Bendis, Brian M. / Cho, Frank – Ruhmreichen Rächer, Die: Die Initiative (Band 1)

_Story_

Als eine neue Heerschar mutierter Bösewichte die gesamte Welt unsicher macht und selbst die lange untergetauchten Mole Men dafür sorgen, dass der Planet einem raschen, bedrohlichen Klimawandel unterworfen wird, erkennt Iron Man Tony Stark alsbald die Notwendigkeit, ein neues Rächer-Team ins Leben zu rufen.

Infolge des Registrierungsgesetzes kann Stark aus dem Vollen schöpfen und rekrutiert neben seiner Anführerin Miss Marvel die mächtigsten Mutanten, die ihm nunmehr zur Verfügung stehen. Doch die Initiative gegen die unkontrollierten Monster gerät zum Desaster. Schon kurze Zeit nach der Zusammenstellung der ruhmreichen Rächer steht Iron Man einer Gegnerin unbekannter Herkunft gegenüber. Noch bevor er sich in irgendeiner Form zur Wehr setzen kann, wird er von der unverwüstlichen Ultron geradezu verschlungen – und fortan für tot erklärt.

_Persönlicher Eindruck_

Dass nach den jüngsten Ereignissen eine neue Rächer-Serie ins Haus steht, wirkt auf den ersten Blick ein wenig verwunderlich und schwer nachvollziehbar, befindet sich doch das gesamte |Marvel|-Universum infolge der Geschehnisse und Konsequenzen des |Civil War| in einem radikalen Umbruch, der grundsätzlich ein wenig mehr Zeit bedürfte. Trotzdem wird nach den Erfahrungen im ersten Teil der „Ruhmreichen Rächer“ wohl jeder zustimmen, dass das preisgekrönte Team Bendis/Cho diesen Schritt genau zum rechten Zeitpunkt gewählt hat, da man den Umschwung äußerst konstruktiv nutzen und die postapokalyptische Atmosphäre der letzten Ausgaben des Bürgerkriegs fließend in den neuen Komplott transferieren konnte.

Dennoch ist auch in diesem Fall aller Anfang schwer, nicht zuletzt, weil Iron Man Stark nach seinem intriganten Spiel beim Gesetzesentscheid erheblich an Sympathien bei den Lesern verloren hat, nun aber plötzlich eine neue Heldentruppe, noch dazu soloch eine mit nach wie vor gutem Klang, als Drahtzieher leiten soll. Allerdings wird man beim Lesen feststellen, dass derlei Gedanken in diesem bedrohlichen Intermezzo relativ schnell wieder verschwinden und für die Eindrücke zum neuen Abenteuer kaum mehr relevant sind. Stattdessen gilt es zunächst, sich auf eine völlig frische Inkarnation der Rächer vorzubereiten, die erstmals ohne Captain America auskommen muss und dennoch den Geist des alten Teams aufrechterhält. Dies gelingt selbst mit vermeintlich schwierigen Charakteren wie Ares und Wonder Man, die an Miss Marvels Seite vorerst noch im Hintergrund agieren, für die Handlung aber dennoch von großer Bedeutung sind, da sie eine ganz andere Heldengeneration verkörpern als die zuletzt stets präsenten Protagonisten.

Insofern benötigt das Ganze auch noch etwas Zeit, um sich homogen zusammenzufügen. Das Team ist bei weitem noch nicht so stark verwachsen wie die letzte Version der Rächer, die Gefährdung durch die Mole Men und Ultron sowie die grundsätzlichen Bedingungen sind wiederum völlig anders als noch zuletzt, Daher bedarf es einer intensiven Gewöhnungsphase beziehungsweise einer tieferen Auseinandersetzung mit den Charakteren und dem Setting, die aufgrund des hohen Erzähltempos und der recht ausführlich betonten zwischenmenschlichen Passagen (hier in Gedankenblasen dargestellt) aber kaum realistisch ist. Gerade Neulinge werden sich hier unheimlich schwertun, die Situation einzuordnen und die Motive der ganz unterschiedlichen Beteiligten überhaupt zu begreifen, geschweige denn die Zusammenhänge nach dem Auftauchen Ultrons in das bestehende Gefüge zu integrieren. Auf Basis dessen kann man auch ruhigen Gewissens sagen, dass Einsteiger in die Welt der |Marvel|-Comics besser die Finger von diesem komplexen Verwirrspiel lassen, da mangels Hintergrundwissen einfach viel zu viel im Verborgenen bleibt, ganz abgesehen von den zahlreichen Mysterien, die der Plot selber spinnt.

Andererseits muss man einfach betonen, dass Bendis und Cho trotz allem den Ansatz eines Meisterwerks gefunden haben, der jedoch in der künftig folgenden Auflösung des Plots noch den nötigen Feinschliff einfordert. Der Autor und sein meisterhafter Zeichner lehnen sich recht weit aus dem Fenster und lösen sich inhaltlich trotz klar definierter Orientierung recht weit von gängigen Konventionen, beweisen damit aber auch den häufig vermissten Mut, neue, manchmal auch unliebsame Wege zu beschreiten. Die letztendliche Eindrücke mögen zwar ganz unterschiedliche Meinungen hervorrufen, doch zeigt derlei Spaltung auch, dass man mit „Die Ruhmreichen Rächer“ ein recht extremes Kapitel der modernen |Marvel|-Comics aufschlägt, dessen wahres Niveau sich jedoch erst im weiteren Verlauf zeigen kann. Bis dato jedenfalls muss man von einem gelungenen, wenn auch schwierigen Einstieg sprechen, der den guten Namen der Rächer auch in einer neuen Generation mit Ehren pflegt. Wer den |Civil War| und dessen partielle Radikalität mochte, der sollte diese neue Serie alsbald lieben lernen!

http://www.paninicomics.de/die-ruhmreichen-raecher-neu-s10519.html
http://www.marvel.com/universe

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