„Crossing California“ ist das Debüt des im Jahre 1967 geborenen Amerikaners Adam Langer. Der Journalist, Bühnenautor und Filmproduzent lebt in New York, stammt aber aus Chicago. In dieser Stadt hat er auch, anders als es der Titel vermuten lässt, seine rund 600 Seiten lange Erzählung angelegt.
„Crossing California“ entführt den Leser in das Chicago anfang der Achtzigerjahre und beleuchtet das Leben dreier Familien in einem jüdisch geprägten Viertel. Die Wasserstroms, Wills und Rovners sind drei Familien, deren Wege sich immer wieder im dem Viertel, das von der California Avenue durchzogen wird, kreuzen. Die California ist eine besondere Straße, denn sie teilt die obere von der unteren Mittelschicht. Westlich der Straße wohnen die Rovners. Vater Michael ist Arzt, seine Frau Ellen Psychologin. Die Tochter Lana wird von der unterkühlten Mutter als penetrant, ehrgeizig und mäßig intelligent eingeschätzt. Ihr älterer Bruder Larry träumt von einer jüdischen Rockkarriere und sexuellen Abenteuern. Etwas weiter östlich wohnen die Wasserstroms. Vater Charlie erzieht seine Töchter Jill und Michelle nach dem Tod der Frau allein. Noch weiter östlich lebt die Afro-Amerikanerin Deidre Wills mit ihrem Sohn Muley. Sie leben in ärmlichen Verhältnissen und das, obwohl Muleys Vater Carl Silverman in Los Angeles Karriere als Plattenproduzent gemacht hat. Deidre verweigert jedoch jeden Kontakt zwischen Muley und seinem Vater sowie jegliche finanzielle Unterstützung.
Zwei Jahre lang begleitet man diese zehn Protagonisten durch ihr Viertel. Abwechselnd widmet sich der allwissende Erzähler den Charakteren, die allesamt mit sich hadern und allzu menschliche Entwicklungen durchmachen müssen. Ellen und Michael Rovners Ehe ist am Ende, beide schlafen in getrennten Betten, sie sehnt sich nach einem Leben allein, er nach sexuellen Abenteuern mit einer Kollegin. Auch bei der Familie Wasserstrom ist eine Menge los: Michelle will Schauspielerin werden, verbringt ihre Freizeit mit Alkohol, Gras und Sex, während die jüngere Schwester Jill im Stillen gegen scheinbar alles rebelliert. Charlie verliert seinen Job bei einem Fast-Food-Restaurant durch einen bissigen Artikel der Journalistin Gail, in die er sich prompt verliebt. Daraus ergeben sich viele kleine Konflikte, meist aus tragikomischen Zufällen heraus. Der Star unter den unterschiedlichen Handlungssträngen ist jedoch die zarte Liebesbeziehung zwischen den Teenagern Muley und Jill, zwischen denen es einfach nicht so recht klappen will, trotz jedes noch so rührenden Annäherungsversuches Muleys.
An dieser Stelle gelangt man aber auch zu den Problemen des Romans. Die vielen Charaktere und Handlungsstränge machen es dem Leser schwer, sich in das Gefüge einzulesen. Ähnlich verhält es sich mit den vielen Ortsbeschreibungen, da hilft auch die abgedruckte Landkarte des Viertels nicht, im Gegenteil: Das Nachschauen in der Karte oder dem Jiddisch-Glossar am Ende des Buches stören den Lesefluss zusätzlich.
Was diesem vielversprechendem Debüt ebenso fehlt, ist die Fähigkeit des Autors, seine Charaktere messerscharf zu charakterisieren, zudem wahrt der Erzähler eine zu große Distanz zu den Charakteren, was das Identifikationspotenzial für den Leser deutlich nach unten korrigiert. Nichtsdestotrotz hat der Roman seine bestechenden Momente, die Annäherungsversuche zwischen Jill und Muley bieten einige davon. Adam Langer bringt aber noch weitere interessante Aspekte in seine Erzählung ein; so versteht er es blendend, die Geschichte der Achtzigerjahre in seine Handlungen einzubinden und möglichst authentisch in seinen Schilderungen zu wirken. Um so bedauernswerter ist es da, dass es ihm aufgrund seiner schwammigen und distanzierten Schreibweise nicht gelingt, den Leser an dieses Buch zu fesseln, so wie es seinen amerikanischen Kollegen John Irving oder Jeffrey Eugenides immer wieder glückt.