Ausgabe: 265 Seiten