Ennis, Garth / Crain, Clayton – Ghost Rider – Die Straße zur Verdammnis (100 % Marvel 26)

Die Geschichte des „Ghost Rider“ geht zurück bis ins Jahr 1972, als der Horror-Bereich auch vor der Comicwelt keinen Halt mehr machte. In der fünften Ausgabe des „Marvel Spotlight“ feierte die mittlerweile schon zur Legende gewordene Kreatur ihr Debüt und hielt sich über einige Mini-Serien schließlich beachtliche 81 Hefte lang. Jedoch schwand das Interesse am Höllenreiter mit dem brennenden Kopf fortan, und obwohl gleich mehrere Versuche gestartet wurden, ihm neues Leben einzuhauchen, schaffte es keines der Kreativteams aus dem Hause |Marvel|, ihn wieder neu auf dem Markt zu etablieren.

Nach dem letzten Rehabilitationsversuch 2002 entstand schließlich die Mini-Serie „Die Straße zur Verdammnis“, die parallel zum Kinostreifen mit Nicolas Cage im 26. Band von „100 % Marvel“ in den Handel gelangte. Die endgültig letzte Chance für den „Ghost Rider“?

_Story_

Die beiden Erzengel Daniel und Malachi sehen voller Furcht der Ankunft des mächtigen Dämons Kazann entgegen. Das personifizierte Grauen kündigt sich bereits seit längerer Zeit durch ein eigens hierfür erschaffenes Höllentor an und droht, das Gleichgewicht zwischen Himmel und Hölle zu Ungunsten der kompromisslosen Engelsschar zu zerstören. Malachi entschließt sich daher, selber in die Hölle zu reisen, um den gefürchteten Ghost Rider für seine Zwecke zu gewinnen. Er verspricht ihm die Befreiung aus dem Höllenfeuer, wenn es ihm gelingt, Kazann aufzuhalten und ihn wieder an den Ort zurückzuschicken, aus dem er gekommen war.

Ohne Zögern willigt der Ghost Rider ein und begibt sich alsbald auf die Suche nach dem Dämon. Dabei stößt er auf einen weiteren Dämon, den schwergewichtigen Hoss, der ebenfalls Kazann jagt, gleichzeitig aber auch vor der Ausgesandten des Himmels, Ruth, flieht. Gemeinsam schlagen sich die Ausgeburten der Hölle zum Firmensitz von Gustav Industries durch, von wo aus Kazann in die Welt zurückkehren soll. Vom fanatischen Besitzer des Ölkonzerns in der Hoffnung unterstützt, nach seinem schweren Unfall endlich wieder laufen zu können, wenn er Kazann zur Machtergreifung verhilft, taucht der Dämon als grausame Bestie auf und setzt seine Pläne sofort um. Nun ist es an Hoss und dem Ghost Rider, schnellstmöglich einzugreifen und das Monster zu vernichten. Aber je näher der Ghost Rider der Kreatur kommt, desto stärker sind seine Zweifel an der Rechtschaffenheit seines Auftrags …

_Meine Meinung_

Ich für meinen Teil kann nur schwer begreifen, dass sich eine so faszinierende Gestalt wie der „Ghost Rider“ in all den Jahren nie hat durchsetzen können, schließlich besitzt er alle Eigenschaften, die ein einprägsamer, charismatischer Superheld erfordert – auch ganz ohne Superkräfte. Nun, wie auch immer, die letzte Chance ist ja noch nicht vertan, im Gegenteil, sie wird vom nordirischen Autoren Garth Ennis konsequent genutzt und präsentiert einen Ghost Rider in einem Rahmen, der wahrhaftig hollywoodreif ist. Die Geschichte mag zwar inhaltlich nicht so tiefgreifend sein, beinhaltet aber schlichtweg alles, was man von ihr erwartet, und das ist in erster Linie natürlich satte Action.

Von Beginn an geht es, im wahrsten Sinne des Wortes, heiß her: Der Ghost Rider fristet ein unglückliches Dasein in der Hölle und wünscht sich nichts sehnlicher als seiner neuen Heimat endgültig zu entkommen. Für den unter Druck gesetzten Erzengel Malachi ein gefundenes Fressen, denn schließlich geht er kein Risiko ein, wenn er den schier hilflosen Gefangenen erpresst; als Opfer ist der Flammenkopf nämlich für ihn wertlos. So startet das grausame Spiel, das die Erzengel mit dem „Ghost Rider“ treiben, wobei Letzterer sich naiv auf die Bedingungen der Himmelsboten einlässt, ohne zu wissen, welche konkreten Ziele sie verfolgen. Für ihn zählt nur die Freiheit, und hierfür ist er bereit, jeden Preis zu zahlen, ganz gleich, wie hoch er auch sein mag. Wie hoch er jedoch tatsächlich ist, das hätte er in seinen schlimmsten Träumen nicht erdacht – und diese Träume sind mitnichten süß.

Der Kampf zwischen Himmel und Hölle wird in „Die Straße zur Verdammnis“ kompromisslos und brutal ausgetragen. Ständig ist die Hauptfigur samt ihrem Bike in irgendwelche heftigen Gefechte verwickelt, wobei die Schergen der Ober- und der Unterwelt sich nicht darum scheren, welche Auswirkungen ihr Erscheinen auf Erden hat. Menschliche Opfer sind Mittel zum Zweck, besonders für die aus dem Himmel gesandte Ruth, was letztendlich natürlich ein Stück bittere Ironie mit sich bringt, wie im Übrigen auch die gesamte Handlung. Allgemein ist die Rollenverteilung nämlich recht eigenwillig; eine stets zu Gewalt bereite Engelsfrau, ein fettleibiger Dämon als Farmer verkleidet, ein machtbesessener Krüppel als Dämonenbeschwörer und zwei Erzengel, deren Philosophien beinahe ausschließlich von unterschwelliger Aggression und Misanthropie gezeichnet sind.

Doch ausgerechnet diese Charaktere sind es, die den 26. Band von „100 % Marvel“ zu einem ganz besonderen Ereignis machen und auch leichtfertig die (besonders zum Schluss) etwas zu flott erzählte Geschichte überbrücken. Außergewöhnlich und speziell ist „Ghost Rider“ nämlich beinahe ausschließlich wegen der Figuren, die sich in diesem finsteren Endzeitszenario bewegen, wohingegen der Inhalt zwar gerade im Bereich der Action fabelhaft ist, jedoch nun auf der Handlungsebene keine Überraschungen oder spezifisch neuen Ideen hervorbringt. Aber das muss auch nicht dringend sein, denn dieser Sammelband weiß auch mit anderen, insgesamt absolut vorzüglichen Qualitäten zu glänzen, auf denen aufbauend eventuell ja doch noch ein Relaunch der Serie zustande kommt. Ausgehend von dem, was Garth Ennis und Clayton Crain, der die Geschichte übrigens mit fantastischen Zeichnungen versorgt hat, in „Die Straße zur Verdammnis“ kreiert haben, wäre dies jedenfalls nur wünschenswert.

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