Ian McDonald – Rebellin des Glücks

Gescheiterte Utopie

Am Ende des 21 Jahrhunderts: Dank der allmächtigen Computer ist die Welt perfekt; keine Kriege, keine Krankheiten bedrohen die Menschheit. Jedermann hat glücklich zu sein — oder er macht sich eines Verbrechens gegen die Gesellschaft schuldig. In der Megalopolis Yu lebt die Zeichnerin Courtney Hau ihr verordnetes glückliches Leben, bis einer ihrer Cartoons der allgegenwärtigen Glückspolizei missfällt. Courtney muss fliehen und lernt plötzlich die andere Seite ihrer Schönen Neuen Welt kennen. In einem düsteren Labyrinth unter der Stadt kämpfen die Ver­rückten und Verbannten von Yu ums Überleben — und träumen von einer Rebellion der Freiheit, die plötzlich Wirklichkeit werden kann. (verlagsinfo)

Der Autor

Der 1960 geborene Nordire Ian McDonald schreibt seit 1982 erfolgreich Science Fiction und Fantasy. In „Rebellin des Glücks“ (Out on blue six“, 1989) ist McDonald in diesem, seinem zweiten Roman noch reichlich epigonal, ebenso wie in Roman Nr. 1 – „Straße der Verlassenheit“ (Desolation Road, 1988; dt. bei Bastei) und Nr. 4, „Herzen, Hände und Stimmen“ (Hearts, Hands and Voices, 1992; dt. bei Heyne als Nr. 06/5009, 1993).

Lediglich der Fantasyroman „King of Morning, Queen of Day“ (1991, dt. bei Bastei-Lübbe) ist völlig eigenständig gelungen, ähnlich wie seine jüngsten Erfolge „Chaga oder das Ufer der Evolution“ (1995) und dessen Fortsetzung „Kirinja“ (1998, dt. 2000). Seine letzten bei uns veröffentlichten Romane waren „Narrenopfer“ (Sacrifice of Fools, 1996, Heyne Nr. 06/5981, 11/1998) und „Necroville“ (1994, Heyne 1996 als Nr. 06/5461).

Wem „Chaga“ und dessen Fortsetzung „Kirinja“ gefallen haben, der sollte auch den Kurzroman „Tendeléos Geschichte“ lesen, die in der Anthologie „Unendliche Grenzen“ von Peter Crowther enthalten ist (Bastei-Lübbe, 2002). Tendeléo erzählt vom Chaga in den Jahren 2010 bis 2015.

1) Strasse der Verlassenheit (1988)
2) Rebellin des Glücks (1989)
3) König der Dämmerung, Königin des Lichts (1991)
4) Herzen, Hände und Stimmen (1992)
5) Necroville (1994)
6) Chaga oder das Ufer der Evolution (1995)
7) Narrenopfer (1996)
8) Kirinja (1998)
9) Cyberabad
10) Die LUNA-Trilogie

„Viele Romane und Geschichten sind vom Nordirlandkonflikt geprägt, sehr häufig werden Interessengegensätze und Auseinandersetzungen zwischen Volksgruppen geschildert, die sich in Herkunft oder Religion unterscheiden. Beispielsweise handelt sein Roman „Narrenopfer“ von einem Konflikt zwischen Menschen und als Flüchtlingen eingewanderten Außerirdischen. In „Herzen, Hände und Stimmen“ prallen zwei Lebensweisen aufeinander, eine biologisch verwurzelte und eine technisch orientierte, wobei es angesichts der Frage, welche besser sei, keine Antwort gibt. Ein weiteres wiederkehrendes Thema bei McDonald ist der Konflikt zwischen High-Tech-Entwicklungen und den Verhältnissen in Entwicklungsländern.

Der Chaga-Zyklus (bislang bestehend aus der Kurzgeschichte „Zum Kilimandscharo“, den Romanen „Chaga“ und „Kirinya“ sowie der Novelle „Tendeléo’s Story“) schildert, wie biologische Pakete auf der Erde einschlagen und Zonen eines wild wuchernden fremden Lebens entstehen lassen, in denen die irdische Ökologie komplett absorbiert wird. Die Art und Weise, wie Menschen und Staaten damit umgehen, ob sie die Alien-Biologie als tödliche Bedrohung sehen oder als Chance für ein AIDS-Heilmittel begreifen, interessiert den Autor sehr. Die Reaktionen verraten viel über soziale Strukturen, Macht und Diskriminierung.

In dem Roman „River of Gods“ schildert McDonald ein in Einzelstaaten zersplittertes Indien des Jahres 2047, in dem Künstliche Intelligenzen auf Techno-Hinduismus treffen. Auch die Texte des Erzählungsbandes „Cyberabad Days“ spielen in dieser Welt.“ (Wikipedia.de)

Handlung

Knapp 500 Jahre sind seit der Katastrophe vergangen, in deren Gefolge die Polkappen schmolzen und sich das Gesicht der Erdoberfläche völlig veränderte. Eine neue Gesellschaftsordnung hat sich etabliert, die Mitfühlende Gesellschaft, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Glück eines jeden ihrer Bürger als oberstes Ziel anzusehen – selbst wenn er zu seinem Glück gezwungen werden muss.

Es ist eine Art kommunistisches Kastensystem, in dem die Menschheit wie in einem Korsett lebt, eingezwängt in Regeln, die von Behörden wie dem Amt für Glückseligkeit oder dem Ministerium für Frevel und Pein aufgestellt, von den Famuli und implantierten „Marken“ überwacht werden und für deren Einhaltung durch die GlücksPolizei gesorgt wird.

Doch die Jahrhunderte haben das System ausgehöhlt, es ist morsch und brüchig, bereit, beim kleinsten Anstoß von außen zu kollabieren. Die Zahl der Unzufriedenen, der Rebellen wächst, und einer davon könnte für den Zusammenbruch sorgen: die Comiczeichnerin Courtney Hall, die trotz Verbots einen satirischen Strip in der wichtigsten Nachrichtenzeitschrift der Megalopolis Yu veröffentlicht hat und vor der GlücksPolizei in den Untergrund flüchten musste.

Oder es ist der König von Nebraska und Victorialand, der zuvor als „Elektor“ von Yu die Geschicke der Gesellschaft gelenkt hat und über einen Mikrochip verfügt, auf dem das Wissen seiner Vorgänger gespeichert ist – der König herrscht jetzt über intelligente Waschbären und rüstet eine Expedition zum Ende der Welt aus.

Oder es ist die Gruppe vagabundierender Schauspieler, die als die Rasenden Apostel durch die Lande zeiehen; oder der Mann ohne Gedächtnis, der den Namen Kilimanjaro West annimmt und den ein Geheimnis umgibt; oder die Nachkommen der „Demokraten“ und „Kommunisten“, die ebenso wie viele andere den „Apparat“ suchen, die ultimative Waffe, die kurz vor dem Zusammenbruch der alten Ordnung fertiggestellt worden sein soll – der berühmte „MacGuffin“ also, der eigentlich gar nicht so wichtig ist, den aber alle haben wollen.

Unterm Strich

„Rebellin des Glücks“ beschreibt ein gescheitertes Utopia, ein beliebtes Thema in der britischen SF während der Thatcher-Ära. Es kombiniert Motive aus den SF-Romanen Heinleins, die Frau, die mehr lernt als der Rest der Menschheit , etwas Mystifikation à la A.E. van Vogt, die Amnesie-behafteten verborgenen Herrscher, einen Katalog von utopischen Elementen, ein Quentchen Grals-Queste sowie das übliche Schießen und Herumrennen, und zwar nicht zu wenig davon, so dass es dem Leser vortäuscht, da sei etwas los. Wie man sieht, ist McDonald in diesem, seinem zweiten Roman strukturell noch etwas epigonal. Durch seine Einfälle hinsichtlich der Figuren und der moribunden gesellschaft der Glückseligkeit hat er sich mit diesem Buch jedoch eine Anhängerschaft gesichert.

Taschenbuch: 364 Seiten
Originaltitel: Out on Blue Six, 1989.
Aus dem Englischen von Uwe Anton.
ISBN-13: 9783404241477

www.luebbe.de

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