Fairchild, Melissa – Himmelsauge (Die Geheimnisse des Brückenorakels 01)

_Die Geheimnisse des Brückenorakels:_

Band 1: _Himmelsauge_

Gedächtnisverlust ist keine schöne Sache. Doch wenn man im Krankenhaus erwacht, keine Erinnerung mehr hat und feststellen muss, dass man noch nicht mal aus dieser Welt kommt – das ist schon ein harter Brocken! Genau das passiert einem Jungen namens Avi in Melissa Fairchilds Roman „Himmelsauge“, dem ersten Band der Reihe „Die Geheimnisse des Brückenorakels“.

_Als Avi im_ Krankenbett aufwacht, ist er verwirrt. Er hat keine Ahnung, wieso er hier liegt, von Kopf bis Fuß eingegipst. Er hat überhaupt keine Erinnerung mehr an das, was davor passiert ist. Sein gesamtes Gedächtnis ist ausgelöscht. Hinzu kommt, dass er den Unfall, den er hatte – er ist vor eine Londoner U-Bahn gesprungen – eigentlich gar nicht hätte überleben dürfen.

Avi kann sich keinen Reim darauf machen, wieso er sich vor den Zug geworfen hat und wieso er noch lebt. Eines Nachts bekommt er Besuch von einem buckligen Alten, der ihn dazu überreden will, aus dem Krankenhaus zu fliehen. Anschließend wird er von einem Typen namens Kellen verfolgt, der ihn töten will und blaue Flammen nach ihm werfen kann. Er merkt, dass so einiges nicht stimmt in seinem Leben. Auf der Flucht trifft er Durin und Roosevelt, zwei Wächter, von denen er erfährt, dass er der Sohn der Königin des Feenreiches ist. Zusammen mit dem Menschenmädchen Hannah begibt er sich in die Feenwelt, aus der er eigentlich stammt, denn dies scheint der einzige Weg zu sein, um Kellen gegenüber zu treten und ihn zu vernichten …

_Melissa Fairchilds Fantasyroman_ für Jugendliche ist nett erzählt, nett ausgedacht und nett gemacht, doch wirklich originell ist „Himmelsauge“ nicht. Menschen, die zwischen Welten wandern können, magische Wesen im gegenwärtigen London, Feen, Elfen und Goblins – vieles, was in der Geschichte vorkommt, war in dieser Form schon in vielen anderen Büchern vertreten. Es gibt Autoren, die solche Elemente nehmen und so in ihre Geschichte einbauen können, dass sie neue Facetten bekommen oder auf Grund des Kontextes sehr originell wirken. Fairchild gelingt dies nicht. Die Kulisse entwickelt nur wenig Zauber, da sie einem zu bekannt vorkommt.

Die Handlung an und für sich ist in Ordnung. Sie ist gut aufgebaut, aber auch ihr mangelt es an neuen, spritzigen Ideen oder überraschenden Wendungen. Es ist eine nette Abenteuergeschichte mit nicht besonders viel Action, ein paar politischen Verwicklungen und Verrätern, doch nur selten wirkt Avis Lage aussichtslos. Richtig spannend wird es selten. Dabei wäre Avis Gedächtnisschwäche an und für sich ein guter Aufhänger für brenzlige Situationen gewesen, doch Fairchild kehrt die Amnesie selten in den Vordergrund. Im Gegenteil vergisst man ziemlich schnell, dass Avi überhaupt jemals einen Unfall hatte.

Das könnte allerdings auch damit zusammenhängen, dass Fairchilds Charaktere den Leser auf Abstand halten. Es fällt schwer, Zugang zu Avi zu finden. Seine Gedanken und Gefühle finden zwar Eingang in die Geschichte, wirken aber häufig oberflächlich. Er wirkt meistens wie ein ganz normaler Junge und nicht wie ein magisches Wesen aus einer anderen Welt, das sein Gedächtnis verloren hat und auf der Flucht vor einem flammenwerfenden Goblin ist. Der fehlende Tiefgang macht sich auch bei Hannah bemerkbar, die Avi bei seiner Reise in die andere Welt hilft. Zwischen beiden entspinnt sich eine Liebesgeschichte, die aber nur wenig Platz im Buch einnimmt. Hannah wird zwar als Punkerin beschrieben, doch das Rebellische in ihr kommt nie richtig zum Vorschein. So wie den anderen Charakteren auch fehlt es ihr an echten Ecken und Kanten, obwohl die Kategorisierung als Punkerin das eigentlich hätte einfacher machen sollen. Einen Lichtblick gibt es allerdings: die Elfe Brucie. Sie ist launisch, besserwisserisch, humorvoll und ein bisschen chaotisch und ihre Auftritte sind immer wieder ein Höhepunkt.

_“Himmelsauge“ von Melissa_ Fairchild ist der Auftakt der Reihe „Die Geheimnisse des Brückenorakels“, doch wirklich Lust auf mehr macht das Buch nicht. Die Geschichte ist nicht gerade mitreißend, die Ideen nicht besonders originell.

|Gebunden: 382 Seiten
Aus dem Englischen von Karin Dufner
ISBN-13: 978-3426283127|
http://www.pan-verlag.de

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