Harris, Charlaine – Ein eiskaltes Grab (Harper Connelly 3)

_Harper Connelly:_
Band 1: [Grabesstimmen 4704
Band 2: [Falsches Grab 5608
Band 3: _Ein Eiskaltes Grab_

Harper Connelly und Tolliver Lang sind keine Geschwister. Zwar traten sie in den vergangenen zwei Bänden zunächst als solche auf, aber damit ist es offenbar vorbei. Schon im letzten Band bemerkte Harper, dass sich ihre Beziehung zu ihrem Halbbruder (keine Blutsverwandtschaft) langsam wandelt und mittlerweile besteht auch Tolliver darauf, dass er nicht als ihr Bruder vorgestellt wird. Die Lektüre von „Eiskaltes Grab“, des dritten Bands der Reihe um Harper Connelly, verspricht also interessant zu werden!

_Diesmal verschlägt es_ Harper und Tolliver in das kleine Städtchen Doraville. In den vergangenen Jahren sind dort immer wieder Jungen verschwunden – acht insgesamt. Der damalige Sheriff hat der Suche nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt und statt dessen angenommen, dass es sich um jugendliche Ausreißer handelt. Doch nun wurde Sandra Rockwell zum neuen Sheriff gewählt und sie ist gänzlich anderer Meinung. Unterstützt in ihrer Annahme wird sie von Twyla Cotton, der Großmutter eines der Jungen. Da diese finanziell gut dasteht, hat sie beschlossen, die neuerlichen Ermittlungen anzuschieben, indem sie Harper engagiert, um die Leichen der vermissten Jungen zu finden.

Und das klappt auch ganz gut. Twyla, Harper und Tolliver fahren einige Orte an, die Twyla für verdächtig hält und tatsächlich findet Harper in einer Scheune ein Massengrab. Sogar mehr als die bisher vermissten Jungen liegen dort begraben. Sie wurden entführt, vergewaltigt, gefoltert und schließlich getötet. Harper ist genauso erschüttert wie die Einwohner der Stadt Doraville. Bisher hatte sie es nämlich noch nie mit einem Massenmord zu tun und die Grausamkeit der Taten ist nur schwer zu ertragen. Da Harper und Tolliver noch Zeugenaussagen machen müssen, können sie die Stadt nicht verlassen. Doch während sie fest sitzen, wird Harper brutal zusammen geschlagen. Und den Mörder gilt es ja auch noch zu finden.

_Harris versucht viel_ in dem schlanken 300-seitigen Buch unterzubringen. Da wäre auf der einen Seite der brutale Mord an den Jungen und die Tatsache, dass sie vergewaltigt und gefoltert wurden, um einem kranken Hirn sexuelle Lust zu verschaffen. Den Leser stößt das ebenso ab wie Harper und Tolliver. Harris konzentriert sich in der Serie bevorzugt auf Mordfälle, die an die Nieren gehen – meistens schon wegen der Jugend der Opfer. Harpers Abscheu, die Trauer der Einwohner, die Wut der Polizei, das Einfallen der Journalistenmeute – all das beschreibt Harris mit einem sehr genauen Blick für Details. Besonders überzeugend gelingt ihr dabei die Reaktion der Einwohner. Zwar stehen die meisten Harpers Begabung skeptisch gegenüber, doch sind sie gleichzeitig bereit, Harpers Einsatz zu würdigen. Und so wird sie zu einem Gedenkgottesdienst eingeladen, bei dem ihr viele der Anwesenden danken. Die Szene ist ergreifend, gerade weil Harper bisher mit ihrer Gabe auf so viel Widerstand und Feindschaft gestoßen ist.

Natürlich wollen auch die Menschen von Doraville ihr nicht nur Gutes. Zumindest der Mörder hat allen Grund sauer zu sein, schließlich hat sie ihm sein perfektes Verbrechen zunichte gemacht. Und so ist der Angriff auf Harper natürlich kein Zufall, auch wenn die Polizei ihm zunächst kaum Bedeutung bei misst. Mit einer Kopfwunde und einem angebrochenen Arm außer Gefecht gesetzt, bleibt Harper nichts anderes übrig, als in der Stadt aus zu harren. Und bei der Gelegenheit kann sie auch gleich den Mordfall lösen, schon allein aus Eigenschutz!

Der zweite Handlungsstrang des Romans ist die Beziehung zwischen Harper und Tolliver. Denn auch Tolliver will mittlerweile mehr von Harper als nur schwesterliche Gefühle. Sie bekommen die Chance ihre Beziehung neu zu definieren, als sie während eines Eissturms in einer Blockhütte am See festsitzen – der perfekte Ort für ein romantisches tête-à-tête. Glücklich über diese neue Ebene in ihrer Beziehung, rückt der aktuelle Mordfall für eine Weile in den Hintergrund und Harper und Tolliver nehmen sich die Zeit, den anderen nochmal ganz neu kennen zu lernen. Doch natürlich eignen sich einsam gelegene Blockhütten für zweierlei Dinge: Romantik und gruselige Action à la „The Last House on the Left“. Charlaine Harris nutzt das Setting für beides und so muss die arme Harper schlussendlich in der Wildnis vor dem wahnsinnigen Mörder fliehen. Genau der Showdown, den man sich als Leser erhofft hat! Es bleibt also bis zur letzten Seite spannend.

Allerdings sollte auch erwähnt werden, dass Harris in dem ohnehin schmalen Band viele Wiederholungen aus früheren Bänden einfügt, um neue Leser an die Hand zu nehmen. So erfährt man wieder und wieder, dass Harper und Tolliver eine schwere Kindheit hatten – ohne dass Harris der Erkenntnis Neues hinzufügen würde. Deren entfremdete Restfamilie (und Harpers veschollene Schwester) werden dem Leser immer wieder in Erinnerung gerufen, doch wäre es schön, wenn diese auch endlich eine tragende Rolle in der Reihe spielen würden. Irgendwann wird dieser Konflikt sicherlich in den Vordergrund rücken müssen – die Frage ist nur, für welchen Band der Reihe Harris sich das aufsparen wird.

_Trotzdem ist „Eiskaltes_ Grab“ wieder eine spannende Lektüre für eine mittellange Bahnfahrt: Eines dieser Bücher, die man mit Begeisterung in einem Rutsch verschlingen kann.

|Taschenbuch: 304 Seiten
ISBN-13: 978-3423211963
Originaltitel: |An Ice Cold Grave|
Deutsch von Christiane Burkhardt|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de
[www.charlaineharris.com]http://www.charlaineharris.com

_Charlaine Harris beim Buchwurm:_

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