Robert L. Stevenson – Die Schatzinsel (Europa-Originale 25)

Besetzung

Jim Hawkins – Susanne Hartau
John Silver – Hans Paetsch
Der alte Seebär – Wolfgang Rau
Der Doktor – Jürgen Wegner
Der Baron – Michael Stobbe
Der Kapitän – Jürgen Pooch
Der blinde Pirat – Rudolf Fenner
Ein Pirat – Hans Meinhardt
Ein anderer Pirat – Gottfried Lackmann
Leichtmatrose Tom – Sven H. Mahler
Ben Gunn und Seeleute – Wolfgang Rau

_Story_

Der legendäre Kapitän Flint taucht nach zahlreichen Abenteuern zu See in der Schenke der Familie Hawkins unter und verbringt dort Abend für Abend bei übermäßigem Rumkonsum. Bei den Leuten im Dorf ist Flint jedoch verhasst und gefürchtet, weil er zu Gewalt und Aggressionen neigt. Aus diesem Grunde trauert ihm auch niemand nach, als er nach einer weiteren durchgezechten Nacht einem Schlaganfall erliegt und nur wenige Stunden vor dem Hausherren den Tod findet.

Zuvor jedoch hat Flint dem jungen Jim Hawkins ein Geheimnis überlassen und ihn dabei vor einigen suspekten Gestalten gewarnt. Flint hatte einst einen Schatz auf einer Insel versteckt, und nun, wo seine Hinterlassenschaft an Jim weitergereicht wurde, ist es an diesem, diesen Schatz zu finden. Die geplagte Hawkins-Familie bekommt umgehend Hilfe vom Baron, der kurzerhand beschließt, eine Mannschaft mit erfahrenen Seeleuten anzuheuern und samt Jim und dessen Schatzkarte nach dem Schatz zu suchen. Doch schon bevor die Besatzung die Insel erreicht, erfährt Jim unfreiwillig von den finsteren Plänen des mitgereisten John Silver, einem ehemaligen Kumpanen des verstorbenen Flint.

Dieser plant gemeinsam mit einigen Piraten den Aufstand und bezweckt damit, den Schatz ganz für sich alleine zu ergattern. Als der Kapitän, der Baron und der Doktor davon erfahren, schmieden sie ebenfalls Pläne, um Silver das Handwerk zu legen. Doch schon kurze Zeit später müssen sie auf blutige Art und Weise spüren, dass es sich bei ihrem Kontrahenten um einen jahrelang erprobten Seefahrer handelt, der mit sämtlichen schmutzigen Wassern gewaschen ist.

_Meine Meinung_

Es mag wie ein Zufall anmuten, doch just nachdem ich mir den lang ersehnten DVD-Mitschnitt der legendären TV-Serie mit Michael Ande ins Haus geholt habe, erreicht mich nun auch eine bereits 40 Jahre alte Hörspielfassung, in der die Geschichte von Robert L. Stevenson in einer gekürzten Variante wiedergegeben wird. Leider aber weist eben jene Version des berühmten Stückes einige eklatante Schwächen auf, vor allem, was die Sprecherrollen anbelangt.

Ich halte es ja nicht für unwahrscheinlich, dass eine maskuline Rolle von einer Frau gesprochen werden kann, doch im Falle von Susanne Hartau, der die Figur des Protagonisten aufgelegt wurde, muss man eindeutig von einer Fehlbesetzung reden. Die Dame bemüht sich zwar redlich, mit ihrer tiefen Stimme so männlich wie nur eben möglich zu klingen, vergisst aber manchmal, dass sie dies dann auch dauerhaft tun muss, so dass es vermehrt zu peinlichen Momenten kommt, in denen die Klangfarbe ihrer Stimme dann wieder recht seltsamen Schwankungen ausgesetzt ist. Dies wirkt dann so, als würde die Hauptakteurin realisieren, dass sie gerade zu ‚weiblich‘ spricht und dann schnell wieder umschwenken muss. Nun, es ist müßig, zu hinterfragen, warum Regisseur Claudius Brac diese Rolle so besetzt hat, aber es wäre definitiv empfehlenswerter gewesen, den Part dann auch mit einer männlichen Stimme zu füllen – schließlich gab es auch damals schon genügend Leute, die diesen Job dankend angenommen hätten. Und dabei ist Hartau jetzt nicht die einzige Person, der man Mängel bei ihrer Arbeit als Sprecher vorwerfen darf …

Von den Schwächen zur eindeutigen Stärke des Hörspiels, und das ist zweifelsohne der sehr gelungene, spannende Aufbau. Auch wenn „Die Schatzinsel“ sich hauptsächlich aus einem erzählenden Monolog aus der Perspektive des jungen Hawkins zusammensetzt, ist die Erzählung äußerst farbenfroh und abwechslungsreich gehalten, überzeugt durch eine adäquate Spannungskurve bei der Umsetzung der vielen inhaltlichen Wendungen und versprüht so letztendlich doch noch dieses herrliche Piratenflair, welches zu Beginn ein bisschen untergegangen war. Weiterhin fällt angenehm auf, dass man trotz der stark gekürzten Form auf keine wesentlichen Details der Story verzichten muss und prinzipiell alles Elementare sehr ausführlich dargestellt wird. Das beginnt bereits in der ziemlich ausschweifend erzählten Geschichte um den Untergang von Kapitän Flint und führt über die Meuterei und ihre Folgen bis hin zum ständigen, teils auch tödlichen Gerangel der zwei Besatzungsparteien.

Alles in allem wird so der abenteuerliche Charakter der Handlung trotz aller oben angeführten Defizite bewahrt. Im direkten Vergleich würde ich zwar nach wie vor den TV-Vierteiler vorziehen, möchte deswegen aber nicht davon abweichen, auch dieses Hörspiel aus der Reihe „Europa-Originale“ weiterzuempfehlen. Es kommt nämlich wahrhaft selten vor, dass derart markante Mangelerscheinungen in solch kurzer Zeit wieder aufgefangen werden, wie es hier der Fall ist.

Spielzeit: 61:15 Min.
Neuauflage August 2006
http://www.natuerlichvoneuropa.de