Chris Mould – Geist von Sleepy Hollow, Der

Gruseln können sich schon die Kleinsten. Davon zumindest ist der Autor und Illustrator Chris Mould überzeugt, der in dem Band „Der Geist von Sleepy Hollow“ zehn Schauergeschichten zusammengestellt, zum Teil selbst geschrieben und mit passenden Zeichnungen kindgerecht aufbereitet hat.

Der großformatige Band, erschienen in der Jugendbuchsparte des |Ravensburger Buchverlags|, richtet sich explizit an junge Leser. Die zehn enthaltenen Geschichten sind kurz, selten mehr als ein paar Seiten lang und in großer, gut lesbarer Schrift abgedruckt. Eingerahmt werden sie von zumeist bunten Bildern, welche die Geschichte miterzählen. Da ist von dem kopflosen Reiter aus Sleepy Hollow die Rede, von Ritterrüstungen, die des Nachts zu Leben erwachen, oder von morbiden Geisterfahrern, die die Straße unsicher machen – im wahrsten Sinne des Wortes. Blutig geht es nicht zu Sache, unheimlich sind die Kurzgeschichten aber schon. Auch die Abbildungen sind harmlos, zeigen aber überwiegend finstere Gesellen und dunkle Gemäuer, nichts also für die ganz schwach Besaiteten.

Wer sich auf angenehme Weise einen Schauder über den Rücken laufen lassen möchte, dürfte mit dem Buch gut beraten sein, vor allem in den anbrechenden kalten Herbsttagen: Ein gemütlicher Leseabend vor dem Kamin statt Dauerberieselung vor dem Fernseher. Wer nicht selbst lesen möchte, findet vielleicht auch einen geeigneten Vorleser (da müssen wohl wieder die Eltern oder Großeltern ran), denn die Erzählungen sind einfach gestrickt, leicht verständlich und kommen am Ende mit einer vorhersehbaren, für junge Leser aber vielleicht doch überraschenden Wendung daher. Gut erzählt, sind den Kurzgeschichten auf diese Woche noch einige weitere Facetten abzugewinnen.

Die Hälfte der Geschichten stammt direkt aus der Feder von Chris Mould. Er versteht es, die Ängste der Kinder in prägnanter, durchweg liebevoller Art umzusetzen. In der „Gutenachtgeschichte“ sind es die nächtlichen Geräusche, welche die Zeit kurz vor dem Einschlafen so unheimlich machen. Sie könnten das Werk eines Mister Mitternacht sein, der sich im Dunkeln auf das Bett setzt und nur darauf wartet, dass der Träumende die Augen aufmacht, um seine grässliche Fratze zu erblicken. Nicht weniger angenehm erscheint der Autoraser, der Nacht für Nacht lebensmüde über die Straße düst. Wehe dem, der sich als Anhalter von ihm mitnehmen lässt, wie es Mould in „Der Fremde“ erzählt. Denn in dem Wagen geht es nicht mit rechten Dingen zu.

Die andere Hälfte der enthaltenen Geschichten basiert auf Erzählungen, unter anderem von Edgar Allan Poe, Washington Irving und Charles Dickens. Entnommen hat Mould aber nur wenige Motive, die er für Nacherzählungen umsetzt und neben seine eigenen Geschichten stellt. Sie dienen eher dazu, auf die großen Namen zu verweisen als wirklich den Charme der Klassiker zu erhalten. Als Kurzgeschichten reichen sie aber allemal.

An Leser ab zehn Jahren richtet sich der Sammelband „Der Geist von Sleepy Hollow“. Der Band ist hübsch aufgemacht, wenngleich mit 96 Seiten schnell durchgelesen. Für ein paar schaurig-schöne Herbstabende am Kamin – selbst gelesen oder vorgelesen – aber genau das Richtige. Nebenwirkungen beim Einschlafen sind allerdings nicht ausgeschlossen, denn Mister Mitternacht oder die lebenden Ritterrüstungen könnten ja gerade an diesem Abend neben dem Bett stehen.

|Originaltitel: Dust ’n‘ Bones
96 Seiten, farbig illustriert|
http://www.ravensburger.de

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