Ernst Meckelburg – Die andere Wirklichkeit

Der Name „Ernst Meckelburg“ ist alles andere als unvertraut, wenn es um Paranormales und unerklärliche Phänomene geht. Der Wissenschaftsjournalist und technisch versierte Autor, Jahrgang 1927, hat mittlerweile eine wahre Flut an Büchern und Fachartikeln zu grenzwissenschaftlichen Themen herausgebracht, darunter etliche Bestseller im In- und Ausland.
Wenn mich nicht alles täuscht, erschien das vorliegende Werk „Die ‚andere‘ Wirklichkeit“ bereits 1998 unter dem der Zeitströmung angepassten Aufmachertitel „Die Titanic wird sinken“; eine Anbiederung, die ich skeptisch betrachte, aber aus Marketinggründen natürlich verständlich ist. Vorhersagen dieser und anderer Natur waren wohl auch der Auslöser, diese Sammlung von Berichten zu veröffentlichen, die auch nicht im Zusammenhang geschrieben, sondern eher in Teilen entstanden und zusammengefügt zu sein scheint.


Wo ich gerade die schwächere Seite der Veröffentlichung anreiße, möchte ich noch Bezug auf den Selbstanspruch nehmen. So verkündet die Rückseite: „Bestsellerautor Ernst Meckelburg belegt anhand zahlreicher überzeugender Fallschilderungen, dass es Wiedergeburt, Astralkörperaustritte, Nahtoderlebnisse und genaue Vorhersagen von Katastrophen wirklich gibt. Er führt den schlüssigen Beweis, dass unsere materielle Welt auch durch Einflüsse aus dem Jenseits bestimmt wird.“ Tatsächlich wird hier natürlich überhaupt nichts belegt oder gar bewiesen; einen derartig wissenschaftlich fundierten Anspruch darf diese Veröffentlichung keineswegs erheben. Meckelburg möchte sich vom Stil verschiedener derzeit angesagter Mystery-Serien („PSI-Faktor“, „Akte X“ etc.) abgrenzen; merkt beispielsweise an, dass seine Schilderungen im Gegensatz zu den Serien Realitätsanspruch aufweisen. Tatsächlich wird dies ebenso von vielen Fällen der angesprochenen Serien verteidigt, die oftmals auf überlieferten Vorfällen beruhen. Zudem unterscheidet sich der Darstellungsstil, gerade in den erzählerischen Ausschmückungen, nicht wesentlich von der Präsentation in den Serien. Diese Selbstvorgabe wurde also meines Erachtens nicht erreicht.

Was Meckelburg zu bieten hat, ist eine wahre Fülle von Berichten zu absonderlichen Vorfällen, Anmerkungen zu Forschungen im Grenzbereich, Beschreibungen von seltsamen Orten und wissenschaftlich unerklärlichen – oder zumindest nicht stichhaltig erklärbaren – Begebenheiten und Effekten. Dabei vermischen sich Berichte, die zumindest durch eine ausreichende Anzahl von Zeugenaussagen und teils enorme Fülle an gezielten Untersuchungen abgesichert wurden, mit solchen, die lediglich auf Hörensagen beruhen und nicht von urbanen Legenden zu unterscheiden sind. Auch in der Tiefe der Darstellung schwankt die Form zwischen ausführlichen Erzählungen und Erklärungen bis hin zu kurz angerissenen Randnotizen. Somit bleibt die angepeilte Ziellinie unklar; andererseits bietet sich eine abwechslungsreiche Mischung, die für jeden Leser ihre Kleinode zu bieten hat. Der Schreibstil ist spannend und lesefreudig gelungen, teils mit prosaischer Erzählfreude ausstaffiert und wendet sich allein von daher weniger an ein Fachpublikum als vielmehr an den interessierten Laien, um diesem die Fülle der Möglichkeiten einer Wirklichkeit vorzuführen, die über pseudogesicherte Schulerkenntnisse hinaus geht. Direkte Quellangaben zu den einzelnen „Fallstudien“ fehlen zwar, lassen sich aber über ein Literaturregister im Anhang aufspüren. Keine wissenschaftliche Methodik für den Versuch einer „Beweisführung“, aber immerhin nachvollziehbar bibliographisch belegt. Für meinen Geschmack wurde hier allerdings ein wenig zu viel von Abgeschriebenem abgeschrieben, ohne eigene Recherche einzubringen; zudem spürt man deutlich den begeisterten Willen zur Akzeptanz des Berichteten, auf der – meines Erachtens begründeten – Suche nach Bestätigung für ein von der Lehrmeinung abweichendes Weltbild.
Sehr schön sind übrigens die kurzen Begriffserläuterungen sowie das Stichwortregister im Anhang und der beigefügte Hochglanz-Bildteil mit 30 Fotos.

Was bleibt, ist ein faszinierend und unterhaltsam zu lesender Sammelband „übernatürlicher“, paranormaler, mysteriöser Phänomene und Begebenheiten mit einigen wahrhaft erstaunlichen Fällen darunter, den ich zur Kenntnisnahme und genüsslichen Lektüre durchaus empfehlen kann, der aber für den an Hintergründen interessierten und wissenschaftlich orientierten Suchenden weniger geeignet ist. Empfehlenswert ist das Material zudem sowohl für ‚Neulinge‘ als auch ‚Kundige‘, denn Meckelburg hat hier eine größere Zahl weniger bekannter und noch nicht überpublizierter Fallschilderungen angeführt.

Das Buch besitzt eine grobe Inhaltsstruktur, die ich hier wiedergeben möchte:

I Konfrontation mit der „anderen“ Wirklichkeit: Menschen mit Psi-Fähigkeiten – Telepathie – Hellsehen – Psychometrie – Vorauswissen – Schicksal

II Die Macht des Bewusstseins: Psychokinese – Schwebende Menschen – Poltergeistaktivitäten – spuk – Apporte – Flüche mit Folgen – Geheime Manipulation des Bewusstseins

III Diesseits, Jenseits und danach: Astralkörperaustritte – Nahtodzustände – Kontakte mit dem jenseits – Wiedergeburt

IV Jenseits der „Normalität“: Wesen aus anderen Welten – Erscheinungen – Doppelgänger – Ungewöhnliche Naturphänomene

Taschenbuch: 319 Seiten
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