Donohue, Keith – dunkle Engel, Der

_Story:_

Für Margaret Quinn hat das Leben bereits vor mehr als zehn Jahren eine grausame Wendung genommen. Ihre Tochter Erica ist seinerzeit völlig unangekündigt aus der heimischen Idylle ausgebüchst und hat sich ihrem Freund Wiley angeschlossen, der als Revoluzzer Erfüllung in einer merkwürdigen Glaubensvereinigung suchte und seine Geliebte zu einem Ausflug ohne Rückkehr verführte.

Nur einzelne Spuren deuten später darauf hin, was mit Erica und Wiley geschehen ist. Doch nachdem auch das FBI erfolglos gefahndet hat und keine weiteren Lebenszeichen mehr nachzuvollziehen sind, hat Margaret die Hoffnung aufgegeben, ihre Tochter je wieder, geschweige denn lebend zu Gesicht zu bekommen.

Jahre später taucht mitten in der Nacht ein junges Mädchen im Hause der verwitweten Quinn auf und stellt Margaret vor eine große Herausforderung. Mit wehmütigen Gedanken an ihre verlorene Tochter, entschließt sie sich kurzerhand, die junge Norah aufzunehmen und sie ihrer Umgebung als ihre plötzlich heimgekehrte Enkelin zu präsentieren. Doch schon bald wird Norah auffällig, behauptet, sie sei ein Engel und verzaubert ihre neuen Mitschüler mit den phantasievollsten Tricks.

Doch die Schulautoritäten können unter dem wachsenden Druck der Elterngemeinschaft langfristig nicht zulassen, dass Norah eine Sonderstellung einnimmt. Und während Magaret langsam aber sicher realisiert, dass Norahs Auftauchen eine tiefere Bedeutung hat, läuft das Leben des Mädchens mit den besonderen Fähigkeiten völlig aus dem Ruder …

_Persönlicher Eindruck:_

Bevor man überhaupt näher in die Tiefenanalyse von Keith Donohues neuem Roman „Der dunkle Engel“ einsteigt, sollte zunächst einmal festgehalten werden, dass das in drei übergeordneten Sinnabschnitten unterteilte Buch ein ziemlich merkwürdiges ist. Sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der sehr wechselhaften Charakteristik des Erzählstils.

Problematisch ist hierbei in erster Linie der manchmal fast schon gravierenden Sprung zwischen den Genres, welches die Story von Kinderbuch über Fantasy bis hin zu einem reißerischen Road Trip führt und schließlich mit einigen Horror-Sequenzen verfeinert wird.

Die Unterteilung in die drei Hauptkapitel gibt also zunächst mal Sinn, wird aber mit der Zeit als Stimmungskiller entlarvt, da die im zweiten Part geschilderte Rückblende zu Ericas Flucht überhaupt nicht mit dem mysteriösen Auftauchen des kleinen Mädchens zusammenpassen will (selbst wenn hier ab und zu ein klarer Querverweise herausgearbeitet wird).

Und die erwarteten Entwicklungen im letzten Part wiederum ganz und gar nicht mit dem hohen Tempo klarkommen wollen, welches der Autor in der mittleren Passage an den Tag gelegt hat. Und schon ergibt sich ein Hickhack, das zwar durch viele gute Ideen entzerrt wird, langfristig aber zuviel Hektik aufbringt, als dass ein angenehmer Fluss der Story noch gewährleistet werden könnte.

Zu Beginn gelingt es Donohue indes auch nur sehr schwer, der Geschichte den nötigen Drive zu verpassen und das vermeintliche Drama um das verlorene Mädchen halbwegs spannend zu gestalten. Ihre Ankunft wird als selbstverständlich hingenommen, die Verschleierung ihrer Identität hingegen mit so wenig Aufwand betrieben, dass die Glaubwürdigkeit der Ereignisse zunehmend unter dem mangelnden Gefühl für eine authentische Darbietung leidet. Gerade noch rechtzeitig gelingt der Absprung in das neue Kapitel, so dass zumindest ein Stückweit ein Mysterium erhalten bleibt, das jedoch zu keiner Zeit das Zeug zu einem echten Personenkult hat.

Sobald Donohue dann das Tempo anzieht und eben jenen Personenkult auf die beiden Ausreißer Wiley und Erica überträgt, bekommt „Der dunkle Engel“ dann plötzlich genau das, was man sich bei der oberflächlichen Betrachtung des Inhalts erhofft hatte: Faszinierende Gestalten, undurchsichtig-spannende Handlungsschritte, eine allgemeine Faszination für den spektakulären Inhalt und vor allem einen sehr individuellen Charakter, der zwischen besagtem Road Trip, stark beschriebener Naivität und unkonventioneller mentaler Überzeugung pendelt.

Ganz stark, was der Autor hier über weite Strecken abliefert. Und ganz merkwürdig, dass Donohue sich zuvor an vergleichsweise Langatmigem aufhält, bevor er weiter in die Vergangenheit des Plots eindringt.

Schade ist daher, dass der Versuch, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unter einen Hut zu bringen, absolut nicht funktioniert. Der Abschluss drängt zu sehr in den philosophischen Bereich, packt die schmale Gratwanderung mit der Fantasysparte ebenfalls nicht und wirkt inhaltlich einfach zu künstlich. Außerdem scheint das Ende von Beginn an ersichtlich, wird aber eben nicht in die Dramaturgie gebettet, die eine solche Verquickung der Ereignisse erfordert.

Schlussendlich avanciert das Ganze eher zu Stückwerk als zu einer schlüssigen Erzählung, insgesamt zwar sicherlich liebevoll aufbereitet, in letzter Instanz aber nicht effektiv genug differenziert. Immerhin: Das mittlere Kapitel hat es wirklich in sich und besitzt genügend Potenzial für einen noch weitergeführten Bestsellerstrang. Doch das Rahmenprogramm ist schlichtweg zu schlaff und gekünstelt und kann selbst von den sehr starken Momenten in der Haldnung nicht kaschiert werden.

Einerseits schade, andererseits aber eben auch jene bittere Realität, die eine Empfehlung für „Der dunkle Engel“ erheblich einschränkt, vielleicht sogar auch verbietet!

|Hardcover: 477 Seiten
Originaltitel: Angels of Destruction
ISBN-13: 978-3570011263|
[C. Bertelsmann Verlag]http://www.derclub.de

_Keith Donohue bei |Buchwurm.info|:_

[Das gestohlene Kind 4581

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