Hoffman, Mary – Stravaganza – Stadt der Masken (Band 1)

_Traumreise in ein schillerndes Bellezza_

Lucien ist schwer krank. Er hat einen Gehirntumor und liegt deshalb im Krankenhaus. Da er durch die Chemotherapie sehr geschwächt ist und ihn das Sprechen zu sehr anstrengt, bringt ihm sein Vater eines Tages ein altes Notizbuch mit, damit er alles, was er gerne sagen möchte, hineinschreiben kann.

Als er vor Erschöpfung mit dem Buch in den Armen einschläft, wacht er plötzlich in einer anderen, wunderschönen Welt auf, die Venedig sehr ähnelt. Und nicht nur das: Er fühlt sich topfit, und die Haare, die er bei seiner Chemotherapie verloren hat, sind wieder da.

Lucien ist in „Bellezza“ gelandet, einer schillernden Wasserstadt im 16. Jahrhundert unserer Parallelwirklichkeit. Doch schon bald erfährt er, dass er gar nicht hier sein dürfte: Es ist ein bellezzanischer Feiertag, an dem es jedem Nicht-Bellezzaner untersagt ist, die Stadt zu betreten. Wer sich nicht an diese Regelung hält, dem droht sogar der Tod. Doch es ist noch jemand illegal in der Stadt – Arianna, ein junges Mädchen, das sich in der Stadt versteckt und als Junge verkleidet hat, um Mandolier zu werden.

Durch Luciens Auftauchen gerät Ariannas Plan durcheinander. Sie fühlt sich verpflichtet, ihm zu helfen, da er offensichtlich nicht aus Bellezza ist, und gibt ihm ihre Jungenkleider, was ihr eigenes Vorhaben zunichte macht. Zusammen mit ihm geht sie zu der Auswahl der Mandolier, wo die Duchessa, die Herrscherin von Bellezza, die neuen Mandolier auswählt. Ihr Blick fällt auf Lucien und sie erwählt ihn tatsächlich. Er wird von Arianna fort und auf ein neues Zimmer geführt.

Es dauert nicht lange, bis Rodolfo, Ratsherr und Geliebter der Duchessa, nach Lucien schicken lässt. Er hat Lucien durch einen Zauberspiegel beobachtet und erklärt ihm, dass dieser ein Stravagante sei – was heißt, dass Lucien mithilfe seines Notizbuches zwischen seiner Welt und Bellezza hin- und herreisen kann. Rodolfo ist ebenfalls ein Stravagante und hat das Notizbuch, das es Lucien ermöglicht, nach Bellezza zu kommen, in Luciens Welt versteckt, damit bald Hilfe nach Bellezza kommt, denn der Stadt droht Gefahr. Der Botschafter von Remora versucht Bellezza, die einzig freie Stadt in Talia, in einen Städtebund zu drängen, der von der mächtigen Familie di Chimici beherrscht wird, die nicht einmal vor Mord zurückscheut, um zu erreichen, was sie will.

Schon bald werden die Spitzel des Botschafters auf Lucien aufmerksam und merken, dass er nicht aus Talia kommt. Sie wollen um jeden Preis an das Notizbuch gelangen. Die Besuche in Bellezza werden für Lucien immer gefährlicher, denn ohne das Notizbuch kann er nicht wieder in seine Welt zurückkehren …

Hoffmans Geschichte ist zwar nicht gerade eine besondere Leseerfahrung, hat jedoch das gewisse Etwas, das eine Geschichte zu etwas Eigenständigem macht. Obwohl es heutzutage in der Fantasy nichts Neues mehr ist, wenn ein Junge oder ein Mädchen aus der normalen Welt in eine Traumwelt oder eine Parallelwelt reist, war das Buch nicht zu sehr nach dem typischen Muster gestrickt, das man gemäß der Inhaltsangabe vielleicht erahnen könnte.

Es geht um den krebskranken Lucien, der mithilfe eines Notizbuches in die Parallelwelt Talia gelangt. Anfangs geht es noch nicht so sehr zur Sache, denn etwa bis zur Mitte des Buches geht es hauptsächlich darum, wie Lucien die neue Welt mit seiner neu gewonnenen Freundin Arianna entdeckt. Er lernt Bellezza besser kennen und merkt, dass die Stadt, bis auf einige Kleinigkeiten, Venedig ziemlich ähnlich ist. Obwohl er in seiner Welt todkrank und geschwächt im Bett liegt, fühlt er sich in Talia pudelwohl und hat sogar die Haare, die er bei der Chemotherapie verloren hat, zurück.

Nur langsam und anfangs mehr im Hintergrund bahnt sich das Unglück über Bellezza an. Doch nicht nur in Bellezza droht Gefahr. In Luciens Welt muss er bald erfahren, dass sein Gehirntumor wächst und dies natürlich kein gutes Zeichen für ihn und seine Eltern ist.

In „Stadt der Masken“ geht es eher zweitrangig um vordergründige Spannung, weil die meiste Zeit über nichts Aufregendes passiert. Auch wenn dies mal etwas anderes ist als in den üblichen Fantasybüchern, in denen sich die Abenteuer und die Spannung nur so aufreihen, war die Lektüre stellenweise doch wenig fesselnd. Es ist interessant, einiges über Bellezza zu erfahren, doch ein wirklicher Spannungsbogen hat mir schon ziemlich gefehlt.

Bei Talia handelt es sich eigentlich um ein perfektes Abbild unseres italienischen Mittelmeerraumes im 16. Jahrhundert. Bellezza ist dabei ein klares Ebenbild von Venedig, das sich aber dadurch unterscheidet, dass alles noch viel prachtvoller und reichlich mit Silber statt des sonst verbreiteten Blattgoldes ausgekleidet ist. Alle Frauen über 16, die nicht verheiratet sind, tragen Masken – auf Befehl der Duchessa. Ebenfalls durch eine Regelung der Duchessa dürfen ausschließlich junge, gut aussehende Männer Mandolier werden, was Arianna gehörig gegen den Strich geht.

Der Schreibstil von Mary Hoffman passt sich gut der Geschichte an. Es handelt sich hier eher um ein Jugendbuch, was heißt, dass die Sprache, die Mary Hoffman benutzt, nicht allzu schwer zu verstehen und recht flüssig zu lesen ist. Sie schreibt sehr detailreich und beschreibt alles genau, wenn auch nicht zu genau, damit der Leser noch genug eigene Fantasie einbringen kann. Mary Hoffman hat in „Stravaganza – Stadt der Masken“ nicht nur aus verschiedenen Sichten erzählt, sondern auch abwechselnd aus Luciens Welt und Bellezza. Dafür hat der Verlag einen Schrifttypenwechsel verwendet, sodass man die Erzählungen aus Luciens Welt und aus Bellezza gut auseinanderhalten kann.

Ich kann nicht behaupten, dass man die Charaktere großartig an verschiedenen Sprachstilen wiedererkennen könnte, aber bei einem Stravaganten, der ebenfalls von England aus nach Bellezza gekommen ist, der allerdings noch zu der Zeit der Hexenverbrennungen dort lebte und nun nicht mehr zurück in seine Welt gelangen kann, gibt sie sich große Mühe, ihn in altertümelnder Weise reden zu lassen.

Was ich allerdings am gelungensten finde, ist, dass das Ende nicht so kommt, wie man es erwartet hätte. Ich möchte auf keinen Fall zu viel verraten, allerdings habe ich mich über das Finale wirklich gewundert, und das zeigt, dass es auch mal eine nette Abwechslung ist, wenn ein Jugendbuch nicht zwangsläufig in einem Happy-End mündet.

_Fazit:_ Auch wenn „Stadt der Masken“ an manchen Stellen ein wenig die Spannungselemente gefehlt haben, habe ich es gerne gelesen. Der Schreibstil ist sehr passend und leicht verständlich, die Geschichte verwendet zwar ein typisches Gerüst, ist aber trotzdem etwas Eigenständiges und weist auch viele eigene Ideen der Autorin auf.

_Mary Hoffman_ wurde 1945 in England geboren und lebt heute zusammen mit ihrem Mann zusammen in West Oxfordshire. In England ist sie eine sehr bekannte und erfolgreiche Jugendbuchautorin, die bereits 80 Werke herausgebracht hat. Sie ist überdies eine begeisterte Italien-Liebhaberin und verbringt ihre Freizeit so oft wie möglich dort. Ihre Liebe zu Italien führte auch dazu, dass sie sich für die |Stravaganza|-Trilogie von Italien, insbesondere von Venedig im 16. Jahrhundert, inspirieren ließ.

Die |Stravaganza|-Trilogie:

1. Band: Stravaganza – Stadt der Masken
2. Band: Stravaganza – Stadt der Sterne
3. Band: Stravaganza – Stadt der Blumen

http://www.arena-verlag.de
http://www.maryhoffman.co.uk
http://www.stravaganza.co.uk

Schreibe einen Kommentar