Haubold, Frank W. – Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (Band 1)

_Zur Story_

25 Jahre ist es her, seit die denkwürdige Weltraum-Schlacht gegen die geheimnisvollen Burgons bei Joyous Gard durch einen einzelnen Kampfpiloten entschieden wurde. Die unsichtbaren und nahezu unverwundbaren Alien-Schiffe streiften schon lange durch die äußeren Territorien der irdischen Föderation und griffen immer wieder Planeten oder die durchs All reisenden Nomadenstädte an – für die Streitkräfte, trotz großangelegter Mobilmachung, ein kaum zu lösendes Problem. Bis zu jenem Tag, als Christoph Rilke, ein junger Falken-Pilot, die Wendung herbeiführte – sie jedoch mit dem Leben bezahlte. Lucky Blow oder ESP-Befähigung? Zunächst unerheblich. Immerhin hatten die Menschen dank ihm nun endlich eine Idee davon, wie man den offenbar künstlich gezüchteten, lebenden Raumschiffen beikommen kann. Die dezimierte Burgon-Flotte flüchtete daraufhin jedenfalls und verschwand einstweilen spurlos.

Doch einer traut dem nunmehr einem Vierteljahrhundert dauernden Frieden nicht und harrt, quasi seit er ein junger Offizier bei der Schlacht damals dabei war, auf die Wiederkehr der Aliens: Raymond Farr. Der Colonel ist inzwischen Kommandant der Pendragon Base, einem vorgeschobenen, militärischen Außenposten der Menschheit. Er ist überzeugt davon, dass die Ruhe trügerisch ist und dass die Burgons, im Falle einer neuen Angriffswelle, genau hier als Erstes zuschlagen werden. Er hat auch längst eine Theorie entwickelt, wer die wahren Herren hinter den Invasoren sind. Doch all diese langjährig akribisch zusammengesammelten Erkenntnisse behielt er bislang lieber für sich. Als er seiner wissenschaftlichen Leiterin Captain Miriam Katana auf der Basis näher kommt, plaudert er ihr gegenüber dennoch aus dem Nähkästchen – zunächst nicht wissend, dass seine Geliebte drastische Rachegelüste gegen die Aliens hegt. Und sie ist im Besitz einer potenten Waffe, diese durchzusetzen.

_Eindrücke_

„Die Gänse des Kapitols“ klingt als Titel nicht nur für SciFi-Roman zumindest höchst ungewöhnlich und Autor Frank W. Haubold lässt den Leser auch erst mal ein wenig zappeln, bevor er geschickt den inhaltlichen Bezug dazu herstellt. Der Zugang zum Roman ist jedoch leicht und gelingt vom Start weg. Der etwas prosaisch gehaltene „Drachentöter“-Prolog führt uns über seine kurze Heldengeschichte in eine Zukunft mit interstellarem Raumflug und kolonialisierten Planeten bzw. nomadisierenden Habitaten. Technik ist natürlich ein Thema, tritt jedoch nicht so überkandidelt in den Vordergrund wie bei anderen Storys oder Serien. Sie ist da und wird ganz selbstverständlich benutzt. Dabei ist sie von der Heutigen gar nicht so weit entfernt, was das Verständnis des Lesers nicht strapaziert. Mit Begriffen wie beispielsweise „ComPad“ oder „ALLnet“ dürfte jeder – auch ohne große Erklärungen – auf Anhieb etwas anfangen können.

Neben den Menschen der Föderation gibt es als hauptsächliche galaktische Mitspieler noch die Splittergruppe der Goleaner – den mutmaßlichen Schöpfer der Burgons – und die ominösen Gestaltwandler, „Angels“ genannt. Die sind in ihren Motiven eher undurchsichtig und nur selten mischen sie sich in die Geschicke der Menschen ein. Ebenfalls zu den Major-Playern gehört noch ein religiöser Orden, der auf einem autonomen Planeten beheimatet ist und ebenfalls offenbar gern sein eigenes Süppchen kocht. Speziell die Burgons erinnern TV-Kenner bestimmt rudimentär an selige Zeiten von „Babylon 5“, wo die „Schatten“ ganz ähnlich ausgelegt waren. Es gibt durchaus noch weitere Parallelen zu dieser und diversen anderen Serien. Von „Starship Troopers“ bis „Star Trek“ sind eine Menge Elemente dabei, von denen insbesondere der Genre-Fan die gelungene Mischung sicherlich attraktiv finden dürfte. Ohne, dass das Ganze aufgesetzt oder gar schlicht kopiert wirkt.

Es ist in der inzwischen so dichten und reichhaltigen literarischen Welt schließlich gar nicht so einfach, sich mit eigenen Ideen zu positionieren. Nicht nur im SciFi-Genre. Die Story ist von vorneherein als Mehrteiler ausgelegt, da nimmt es kaum Wunder, dass vordergründig kräftig Character-Buildup betrieben wird. Ja, betrieben werden muss. Peu á peu lernt man die Figuren näher kennen und freut sich über so die zumeist interessante Gestaltung derselben. Ob Farrs schräger Kumpel Johnny mit seinem nörgeligen KI-Computer, als eine Art Marlowe-für-Arme, Batista der orakelnde „Angel“oder der schwer einzuschätzende Pater des Marien-Ordens und nicht zuletzt die mysteriöse Miriam Katana mit ihrer nebulösen Vergangenheit – alles deutet darauf hin, dass sich da zukünftig noch mächtig was zusammenbraut.

_Fazit_

„Die Gänse des Kapitols“ mag einen recht seltsamen Titel haben, drin steckt allerdings eine flott wie spannend erzählte SciFi-Geschichte, bei der auch Federvieh zwar vorkommt, sich die Handlung aber vielmehr auf ganz andere Sachen konzentriert. Liebe etwa. Überraschend für einen Roman, dessen Covertext eher auf das Military-Subgenre hinweist? Nun ja, wie gesagt: Die Mixtur ist äußerst interessant. Man darf gespannt sein, wie die im Auftaktband gesponnen Fäden zusammenlaufen. Bis zum Ende des Buches haben sich immerhin drei unterschiedliche Erzählstränge ausgebildet und Raymond Farr, nebst seiner bunten Crew, werden wohl auch weiterhin, von ihrem Erfinder Frank W. Haubold, ordentlich auf Trab gehalten – und wenn schon, dann gewiss nicht an Langeweile sterben. Genug Action wird geboten. Einstweilen weist der wurmlochgroße Rezensentendaumen klar in Richtung Weltall.

|Taschenbuch, 244 Seiten
Covergestaltung: Timo Kümmel
Lektorat und Satz: André Piotrowski
Atlantis-Verlag, April 2012
ISBN 978-3-86402-030-8|
http://www.atlantis-verlag.de

_Frank W. Haubold bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Legende von Eden (und andere Visionen)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1990
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