Arvin, Reed – Schwarze Diva

Vom Musikproduzenten zum Autor: Manchmal ist es wirklich merkwürdig zu sehen, wer alles mit dem Bücherschreiben anfängt. Im Fall von Reed Arvin stand am Anfang die Musik, und da ist es kein Wunder, dass diese in seinem Thriller „Schwarze Diva“ immerhin eine Nebenrolle bekommt. Mit „Schwarze Diva“ ist nämlich eine erfolgreiche, junge Opernsängerin gemeint, die ein düsteres Geheimnis zu verbergen hat.

Doch bevor Michele Sonnier ihren Auftritt hat, lernt der Leser den Ich-Erzähler Jack Hammond kennen. Der Rechtsanwalt hat sich aufgrund eines Fehltritts die erfolgreiche Karriere verbaut und fristet sein Leben nun als Pflichtverteidiger in einem schäbigen Büro. Zu seinen Klienten gehören Kleingangster und Junkies, der Bodensatz der Gesellschaft von Atlanta, dem er sich aufgrund seines Karriereknicks mittlerweile recht nahe fühlt.

Einmal vertritt er unter anderem seinen alten Kumpel Doug, ein Computergenie, aber ansonsten ein Versager. Eines Tages erhält er Nachricht, dass Doug tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde, und Jack soll die Wohnung auflösen, da es ansonsten keine Verwandten gibt. Als er dort ankommt, stellt er fest, dass Doug die Opernsängerin Michele Sonnier verehrt hat, was so gar nicht zu ihm zu passen scheint. Als Jack den Todesfall allmählich verdaut, fallen ihm weitere Ungereimtheiten auf: Wieso hat sich Doug, der panische Angst vor Spritzen hatte, mit einem goldenen Schuss getötet? Und wieso hackte er sich in das Computersystem eines großen Pharmaunternehmens?

Als Jack beginnt, nach Antworten auf diese Fragen zu suchen und dabei der schönen Michele über den Weg läuft, verstrickt er sich in Angelegenheiten, die ihn nichts angehen. Das bekommt er sehr schnell zu spüren, denn seine Gegner gehen nicht gerade zimperlich mit ihm um …

„Schwarze Diva“ fällt von Beginn an durch seine hohe Erzähldichte auf. Jack schildert aus der Ich-Perspektive exakt – ohne pedantisch zu wirken – und subjektiv – ohne zu geschwätzig zu wirken – davon, was ihm widerfährt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und berichtet haarklein über seine Fehler und sein nicht immer schmeichelhaftes Auftreten. Dennoch wird er dem Leser mit seiner ehrlichen, manchmal tollkühnen Art sympathisch und trägt sehr viel dazu bei, dass der Thriller Pageturnerqualitäten entwickelt.

Die Handlung ist daran natürlich auch nicht ganz unschuldig. Arvin schafft es, am Anfang so viele Ungereimtheiten aufzubringen und mögliche Spuren auszulegen, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Leider verzettelt er sich zur Mitte hin in einem Mix aus verschiedenen Motiven. Er bedient sich nicht nur bei den Elementen eines Cyberthrillers, sondern taucht auch in die Welt von Pharmaunternehmen, den Ghettos von Atlanta und natürlich dem Ambiente der Juristen und Opernsänger ein. Das ist ein bisschen zu viel auf einmal. Obwohl der Autor die Zügel dabei lange Zeit in der Hand zu halten vermag, entgletet ihm die Geschichte und zerfasert gegen Ende hin. Dank des Schreibstils und der sympathischen Hauptperson bleibt jedoch ein Rest Spannung erhalten.

Der Schreibstil ist dagegen das, was Arvins Buch von anderen abhebt: Er erzählt unglaublich gut. Er wählt aus einem großen Wortschatz und weiß sich kundig auszudrücken, ohne dass sein Ich-Erzähler dabei an Bodenhaftung verliert. Alles, was er sagt und denkt, klingt authentisch und passt zu dem Charakter, den der Autor zeichnet. Es ist Arvin dabei hoch anzurechnen, dass es ihm gelingt, die große Menge an teilweise irrelevanten Gedanken, die Jack sich macht, so einzubinden, dass diese interessant zu lesen sind und die Handlung nicht unnötig verlängern.

„Schwarze Diva“ ist ein Thriller mit außerordentlich guten Ansätzen. Der Schreibstil ist unglaublich gut und geht mit einer sympathischen, anschaulich dargestellten Hauptperson einher. Leider hat Reed Arvin sich bei der Handlung etwas übernommen. Sie weist zu viele verschiedene Einflüsse auf, was ihr letztendlich zum Verhängnis wird. Außerdem konzentriert sie sich teilweise zu stark auf den Versuch, ein guter Pharmathriller zu sein. Dennoch sollte man den Namen Reed Arvin im Auge behalten, denn sein Schreibstil ist sehr vielversprechend.

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