Hohlbein, Wolfgang – Verfluchten, Die (Die Chronik der Unsterblichen, Band 8)

Seit einer Ewigkeit – und das ist hier wörtlich zu verstehen – reisen die Gefährten Andrej Delany und der Nubier Abu Dun nun bereits durch die Weltgeschichte. Das Rätsel um den Ursprung und die Geheimnisse ihrer Existenz als Vampyre treibt sie unermüdlich voran. Mehr als einmal haben sie auf ihrer gemeinsamen Reise Kopf und Kragen riskiert, nur um einer noch so vagen Spur nachzugehen. Mehr als einmal musste ihre Freundschaft einer Zerreißprobe standhalten und mehr als einmal war das Angebot aufzugeben allzu verführerisch. Und doch haben sie ihren Weg nie aus den Augen verloren.

Länger als ein Menschenleben währt nun schon ihre Freundschaft, die im fernen Transsylvanien des 13. Jahrhunderts unter einem unglücklichen Stern begonnen hat. Als Feinde standen sich die beiden ungleichen Charaktere auf dem Sklavenschiff des Nubiers gegenüber und kämpften erbarmungslos auf Leben und Tod.

Nun stehen sie Seite an Seite im Sand der lybischen Wüste und haben Jahrhunderte ins Land gehen sehen, Kriege ausgefochten und nur in wenigen Momenten gespürt, wie sich Frieden im Herzen anfühlt. Beide haben sie auf dem langen Weg Geliebte und Freunde verloren und einzig die Erkenntnis gewonnen, dass Vertrauen und Aufrichtigkeit zu den rarsten Eigenschaften der Menschen gehören. Geblieben ist ihnen ihre Freundschaft, die unter der Fassade von sarkastischen Sticheleien tiefer geht, als sie sich jemals eingestehen würden. Bis jetzt.

Nachdem sie gemeinsam Himmel und Hölle erlebt haben, droht nun das Band zwischen ihnen zu zerreißen. Der Grund – wie könnte es anders sein – sind eine Frau und unangenehme Erinnerungen an längst vergangene Zeiten.

Seit Tagen sind die beiden Helden von einem Meer aus Sand und Fels umgeben und fernab jeglicher Zivilisation – so scheint es. Doch ehe sie sich der Gefahr bewusst werden, tritt ihnen eine Horde Sklavenhändler entgegen. Zwar bedarf es nur weniger Schwerthiebe und Faustschläge um der Situation Herr zu werden, doch insbesondere bei Abu Dun hinterlässt diese Begegnung Spuren.

Er vermutet hinter diesen Sklavenhändlern jene Organisation, die auch ihn einst versklavte und, als Folge dieser Gefangenschaft, auf den Weg brachte, selbst Sklavenhändler zu werden. Nach unablässiger Suche scheint der Nubier nun dem Versteck dieser Bande auf die Schliche gekommen zu sein. Doch der einzige Weg, Zugang zu ihrer Festung zu bekommen, scheint, sich freiwillig in die Hände seiner Todfeinde zu begeben. Andrej, der nur wenig Begeisterung für dieses selbstmörderische Vorhaben aufbringen kann, bringt es dennoch nicht über das Herz, seinen Freund im Stich zu lassen.

Doch als sie dem Oberhaupt Ali Jhin und seiner Räuberhorde unbewaffnet gegenübertreten, kommen ihnen berechtigte Zweifel am Sinn ihres Plans. Etwas voreilig scheinen sie sich in dieses Abenteuer gestürzt zu haben.

Als wäre diese Erkenntnis nicht Strafe genug, muss Abu Dun zusehen, wie sein bester Freund dem Zauber einer mysteriösen und unheimlichen Frau verfällt – Meruhe, Gefangene und im selben Moment Herrin der Sklaven mit uneingeschränkten Befugnissen.

Nicht das erste Mal bedroht eine Frau das Schicksal ihres gemeinsamen Weges, aber nie stand ihre Freundschaft derart auf Messers Schneide. Zu allem Überfluss in einem Moment größter Bedeutsamkeit für die beiden Vampyre, denn sie treffen auf Wesen ihrer Art, die so alt wie die Erde selbst sind. Noch nie waren sie so nahe daran, das Geheimnis um ihre Unsterblichkeit zu lüften.

An dieser Stelle wäre es fatal, auch nur ein weiteres Wort zum Inhalt zu verlieren, denn Wolfgang Hohlbein schafft es über die gesamten 530 Seiten, die Spannung auf einem abscheulich hohen Niveau zu halten. Abscheulich, weil der Leser des Gefühls der inneren Anspannung und nervenzerreißenden Erwartung auf die folgenden Seiten einfach nicht abkömmlich wird. Um nicht vollständig das Nervengerüst zum Einsturz zu bringen, spickt Hohlbein den Text mit feinsten Spitzen schwarzen Humors und einem guten Maß an Action. Für Liebhaber der Buchreihe sind diese Kriterien wohl aber eher sekundär. Was zählt, ist schließlich der Inhalt. In diesem Punkt lässt es sich leider nicht ohne kritische Worte auskommen.

Ein Manko, das auch in den Vorgängerbüchern schon zum Tragen kam, ist die Wiederholung einiger Handlungsschemata. Die schöne Unbekannte mit dem dunklen Geheimnis, die Freundschaft der Protagonisten auf dem Prüfstand, .. alles schon gehabt. Was in Band sieben noch ungeheuer gestört hat, kompensiert Hohlbein hier durch die Dynamik seiner Erzählung und gleicht es durch Fortschritte in der Gesamthandlung aus. Explizit soll das heißen, dass der rote Faden, die Suche nach dem Geheimnis der Unsterblichkeit, endlich weitergesponnen wird. Während die vorangegangenen Episoden eher schmückendes Beiwerk waren (man hätte sicherlich inhaltlich auf Band 3 und 7 gut verzichten können), wird hier wieder fokussiert und der Blick auf das Wesentliche gerichtet. Zumindest in dem Rahmen, den ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt des vorliegenden Bandes ihm lässt. Denn bedeutsam ist selbstredend auch der längst überfällige Einblick in die Vergangenheit des Nubiers. Während Andrejs Geschichte bereits mit den ersten Bänden wesentlich abgedeckt ist, bleibt Abu Dun über lange Strecken zweidimensional. Allein aus diesem Grund ist das Buch bereits ein Gewinn für die Serie.

Summa summarum lässt sich festhalten: Nichts Neues, aber viel Gutes. Der achte Band der |Chronik der Unsterblichen| macht endlich wieder Lust auf mehr.

© _Stefanie Borgmann_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

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