Nevis, Ben (Autor); Huber, Chris & Tracey (Übersetzer) – Die drei ??? – The Pharaoh\’s Message (American English)

Schon länger werden einige ausgewählte Fälle der Jugendserie „Die drei ??? ®“ ins Amerikanische übersetzt. Das mag ein wenig paradox erscheinen, früher war es schließlich umgekehrt – doch befindet sie sich bekanntlich seit 1993 fest in deutscher Hand. Das Reverse-Engineering ist auch nicht dazu gedacht, wieder auf dem amerikanischen Markt Fuß zu fassen. Es dient vielmehr dazu, der Zielgruppe anhand der beliebten Geschichten um die inzwischen berühmte Junior-Detektei den Gebrauch von Alltagsenglisch näher zu bringen. Dieses Konzept läuft inzwischen so erfolgreich, dass bei |Kosmos| regelmäßig solche englischsprachigen ???-Bücher mit Vokabelhilfe erscheinen. Aus dem 129. Fall „SMS aus dem Grab“ von Ben Nevis wurde 2009 somit „The Pharaoh’s Message“.

_Concerning the story_

Die drei Fragezeichen schulden dem stadtbekannten Landstreicher „Rubbish“ George aufgrund einer verlorenen Wette noch 10 Dollar. Als Peter die Spielschulden überbringen will, findet er die Heimstadt ihres obdachlosen Freundes vollkommen verwüstet vor. Von George selbst fehlt jede Spur. Dafür wird Peter beim Inspizieren des vermeintlichen Tatorts von einer jungen Frau überrascht, die ihn zunächst mit einem Messer bedroht. Allerdings entpuppt sich die stumme Halb-Ägypterin Layla als Bekannte von George, die ihn ebenfalls verzweifelt sucht. Der aus Großbritannien stammende George Cooper – so sein richtiger Name – war vor Jahren als Banker in Kairo tätig, wo er mit Laylas Mutter liiert war. Bis er eines Tages von dort flüchtete, um schließlich im beschaulichen Rocky Beach inkognito als Tippelbruder zu leben.

Die Vergangenheit hat ihn in Gestalt von Layla offenbar nun eingeholt. Hat diese Vergangenheit aber überhaupt etwas mit seinem erneuten Verschwinden zu tun? Peter findet jedenfalls einen Hinweis darauf, dass Ägypten ein durchaus wichtiger Schlüssel sein könnte. In einem Fußballmagazin getarnt, entdeckt er einen rätselhaften und verschlüsselten Text, der verspricht, ein altes Menschheitsrätsel zu lösen: Die geheime Kammer des Sphinx. Es gibt eigentlich nur einen Weg dies herauszufinden und das ist vor Ort in Kairo. Glücklicherweise haben die drei ohnehin grade vor, transatlantisch zu fliegen, da sie eine Einladung aus England und entsprechende Tickets vorliegen haben. Diese werden kurzerhand umgebucht, um stattdessen dem ollen Sphinx einen Besuch abzustatten. Doch im Orient lebt sichs gefährlich – auch ohne altertümliche Flüche.

_Impressions_
|Warning: May contain spoilers – further reading at your own risk!|

Ben Nevis‘ Geschichten zeichnen sich stets durch Temporeichtum, Action und mehr als einen Hauch Technokratie aus, allerdings stehen auf der Kehrseite meist Dinge, welche sich mit der Realität oft nur schwer vereinen lassen. Zumindest auf den zweiten Blick. „SMS aus dem Grab“, dessen deutscher Original-Titel erstaunlicherweise einmal mehr als üblich Inhaltsbezug hat (ganz im Gegensatz zum „Pharaoh’s Message“, denn kein Pharao hat irgendeine Nachricht verfasst) bildet hier keine Ausnahme, in allen diesen Punkten ist die Story sozusagen ein „typischer Nevis“. Der Autor mit dem geheimnisvollen Künstlernamen liebt offenbar Handys. In Sachen Mobilfunkgeräte kommt diesmal ein regelrechtes Smartphone zum Einsatz, welches sogar getippte Worte in Sprache umzuwandeln vermag. Zur Zeit, als die Story entstand, pure Zukunftsmusik.

Die Idee eine inzwischen etablierte Randfigur der Serie in den Fokus eines Falles zu rücken ist gut – dass es sich dabei um Rubbish George handelt, sogar noch besser. Er ist ohnehin ein interessanter Charakter, wie in diversen Büchern zuvor schon durchblitzt. Allein das Drumherum will nicht ganz einleuchten, wie etwa Layla, die in Ägypten aufwuchs und quasi „mal eben“ in die USA tingelt, um im kalifornischen Kleinstadtkaff Rocky Beach den verflossenen Lover ihrer Mom – wie auch immer sie ihn aufgespürt haben will – zu (be-)suchen. Wenn George wenigstens (vielleicht) ihr Vater wäre, könnte man die Motivation eher nachvollziehen, warum die Jugendliche gegen den Willen ihrer Mutter in die USA reist – doch es wird von vorneherein klargestellt, dass ihr leiblicher Vater Ägypter ist. Somit ist auch die Pace aus diesem Strang schon einmal raus.

Doch sie ist nicht die Einzige, die sich aufgrund wackliger Indizienlage aufs interkontinentale Parkett begibt, auch unsere (siebzehnjährigen!) Helden treibt es buchstäblich ja auch mutterseelenallein – nämlich ohne irgendwelche Begleitung, Konsultation oder auch nur Information der Erziehungsberechtigten – in den Moloch Kairo. Nun ja. OK, es ist eine fiktive Abenteuergeschichte. Ob die angepeilte Zielgruppe eingedenk ihrer Jugend die Räuberpistole jedoch so kauft, sei dahingestellt. Dem Erwachsenen stehen beim Gedanken an solch unverantwortlich handelndem Nachwuchs jedenfalls bestimmt sämtliche noch vorhandenen Haare zu Berge. Von pädagogisch wertvoller Vorbildfunktion, wie sie bei den drei ??? sonst anzutreffen ist, also keine Spur. Geopfert auf dem Altar des Actiongottes.

[Anmerkung des selbst erziehungsgenötigten Rezensenten: Liebe Kinder, macht das also zuhause nicht nach. Mama und Papa kriegen sonst nicht nur Ärger mit sämtlichen Behörden des Orients wie des Okzidents, sondern auch ’nen Kabelbrand im Herzschrittmacher, der sich proportional zum Anschwellen der Halsschlagader sowie diametral gegenläufig zum Füllstand des Taschengeldkontos verhält. Danke.]

Nun gut. Zurück zum Wesentlichen. An und für sich ist die Story stilistisch gut aufgezogen, das heißt, sie hat Pep, Tempo und Action in ausgewogenem Verhältnis. Die beinahe obligatorischen Serien-Klischees und auch sanft dosierte Komik sind vorhanden – Letztere bezieht die Geschichte hauptsächlich aus dem dienstbeflissenen Taxifahrer Alaa Edine, der – fast schon wie ein ägyptischer Morton – stets im rechten Moment und mit trockenen Kommentaren zur Stelle ist. Hierbei ist die englische Sprache besonders passend für den Plot, grade vor dem Hintergrund, dass sich die drei amerikanischen Jungs in einem fremden Land befinden und kein Wort Arabisch können. Wenn wenn man nun das teils gebrochene Amerikanisch der Dialoge über den Umweg des Deutschen darstellen will, geht unter Umständen zu viel verloren. So wirkt es jetzt natürlich authentischer.

_Conclusion_

Die rätselgetriebene Schnitzeljagd als solche ist bei den drei ??? nun wahrlich kein unbekanntes Thema, die orientalische Kulisse reißt es aber dann doch etwas raus. Nur allzu genau hinsehen sollte man eben nicht, dann merkt man, dass schon das Grundgerüst auf recht wackeligem Fundament steht. Schafft man den Sprung über so manche mindestens hüfthohe Plausibilitäts-Hürde, wird man aber mit einem spannend wie flott gestalteten Fall belohnt, der keine Langeweile aufkommen lässt und auch sonst unterhaltsam ausfällt. Das verwendete alltagstaugliche American English passt zu diesem Abenteuer besonders gut – der eingeenglischte Titel leider dafür überhaupt nicht. Unterm Strich bleibt Mittelmaß – nicht mehr, nicht weniger.

|Hardcover: 144 Seiten
OT: „Die drei ??? SMS aus dem Grab“ – Band 129
Erzählt von Ben Nevis nach Figuren von Robert Arthur
Ins Amerikanische von Chris und Tracey Huber
Redaktion: Ina Brandt
ISBN 978-3-440-12115-3|
[www.kosmos.de]http://www.kosmos.de

Über 80 weitere Rezensionen zu den Drei ??? gibts in [unserer Datenbank]http://buchwurm.info/book zu entdecken.

Schreibe einen Kommentar