Sprunk, Jon – Schattenschwert (Shadow Saga 1)

_Die |Shadow Saga|:_

Band 1: _“Schattenschwert“_
Band 2: „Shadows’s Lure“ (2011, noch ohne dt. Titel)
Band 3: „Shadow’s Master“ (2012, noch ohne dt. Titel)

_Caim ist ein Auftragskiller._ Der Beste in der ganzen Stadt. Zumindest bis zu dem Tag, an dem er den Mann, den er töten soll, bereits ermordet vorfindet und kurz darauf Soldaten auftauchen, um ihm festzunehmen. Caim kann entkommen, doch auf der Suche nach demjenigen, der ihm die Falle gestellt hat, sticht er in ein gefährliches Wespennest …

_Caim entspricht größtenteils_ dem derzeit so beliebten Typus der gnadenlosen, im Grunde aber edlen und gerechten Tötungsmaschine. Ein wenig Persönlichkeit erhält er durch die Erinnerungen an einen blutigen Überfall auf sein Zuhause, den er selbst nach sechzehn Jahren nicht verwunden hat. Die Schatten, mit denen er irgendwie verbunden scheint, machen ihn außerdem auch ein wenig geheimnisvoll.

Noch geheimnisvoller ist Kit, eine körperlose Wesenheit, schön, übermütig und ein wenig unberechenbar. Sie ist zwar Caims Freundin, was genau sie ist, weiß er aber nicht, und der Leser erfährt es deshalb auch nicht.

Dann wäre da noch Josephine, eine junge Adlige, die zunächst nichts als Heiraten im Kopf hat. Als sie ihren Vater, ihr Zuhause und fast auch ihr Leben verliert, ändern sich ihre Interessen allerdings schlagartig.

Der Bösewichte sind es diesmal gleich zwei: Ral entspricht dem Typus Killer, dem das Töten Spaß macht, und gleichzeitig dem Typus Bösewicht, der der Ansicht ist, alle Macht und Annehmlichkeit der Welt stünde ihm von Rechtswegen zu, und zwar ausschließlich ihm. Levictus ist da ein wenig interessanter geraten. Der Mann hat seine Familie an die Inquisition verloren und der Kirche dafür Rache geschworen. Um sein Ziel zu erreichen, ist er sogar bereit, sich mit finsteren Mächten zu verschwören.

Wirklich berauschend fand ich die Charakterzeichnung nicht. Caim und Ral sind zu sehr in Stereotypen verhaftet, und Josephines Entwicklung von naiver, verzogener Oberflächlichkeit zur verantwortungsbewussten Führungsperson ging mir etwas zu schnell. Kit war zwar charmant, allerdings erfährt der Leser so wenig über sie, dass es zu echter Tiefe nicht gereicht hat. Bleibt Levictus, aber selbst ihm fehlt trotz seines finsteren Gehabes und seines Rachedurstes das gewisse Etwas. Zwar ist sein Hass auf die Kirche nachvollziehbar, aber nicht nachfühlbar. Vielleicht hätten auch ihm ein paar echte Erinnerungen, wie Caim sie hatte, gutgetan.

Auch die Erzählung holpert etwas. Manche Ungereimtheiten könnte man vielleicht dem jeweiligen Protagonisten anlasten. Zum Beispiel ist Josephine dabei, als Markus, Soldat der Kirche und Verlobter ihrer besten Freundin, den Befehl gibt, Josephine zu töten. Trotzdem wirft sie kurze Zeit später Caim an den Kopf, Markus hätte ihr nie etwas angetan. Eigentlich fragt man sich, ob jemand so dumm überhaupt sein kann, aber gut.

Einiges dagegen ist einfach schlampig formuliert. Caim springt ins Wasser, die Wellen schlagen über ihm zusammen, er erreicht ein Kanalrohr und holt Luft. Nirgendwo steht, dass Caim inzwischen wieder aufgetaucht wäre. Die Worte, dass er seinen tiefen Atemzug bereut, bezog ich daher zunächst darauf, dass Caim wohl Wasser geschluckt haben muss, und wunderte mich, warum er das tut, wo er doch noch unter Wasser ist. Erst im weiteren Verlauf wird klar, dass das Kanalrohr oberhalb der Wasserlinie mündet.

Und wieder anderes war schlicht unlogisch. Josephine verwendet ihren Unterrock als Verbandsstoff, weil der unter dem Nachthemd nahezu trocken geblieben ist. He, das Mädel ist gerade kopfüber vom Steg gerissen, mehrere Meter durchs Wasser geschleppt worden und hat danach noch einige Zeit bewusstlos halb auf dem Trocknen und halb im Wasser gelegen. Den Unterrock möchte ich sehen, der da noch trocken ist! Und überhaupt: Welche Frau trägt einen Unterrock unter ihrem Nachthemd? Um die Sache zu krönen, freut Caim sich, dass ein Pfeil, der zwischen seiner ersten und zweiten Rippe steckt, nicht tiefer eingedrungen ist, denn sonst hätte er womöglich die Nieren verletzt! Ich kenne allerdings niemanden, bei dem die Nieren hinter den Rippen sitzen.

Dabei fand ich die Idee und den eigentlichen Handlungsverlauf gar nicht so schlecht. Die zunehmende Verstrickung Caims in das politische Komplott, seine wachsende Bedrängnis und die immer größeren Schwierigkeiten, in die Josephine gerät, sind im Großen und Ganzen gut gemacht. Der Plot ist sauber aufgebaut, und der Spannungsbogen strafft sich durchaus spürbar im Laufe der Handlung.

Was allerdings eine Menge Flair gekostet hat, waren die vielen losen Fäden. So erfährt der Leser zwar, dass das Komplott noch weit größer und umfangreicher angelegt war, als den Beteiligten bekannt war. Wie groß genau, wird nicht verraten. Ähnlich Kit: sie sagt, Caims Mutter habe sie gerufen, deshalb sei sie bei ihm. Wie und warum Caims Mutter das gemacht hat, sagt sie nicht, auch nicht, woher sie kommt und wer genau sie ist. Und dann die Schatten: Sie scheinen durchaus nichts Einheitliches zu sein. Einerseits helfen sie Caim, unsichtbar zu werden, andererseits wird er mehrmals von ihnen angegriffen. Und die Wesen aus der Schattenwelt, mit denen Levictus in Kontakt tritt, benutzen ihn zwar als Werkzeug, welchen Zweck sie allerdings verfolgen, bleibt im Dunkeln. So wirkt das Buch am Ende abgehackt und unvollständig, selbst für den ersten Band eines Zyklus.

_Insgesamt gesehen hätte_ das Buch durchaus eine Menge Potential gehabt. Ein etwas genaueres Eingehen auf die Charaktere – zum Beispiel Markus‘ Motivation, bei der ganzen Sache mitzumachen – hätte ein wenig über den schablonenhaften Entwurf von Caim und Ral hinweggetröstet. Und durch eine detailliertere Ausarbeitung des historischen Hintergrunds, der immer nur in Bruchstücken erwähnt wurde, hätten manche Entdeckungen Caims weniger bemüht gewirkt. Bei knapp vierhundert Seiten wäre dafür schon noch Platz gewesen.

Vielleicht werden ja wenigstens in der Fortsetzung all die losen Fäden noch weitergeführt und ausgebaut. Ich hoffe nur, dass keine Schnitzer wie die mit dem Pfeil und dem Unterrock mehr passieren. Einem aufmerksamen Lektor sollte so was eigentlich auffallen, auch in den USA. Ein Lob dagegen an Heyne für das fehlerfreie Lektorat und das gelungene Cover.

_Jon Sprunk entdeckte_ seine Passion fürs Schreiben während seines Literaturstudiums. Seither hat er mehrere Kurzgeschichten veröffentlicht. „Schattenschwert“ ist sein erster Roman.

|Taschenbuch: 395 Seiten
ISBN-13: 978-3453527218
Originaltitel: Shadow’s Son
Deutsch von Ronald Gutberlet|
[www.jonsprunk.com]http://www.jonsprunk.com

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