Würde man wahllos Leute auf der Straße anhalten und sie nach den zehn wichtigsten Rockgruppen fragen, dann dürfte fast jedes Mal der Name AC/DC fallen. Die australisch-schottische Band um die Brüder Malcolm und Angus Young, mit den Sängern Bon Scott und später Brian Johnson und der Rhythmusgruppe mit (meistens) Cliff Williams und Phil Rudd, haben mit ‚TNT‘, ‚Highway To Hell‘, ‚Hell’s Bells‘ und ‚Thunderstruck‘ unsterbliche Rockklassiker geschaffen. Die Musikjournalisten Murray Engleheart und Arnaud Durieux haben die fast 500 Seiten starke Bandbiographie „AC/DC. Maximum Rock ’n‘ Roll“ verfasst, die von Kirsten Borchardt und Stefan Rohmig ins Deutsche übersetzt worden ist. Die Autoren sind große Fans der Band und haben für Fans geschrieben. Sie verfolgen die Geschichte der Band, streuen jede Menge Anekdoten ein und haben ihr Buch mit etlichen Fotos, Tourplakaten, Eintrittskaten und anderen Bildern aus der jeweiligen Zeit illustriert.
Das Buch beginnt mit George Young, einem älteren Bruder von Malcolm und Angus, und seiner Band EASYBEATS, die in den späten Sechzigern vor allem mit ihrem Hit ‚Friday On My Mind‘ weltweit Erfolg hatte. Mit seinem Bandkollegen Harry Vanda wurde er später zum Produzenten und Mentor von AC/DC. Man begleitet dann eine junge, rotzige und von unbedingtem Erfolgswillen besessene Band durch chaotische Anfangstage und eine Musikszene, in der offenbar jeder jeden kannte und ständig Bands gegründet und aufgelöst wurden.
Mit den ersten Platten und Tourneen kommt die Maschine ins Laufen. Ein entschlossener Malcolm und ein hart arbeitender Angus nutzen ihre Chance, bis die Truppe auf drei Kontinenten Erfolg hat. Kurz vor dem ganz großen Durchbruch erliegt Bon Scott seinem wilden Rock-’n‘-Roll-Lebensstil. Sein Tod trifft die Rockszene wie kaum ein anderes Unglück, und bis heute spukt Bon als sechstes Mitglied herum. Mit dem ebenbürtigen Sänger Brian Johnson spielt die Gruppe ihr meistverkauftes Album „Back In Black“ ein, und die Achtzigerjahre erleben AC/DC als einen der ganz großen Namen im Rock. Nach dem letzten bedeutenden Album „The Razor’s Edge“ mit dem Welthit ‚Thunderstruck‘ scheinen sich AC/DC aufs Altenteil zurückgezogen zu haben, von wo aus sie mittlerweile nicht mal mehr jedes halbe Jahrzehnt eine neue Platte machen. Es wird gemunkelt, dass es 2007 wieder so weit sein soll.
Engleheart und Durieux haben Unmengen an Fakten gesammelt und scheinbar jeden Zeitungsausschnitt, den sie kriegen konnten, verwertet. Und diese Fakten reihen sie ohne große Übergänge aneinander. Dieser fast schon atemlose Stil bewirkt ein rasantes Leseerlebnis. Man hat den Eindruck, bei einem verrückten Schulausflug dabei zu sein. Man guckt den Brüdern Young im Übungsraum über die Schulter, bis ein besoffener Bon Scott hereintorkelt. Man erlebt sie auf der Bühne, wo ein wildgewordener Angus herumtobt und gelegentlich Krakeeler eigenhändig (oder eigenfäustig) zur Räson bringt. Man düst mit ihnen im Tourbus zum nächsten Auftritt, während sie gerade Interviews geben und Brian Witze reißt.
Dabei erfährt man einige kuriose Geschichten: So etwa, dass Bon Scott mit einer früheren Band mal als Anheizer für GEORDIE auftrat, deren Sänger Brian Johnson war. Oder dass LYNYRD SKYNYRD AC/DC das Mitfliegen in ihrem Flugzeug anboten, mit dem sie bald darauf abstürzten. Ein Schock, der der Southern-Rock-Gemeinde bis heute in den Knochen steckt. Besonders die vier Hauptfiguren der Band werden durch diese Darstellung sehr lebendig geschildert. Und so, wie jedem Menschen mit zunehmendem Alter die Zeit schneller vergeht, wird auch die Erzählung straffer, je näher man der Gegenwart kommt. Die nunmehr 27 Jahre seit Bons Tod nehmen nur halb so viel Raum ein wie die Zeit davor.
Dass die Informationen so übergangslos und unreflektiert abgefeuert werden, hat aber auch Nachteile. Vieles vergisst man schnell wieder, und einige Ungenauigkeiten zeigen sich. So liest man, dass Angus und Malcolm 1971 die gemeinsame Tour von DEEP PURPLE, FREE und MANFRED MANN besuchten, um 30 Seiten später zu erfahren, dass dabei eine Vorgruppe namens FRATERNITY auftrat, deren Sänger ein gewisser Bon Scott war. Und es wird auch nicht klar, warum George Young Bon Scott, den er als Sänger für AC/DC wollte, erst mit Tricks ins Konzert locken musste, wo dieser doch als Fahrer in der Roadcrew der Band arbeitete. Sehr erheitert liest man, dass die Verfasser oder die Übersetzer Laurie Wisefield, der mit Cliff Williams vor dessen Einstieg bei AC/DC in einer Band spielte und später mit Wishbone Ash einige musikalische Großtaten vollbringen sollte, zur Frau gemacht haben.
Der Anhang des Buches enthält eine umfangreiche Diskographie mit allen Alben, Videos / DVDs und ausgewählten Singles. Hier hätte man sich doch alle Singles und Abbildungen der Albencover gewünscht. Dafür ist es lobenswert, dass die Autoren jedem Album die Tracklist und jedem Video eine kurze Inhaltsangabe beigefügt haben. Sehr nützlich ist auch das Namensregister.
„AC/DC. Maximum Rock ’n‘ Roll“ ist für jeden AC/DC-Fan Pflichtlektüre, und auch jeder, der sich für die Geschichte des Rocks im Allgemeinen interessiert, wird in diesem Buch eine reiche Fülle an Informationen finden.
|For those about to read!|
http://www.acdcrocks.com (vom Label betrieben)
http://www.ac-dc.net (vom Arnaud Durieux betrieben)
http://www.heyne.de