Hohlbein, Wolfgang – achtarmige Tod, Der (Der Hexer von Salem 4)

Band 1: [„Die Spur des Hexers“ 4081
Band 2: [„Der Seelenfresser“ 4141
Band 3: [„Engel des Bösen“ 4206

„Der achtarmige Tod“, der vierte Band in der neu überarbeiteten „Der Hexer von Salem“-Reihe von Wolfgang Hohlbein, stellt so etwas wie einen Wendepunkt dar. Die ersten drei darin enthaltenen Heftromane schließen nämlich den ersten Zyklus, namentlich den Dagon-Zyklus, innerhalb der Serie ab und legen zugleich den Grundstein für den darauf folgenden und ebenfalls in diesem Band beginnenden Zyklus um die sieben Siegel der Macht.

Aus den Einzelepisoden sind folgenübergreifende Geschichten geworden, die dem Hexer nur zugute kommen. Denn obwohl das Schema vergleichbar bleibt und Robert Craven weiterhin in jeder Episode gegen einen neuen Schurken bestehen muss, ist die Bedrohung durch die wirklich gefährlichen cthuloiden Wesen und einen fast unbezwingbar anmutenden Magier namens Necron durch die Verknüpfung mehrerer Folgen greifbarer geworden. Doch pulpig bleibt es, und so fährt auch „Der achtarmige Tod“ eine Mischung aus Horror, Action und Humor auf, die mit einem Augenzwinkern aufgenommen werden sollte und sich selbst nicht als Meilenstein der anspruchsvollen Literatur versteht, sondern schlicht und ergreifend unterhalten möchte.

_Inhalt_

Im letzten Band haben sich die Ereignisse bereits zugespitzt, nun steuert alles auf ein breit angelegtes Finale zu, das sich über drei Folgen erstreckt. Seinen Höhepunkt findet dieses in „Krieg der Götter“, in dem Craven und seine Verbündeten Nemo (kein Geringerer als der Kapitän des U-Bootes Nautilus), Howard und Rowlf gegen Dagon selbst bestehen müssen, und das während eines Vulkanausbruchs auf der Insel Krakatau. Einmal mehr wird die Handlung also vor dem Hintergrund einer historischen Begebenheit gesponnen, die für sich genommen bereits genug Potenzial geboten hätte. Mit dem Ausbruch begnügt sich der Hohlbeins „Hexer“ aber freilich nicht, denn nichts ist mehr, wie es scheint, und während die Welt um Craven herum sprichwörtlich zu explodieren beginnt, entpuppen sich viele Weggefährten als seelenlose Marionetten böser Götter oder – zum Glück wendet sich nicht alles zum Schlechten – einige vermeintliche Feinde als plötzliche Verbündete. Die Welt steht jedenfalls auf dem Kopf und der Spannungsbogen, mit dem über drei Folgen hinweg der begrenzte Schauplatz der Insel ausgenutzt wird, um einen Endkampf zu schildern, der über das Fortbestehen oder das Ende der Menschheit bestimmt, wird bis zum finalen Paukenschlag gehalten.

Natürlich kann das Ende der Welt verhindert werden. Aber auch an einem Robert Craven geht so ein Kampf nicht spurlos vorüber. Es ist geschwächt und braucht von den zurückliegenden Ereignissen ein wenig Abstand. Daher begibt er sich in „Die Hand des Dämons“ nach Kalifornien. Urlaub nehmen und faul in der Sonne liegen kann und will er aber nicht, denn obwohl Dagon zurückgeschlagen worden ist, haben die Feinde nur eine Schlacht verloren. Der Krieg geht weiter. Um die Machenschaften des dunklen Magiers Necron, der den Untergang der Insel Krakatau überlebt hat, ausfindig zu machen, sucht Craven nach Hinweisen, die auf seine Drachenburg deuten. Jene Burg, so vermutet Craven, die Necron als Zufluchtsstätte und als Stützpunkt dient, von dem aus er Schrecken über die ganze Welt verbreitet.

Der Hexer beginnt seine Suche in dem Örtchen Arcenborough, nicht zuletzt deshalb, weil er Teilhaber einer dort ansässigen Firma ist. Doch anstatt in dem Dorf in aller Ruhe die weiteren Schritte zu planen, entpuppt sich die Fabrik, die nicht im Zentrum seines eigentlichen Interesses stand, als wahre Ausbeutungsmaschine der dort beschäftigten Arbeiter – Marx hätte für sein Manifest kein besseres Beispiel für die Schattenseite des Kapitalismus wählen können. Während Craven also versucht, die Situation der Arbeiter zu verbessern, kommen ihm einmal mehr Kultisten in die Quere. Immerhin, das ergibt sich als einzige positive Folge, muss er nun nicht mehr nach ihnen suchen. Schließlich kann er sich darauf verlassen, dass dort, wo Kultisten auftauchen, auch Necron nicht weit sein kann.

Nach diesem Setting – man möchte fast von einem leicht gesellschaftskritischen Setting mit allerdings weiterhin nicht ganz ernst gemeintem Unterton sprechen – geht es in der Episode „Der Zug, der in den Albtraum fuhr“ in eine ganz andere Richtung, nämlich in die der glorreichen Cowboys. Der wilde Westen ruft und der Hexer lässt sich nicht zweimal bitten. Natürlich sind auch hier schleimige Monster und wahnsinnige Gottesanbeter nicht weit entfernt, doch die Gefahren lauern auch in schießwütigen Banditen, einem aufgebrachten Indianerstamm und, damit der Mix noch ein bisschen bunter wird, in einem Dinosaurier, der sich in einem Berg versteckt hat und es gar nicht mag, wenn man seine Ruhe stört.

_Bewertung_

Man kann vom „Hexer“ halten, was man will, doch dass Wolfgang Hohlbein, Frank Rehberg und die weiteren Mitautoren sich nicht davor scheuen, die Genres gnadenlos zu mischen, durch den Kakao zu ziehen und trotz aller Situationskomik noch eine übergreifende, spannende Haupthandlung aufzubauen, die alle Episoden miteinander verknüpft, sei ihnen hoch anzurechnen. Natürlich geht dabei so einiges schief, die historischen Fakten werden gerne über den Haufen geworfen und der Geschichte angepasst, so dass die Verbindungen dann doch ab und an arg konstruiert erscheint. Der Mut, neue Wege zu gehen, Epochen, Kulturen, Settings sowie fiktive und tatsächlich existierende Persönlichkeiten zu kombinieren, lässt über die kleinen Schönheitsfehler allerdings hinwegsehen, denn mit den ersten Folgen des Zyklus um die sieben Siegel erreicht die Serie des „Hexers von Salem“ ihren erzählerischen Höhepunkt.

Die Autoren wissen, wohin die Reise gehen soll, und Hohlbein kann sich für die ein oder andere Episode etwas zurücknehmen und anderen Schreibern den Vortritt lassen. Die Einfälle, mal die schlechten Arbeitsbedingungen in einer typisch zeitgenössischen Firma einzuweben, dann wiederum in den wilden Westen zu wechseln, wissen zu gefallen. Damit einher geht jedoch gleichfalls die Verpflichtung, auch in den folgenden Episoden immer abstrusere Ideen einzuflechten, um den Lesern Neues bieten zu können. Denn obwohl, wie schon beschrieben, der Hexer mit diesem Sammelband den Höhepunkt markiert und einige der besten Folgen der gesamten Serie enthält, kann die Romanreihe im späteren Verlauf nicht mehr an diese Qualität anknüpfen. Die Serie verliert sich, auch wenn in diesem Band noch nicht viel darauf hindeutet, in einem Netz aus Zeitsprüngen, wechselnden Epochen und Handlungen, die zwar als Einzelfolgen gesehen durchaus überzeugen können, dem „Hexer“ aus heutiger Sicht betrachtet jedoch langfristig eher geschadet als geholfen und schließlich zu seiner Einstellung als Heftromanreihe geführt haben.

„Der achtarmige Tod“ sei jedoch noch einmal empfohlen, denn er schließt den Dagon-Zyklus überzeugend ab und begibt sich dann mit dem Zyklus um die sieben Siegel auf eine experimentelle, mitunter spannende, in den folgenden Bänden jedoch mehr und mehr abstrusere Richtung. Sammlern der vollständigen Ausgabe sollte das natürlich egal sein, allen anderen seien die Geschichten in diesem Band noch ans Herz gelegt, bevor es dann mit den Folgebänden leider bergab geht.

http://www.bastei-luebbe.de/
http://www.hohlbein.net/

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