March, Hannah – Lied der Ringeltaube, Das

Nachdem mich Hannah March’s zweiter Roman um den Lehrer und Erzieher Robert Fairfax wirklich umgehauen hatte, beschloss ich, mir auch die Vorgänger-Story zu besehen, auf die die Autorin in [„Als wär’s der Teufel selbst“ 1763 des Öfteren zurückblickt. Leider jedoch ist „Das Lied der Ringeltaube“ bei weitem nicht so stark wie das Zweitwerk der in Peterborough (England) geborenen Schriftstellerin. Es will einfach nicht vorangehen, und wenn dann endlich mal ein Anflug von echter Spannung auftaucht, befindet man sich auch schon auf den letzten Seiten – aber dazu später mehr.

_Story:_

Ein neuer Auftrag für Robert Fairfax: Der wohlhabenede Ralph Hemsley möchte, dass sein Sohn Matthew den letzten Feinschliff in seiner Erziehung bekommt und wendet sich an den erfahrenen Fairfax. Dieser nimmt den Auftrag an und reist zusammen mit Matthew nach London, um ihn dort mit der Kultur und der Administration der Hauptstadt bekannt zu machen. Allerdings verlaufen die Dinge zu Beginn ganz anders, als der alte Hemsley es für seinen Sohn vorgesehen hatte.

Matthew erblickt auf einem Flugblatt das Bild der jungen und gerade aufstrebenden Theater-Schauspielerin Lucy Dove und ist sofort fasziniert von dieser schönen Dame. Als er dann auch noch zufällig einen Bekannten aus seiner Schulzeit trifft, der Kontakte zu Doves Bruder hat, ist Matthew wie verzaubert und bekommt alsbald die Chance, Lucy im Theater selber kennen zu lernen. Fairfax ist zwar anfangs nicht begeistert von Matthews Hingabe, lenkt aber schließlich ein und begleitet seinen Schützling. Für diesen jedoch besteht die Welt nur noch aus Luca Dove; der junge Hemsley hat sich Hals über Kopf in die Schauspielerin verliebt, und als er später auch noch ein Attentat auf die Angebetete vereiteln kann, hat er auch ihre Freundschaft gewonnen.

Einen Abend später sitzen Doves Bruder (ein ehemaliger Kapitän der britischen Marine), Matthew, sein Freund Mallinson und Fairfax beim gemeinsamen Kartenspiel in der Wohnung des Captains, als unerwartet ein Brief für Matthew eintrifft. Von seinem anschließendem Gang zum Abort kehrt Hemsley nicht mehr zurück, und die anderen (bis auf den betrunkenen Mallinson) machen sich auf die Suche nach ihm. Er wird schließlich völlig niedergeschlagen vor Lucys Wohnung gefunden, in der die Schauspielerin von ihm tot aufgefunden wurde. Und da Matthew sich des Schocks wegen nicht mehr an die Geschehnisse in Lucys Wohnung erinnern und sich so auch nicht verteidigen kann, wird er letztendlich auch beschuldigt, seine Geliebte umgebracht zu haben. Das Gericht lässt Matthew einsperren, und Fairfax macht sich an die Arbeit, die Unschuld seines Schützlings zu beweisen – auch um selber nicht als Versager dazustehen.

Im Grunde genommen ist die Geschichte sehr gut und bietet auch hinsichtlich der Spannung ein gehöriges Potenzial. Einige in Frage kommende Mörder, ein wirklich sehr gut inszenierter Schauplatz für die Geschichte und charismatische Akteure – das alles spricht für diesen Roman. Das Problem ist lediglich, dass March fast die Hälfte der Zeit für die Einleitung verschwendet. Bevor die Geschichte erst mal ins Rollen kommt – sprich, bis der Mord geschehen ist – vergehen mal eben 130 Seiten, in denen nichts Wesentliches passiert. Gut, man erhascht einen Blick auf das Umfeld der Ermordeten und lernt auch Matthew und Fairfax kennen, aber die hierbei vorangeschobenen Informationen sind zu vielen Teilen recht belanglos und bringen weder die Geschichte noch die Entwicklung der CHaraktere sonderlich voran. Außerdem sind es einfach zu viele zufällige Bekanntschaften, die das Gespann Fairfax/Hemsley in London machen, das wirkt irgendwann nicht mehr realistisch.

Nach dem Wendepunkt durch den Mord an Lucy Dove schreitet das Erzähltempo dann endlich im gewohnten Maße voran, allerdings hat die Autorin sich für diesen Part nicht mehr besonders viel Raum gelassen, um die Handlung noch ausschmücken zu können. Folglich ist Hannah March also bemüht, die verloren gegangene Zeit wieder aufzuholen und überschlägt sich quasi auf den letzten Seiten.

Es hätte in diesem Falle also zwei Optimallösungen gegeben: Entweder hätte March die Seitenzahl strecken und die eigentliche Handlung weitaus fokussierter beschreiben sollen; oder aber sie hätte nicht so viel Wert auf die Darstellung der einzelnen Charaktere gelegt und sich stattdessen einzig und allein auf den Plot an sich konzentriert. Beides ist nicht der Fall, so dass die Spannung letztendlich über weite Strecken ausbleibt und dies den Roman schließlich verblassen lässt. Im Vergleich zu „Als wär’s der Teufel selbst“ jedenfalls ist „Das Lied der Ringeltaube“ nur ein nettes Büchlein für zwischendurch, während das Zweitwerk durchaus als Weltklasse-Krimi bezeichnet werden darf. Auch wenn sich der Hauptdarsteller Robert Fairfax im zweiten Buch wieder blicken lässt, so braucht man den ersten Teil deswegen nicht dringend gelesen zu haben. Im Gegenteil, dies birgt die Gefahr, dass man das Interese an der Autorin vrliert und so „Als wär’s der Teufel selbst“ als Lektüre gar nicht mehr in Erwägung zieht. Mein Rat daher: Einfach mit dem zweiten Buch beginnen und dann selber entscheiden, ob dem Leser das nicht wirklich geglückte Krimi-Debüt der Britin die Zeit wert ist. Ich persönlich fand die Geschichte um die ermordete Schauspielerin nicht ganz so prickelnd …

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