Fielding, Joy – Herz des Bösen, Das

Sie wird einfach nicht müde. Auch mit 67 Jahren gehört Joy Fielding immer noch zu den festen Größen im Thriller/Drama-Genre. Immer noch erschafft sie zumeist weibliche Hauptcharaktere, die von der Persönlichkeit her kompliziert, vielschichtig und glaubhaft sind. In diesem Bereich macht der guten Frau niemand was vor.

Valerie Rowe, Hauptcharakter des neuen Werks von Joy Fielding, hängt der guten alten Zeit mit ihrem Ex-Mann hinterher und muss sich mit ihrer Tochter im Teenageralter herumschlagen (Technik, Jungs; Valerie steckt noch in den 70ies fest und hat ihre festen, ganz eigenen Ansichten). Das gipfelt in einem Ausflug mit Ex-Mann, seiner Geliebten und Vals Tochter. Ein Wochenende in dem Waldgebiet, in dem vor kurzem ein grausamer Mord die Bevölkerung erschüttert hat.

„Das Herz des Bösen“ zeichnet sich, wie schon „Schlafe nicht, wenn es dunkel wird“, abgesehen von der fehlenden Logik, durch einen trickreichen Hauptcharakter aus, der die Geschichte trägt, den Leser an die Hand nimmt und durch ihre Erlebnisse führt. Valerie ist tiefsinnig, vielschichtig und Joy Fielding lässt uns, wie gehabt, an der Denkweise ihrer Hauptperson teilhaben. Dabei fällt Val aber für Fielding’sche Verhältnisse ungewohnt naiv aus. Intelligent ist sie, keine Frage, aber ihre Gedanken kreisen zu sehr um Vergangenes. Rückblicke sind interessant, wenn sie den Charakteren mehr Tiefe und Leben verleihen. Die Rückblicke und Erinnerungen in „Das Herz des Bösen“ drehen sich aber in der Regel um Unwichtiges, um Sachen, die man aus dem normalen Handlungsverlauf erschließen kann. Und wenn dann zum gefühlt hundertsten Mal Bezug auf ihre frühere Ehe genommen wird, dann ist das einfach zu viel des Guten.

Aber der aktuelle Roman ist auch eine ganze Ecke spannender geworden. Sie bewegt sich zwar nicht mehr auf dem Niveau ihres absoluten Bestsellers „Lauf, Jane, lauf!“, aber Dramatik und Spannung haben doch deutlich zugenommen. Das macht irgendwo auch den Reiz ihrer Bücher aus – die weiblichen, immer leicht unterschiedlichen, aber im Grunde sympathischen Hauptpersonen, gemischt mit einer kriminellen Spannung und nahezu aus dem Nichts auftretender Gewalt. Nicht exzessiv, wie beispielsweise in dem umstrittenen Roman [„American Psycho“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=764 (jedoch ähnlich in ihrer Spontaneität), aber ausreichend, um den letzten Satz ungläubig noch einmal zu lesen.

Gelungen ist neben dem recht flotten, nachvollziehbaren Finale und dem Ergebnis dessen, was sich da aufgebaut hat, auch die Einleitung, der Prolog. Der gibt auch schon einen tollen Ausblick auf die Art und Weise, wie Joy Fielding die Geschichte von „Das Herz des Bösen“ erzählt (Stichwort: plötzliche Gewalt). Das Tempo wechselt insgesamt recht oft zwischen flotter Action (immer im Rahmen eines Joy-Fielding-Romans; dies ist kein Buch, in dem actionreiche Handlungen im Vordergrund stehen) und viel Handlung in kurzer Zeit und schier endloser Charakterporträtierungen.

Leider fällt die Übersetzung gelegentlich negativ auf. Der Satzbau wirkt stellenweise eins-zu-eins aus dem Englischen übernommen, ohne ihn wirklich unserer Grammatik und unserem Satzbau anzupassen. Selten sind auch einfach Fehler in der direkten Wortübersetzung vorhanden. Das trübt den insgesamt doch zufriedenstellenden Lesefluss ein wenig.

„Das Herz Des Bösen“ ist ein gutklassiker Joy-Fielding-Roman geworden. Die Handlung ist etwas fieser als in den vorherigen Werken, Valerie ist eine teils sentimental naive, teils interessante, aber nie zu humorvolle Hauptperson, Nebencharaktere besitzen den richtige Grad an Hintergrundgeschichte und fügen sich besser als in vergleichbaren Werken in die Handlung ein, harmonieren wundervoll miteinander, und spannend ist das Paket auch noch. Nicht ihr bestes Werk, aber auf einem sehr guten Weg, zu ihrer alten Stärke zu finden. Ideal für den dunklen Winter oder für abends im spärlich beleuchteten Schlafzimmer.

Originaltitel: Shadow Creek
Übersetzung: Kristian Lutze
Gebundene Ausgabe, 384 Seiten
ISBN-13: 978-3-442-31270-2
http://www.randomhouse.de/goldmann/

_Joy Fielding auf |Buchwurm.info|:_
[„Schlaf nicht, wenn es dunkel wird“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=556
[„Träum süß, mein Mädchen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4396
[„Nur der Tod kann dich retten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4933
[„Die Katze“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5789

_Dennis Hogrefe_

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