Catherine Webb – Satan – Retter der Welt

Band 1: „Lucifer – Träger des Lichts“

Nachdem Seth, Odin und Jehova am Ende des ersten Bandes tatsächlich die drei Schlüssel gefunden haben, hat Sam alias Lucifer ein ernstes Problem. Zwar können die befreiten Pandora-Geister ihm nicht direkt etwas anhaben, wie sich jedoch nur zu bald herausstellt, brauchen sie das auch gar nicht. Stattdessen konzentrieren sie sich auf seine bisherigen Verbündeten und schneiden Sam damit von jeglicher Unterstützung ab. Ein harter Schlag für jemanden, der zwar seine unmittelbaren Kämpfe stets allein ausgetragen hat, bei den Vorbereitungen derselben allerdings auf ein Netzwerk an Kontakten zurückzugreifen pflegte. Schnell gerät Sam in immer größere Bedrängnis.

Da kommt ihm ein Unbekannter zu Hilfe. Doch Sam bleibt trotz aller Dankbarkeit misstrauisch. Wer ist der Kerl, für wen arbeitet er und für welches Ziel?

An der Charakterentwicklung hat sich nicht viel getan. Sam ist noch immer der Einzelkämpfer mit dem losen Mundwerk, der sich vehement dagegen wehrt, von anderen für deren Zwecke benutzt zu werden.

Die wenigen neuen Personen bleiben Randerscheinungen. Die einzige Ausnahme ist „Tinkerbell“, Sams unbekannter Helfer, dessen Äußeres mich ein wenig an Wesley Snipes in „Blade“ erinnerte, und der das gesamte Buch über immer wieder auftaucht. Trotzdem ist die Charakterzeichnung auch hier oberflächlich und skizzenhaft geblieben.

Im Bezug auf die bereits bekannten Figuren erwarten den Leser zwar Überraschungen, allerdings bezieht sich das nicht auf die Charakterzeichnung, sondern eher auf ihre Funktion innerhalb des Plots.

Der Plot entwickelt sich im Laufe der Handlung zu einem wüsten Knoten, den zu entwirren Sam einige Mühe kostet. Das liegt zum einen daran, dass seine Verfolger ihn dermaßen hetzen, dass ihm kaum Zeit zum Atemholen bleibt, zum anderen daran, dass er mangels Unterstützung alle Informationen selbst beschaffen muss. Das ist gar nicht so einfach, denn diejenigen, die Bescheid wissen, kennen ihn alle und geben ihm gar keine Antwort oder lügen ihn an. Die, die ihn nicht kennen, sind kleine Lichter und haben im Grunde keine Ahnung, um was es wirklich geht.

Zu Letzteren gehören sämtliche Angehörigen der Ashen’ia, einer Art Geheimorganisation. Seit langem schon warten sie darauf, dass Sam in die Enge getrieben wird. Wenn er nicht mehr aus noch ein weiß, wollen sie sich ihm als Verbündete gegen seine Feinde anbieten, unter der Bedingung, dass er die höheren Mächte für sie erpresst: entweder magische Fähigkeiten für die Ashen’ia oder Vernichtung der höheren Mächte durch Lucifers Licht. – Das zumindest glauben die Ashen’ia! Eine ziemlich hirnrissige Vorstellung, denn wenn Sam bereit wäre, sein Licht so ohne weiteres einzusetzen, könnte er sich problemlos ohne die Ashen’ia gegen Seth und Jehova zur Wehr setzen! Die Ashen’ia allerdings zeichnen sich weniger durch Intelligenz aus als durch Machtgier.

Sam ist schon bald klar, dass die Ashen’ia nur benutzt werden. Aber von wem? Als er endlich herausfindet, in welch hohe Kreise die ganze Intrige reicht, verschlägt es ihm schier den Atem. Denn die Ashen’ia haben ihre Seelen an die höheren Mächte verkauft, an Feuer, Wasser, Krieg und andere … Und nicht nur die lächerlichen Hampelmänner der Ashen’ia haben das getan, sondern auch einige Weltenwandler in erster Generation!

Parallel zu der Aufdeckung des ungeheuerlichen Komplotts steigert sich auch der Spannungsbogen kontinuierlich. Sams Bemühungen, sich herauszuwinden, werden immer verzweifelter, und obwohl es ihm mehrmals gelingt zu entwischen, wird er immer wieder geschnappt. Dabei gelingt es der Autorin, jegliches Gefühl von Wiederholung zu vermeiden und die Abstände immer weiter zu verkürzen. Der Leser kommt sich vor, als treibe er unausweichlich auf einen hohen Wasserfall zu. Und tatsächlich bleibt die Frage, ob es Sam gelingen wird, Uranos‘ Befreiung und das Ende der Welt zu verhindern, bis zum Ende offen.

Trotz des hohen Erzähltempos findet die Autorin immer noch Zeit, in Rückblenden die Vorgeschichte zur Haupthandlung auszubauen. So erfährt der Leser endlich, was es mit jenem geheimnisvollen Edenprojekt auf sich hatte, dessentwegen Lucifer aus dem Himmel verbannt wurde, oder wie es zu Baldurs Ermordung kam. Das führt nicht nur lose Fäden zusammen, es eröffnet auch noch einmal einige zusätzliche Möglichkeiten für Kniffe und Wendungen, die sonst nicht möglich gewesen wären, ohne dabei unglaubwürdig oder gekünstelt zu wirken.

Als einziges Manko empfand ich, dass stellenweise nicht mehr zu unterscheiden war, wer was sagte. Alle Dialoge, die sich in Sams Kopf abspielten, waren unabhängig vom Sprecher in derselben Kursivschrift gedruckt. Trotzdem wäre ich damit vielleicht noch klargekommen, wenn Gedanken nicht gelegentlich auch ohne Kursivschrift und dafür in einfachen Anführungszeichen gestanden hätten. Das führte stellenweise zu ziemlicher Verwirrung meinerseits.

Insgesamt fand ich beide Bücher sehr unterhaltsam. Der erste Band bot mehr Abwechslung, der Hintergrund war bunter und bot mehr trockenen Humor. Der zweite Band wog das locker auf durch den ausgeklügelten Plot und das trickreiche Ende. Wer es gern aufregend, verwickelt und turbulent mag, ist hier nicht falsch.

Catherine Webb gehört mit ihren zwanzig Jahren zur Riege der Jungautoren, ihr erstes Buch veröffentlichte sie 2002. Seither hat sie fünf weitere Romane geschrieben. Auf Deutsch erschienen bisher außer „Lucifer“ und „Satan“ die beiden zusammengehörigen Bände „Zauberer der Nacht“ und „Dämonen der Nacht“.

Taschenbuch: 315 Seiten
Originaltitel: Waywalkers
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