Dieses |Langen Müller| Audio-Book präsentiert nach eigenen Angaben die Klassiker der phantastischen Gruselliteratur. Auf vier CDs mit einer Gesamtspieldauer von 310 Minuten werden von Christiane Blumhoff und Mathias Kahler verschiedene schaurig-schöne, zumeist unbekannte Werke berühmter Autoren gelesen. Hierbei handelt es sich um „Das Gehirn“ (G. Meyrink), „Der blonde Eckbert“ (L. Tieck), „Der Teufel im Glockenstuhl“ (E. A. Poe), „Der Vampyr“ (E. T. A. Hoffmann), „Der Geist“ (F. Boutet), „Das Wachsfigurenkabinett“ (G. Meyrink), „Das Galgenmännlein“ (F. De la Motte Fouque), „Bal macabre“ (G. Meyrink), „Die Nacht in Brczwezmcisl“ (H. Zschokke) und „Die Vision des Herrn Lafitte“ (E. Filek).
Der Titel „Gespenster, Gespenster“ ist etwas irreführend, da es sich bei den vorliegenden Werken nicht um konventionelle Geistergeschichten handelt, sondern um subtile, schaurige Erzählungen, welche das Übernatürliche und den Tod als zentrale Themen behandeln. In „Der Vampyr“ treibt sich die geliebte Ehefrau des Grafen in der Nacht auf dem Friedhof herum und ihr Gatte macht eine grausige Entdeckung. Auch die Frau des „blonden Ritters Eckbert“ aus dem Harz trägt ein Geheimnis. Sie blickt auf eine seltsame Geschichte in ihrer Vergangenheit zurück und diese holt nun ihren Mann ein und treibt ihn an die Grenze des Wahnsinns. In „Bal macabre“ spielt der Wahnsinn auch eine große Rolle, denn die Toten laden zum Tanz und geben eine wahrlich makabre Vorstellung. Wie kann dort ein Lebender, der Beobachter diese Szenen ist, nicht wahnsinnig werden?
Das Hörbuch bietet einige schöne Stunden für dunkle, kalte Winterabende. Doch Vorsicht – der Hörer muss sich auf die Werke einstellen. Es sind keine einfachen Grusel- oder gar Horrorgeschichten, sondern Schauergeschichten aus einer Zeit, welche über hundert Jahre zurückliegt. Aus heutiger Sicht wirken daher einige Aspekte und Begebenheiten nicht wirklich gruselig. Aber die meisten dieser Klassiker erzeugen eine intensive und verstörende Atmosphäre, die man einfach genießen kann.
„Der Vampyr“ von E.T.A. Hoffmann variiert ein Thema, welches man leider zur Genüge kennt. Daher verliert diese Geschichte trotz einer wirklich ausgezeichneten Erzählweise an Reiz. „Der blonde Eckbert“ ist in meinen Augen in dieser Sammlung fehl am Platz. Es handelt sich hierbei um ein Märchen, welches lediglich einige Schauermomente aufweist. Doch die Handlung selbst ist sehr vorhersehbar und unglaubwürdig. Das von E. A. Poe weniger bekannte „Der Teufel im Glockenstuhl“ ist wie vom Meister gewohnt schwer zugänglich und im eigentlichen Sinn auch keine Gruselgeschichte. Es ist eine phantastische Parabel, die gewisse Eigenheiten von Poes Zeitgenossen kritisiert. Besonders gefallen haben mir die drei Geschichten von Gustav Meyrink. Der Erzählstil ist sehr ausgeklügelt und die Handlungen sind befremdend und faszinierend zugleich. Im „Bal macabre“ fühlt der Hörer sich förmlich hineingezogen in diese verrauchte, laute Kneipe, um zusammen mit den anderen Bohemiens mit dem Übernatürlichen konfrontiert zu werden. Auch „Das Gehirn“ und „Das Wachsfigurenkabinett“ sind exzellente Werke, die eine tiefe, absonderliche und bizarre Wirkung auf den Hörer ausüben.
Die Geschichten werden abwechselnd von Christiane Blumhoff und Mathias Kahler gelesen. Beide arbeiten seit vielen Jahren als Schauspieler und haben in letzter Zeit schon verschiedene Hörbücher umgesetz. Auch bei „Gespenster, Gespenster“ gelingt es ihnen vorzüglich, den Werken das nötige Ambiente zu verleihen. Die klare Sprechweise und die verschiedenen Stimmlagen bei den Dialogen sind wirklich erstklassig.
Abschließend lässt sich sagen, dass es sich bei diesem Hörbuch um ein technisch sehr gut umgesetztes Werk handelt, bei dem es sich lohnt, auf Entdeckungsreise nach schauerlichen Geschichten jenseits des Mainstreams zu gehen.