Band 1: [„Botschafter der Schlacht“ 2719
_Story_
Der in Kislev nicht unumstrittene Botschafter des Imperiums, Kaspar von Velten, steht arg in der Kritik, weil er den Menschenschlächter Sascha Kajetan auf seinem Streifzug nicht getötet hat. Stattdessen hat der wahnsinnige, aber unheimlich talentierte Schwertkämpfer die Gnade erfahren, in den Kerker der Teschekisten gesperrt zu werden, damit Kaspar und seine Gefolgsleute vor Kajetans endgültigem Todesurteil analysieren können, was ihn zu diesen vielen grausamen Morden und seiner gespaltenen Persönlichkeit geführt hat. Doch ausreichend Gelegenheit, sich um diese Belange zu kümmern, hat der Botschafter nicht. Der Winter ist in Kislev eingekehrt und mit ihm der Tod, verursacht durch die brutale Kälte, der sich neben den Kisleviten auch noch tausende Soldaten des Imperiums vor den Stadtmauern ausgesetzt sehen, sowie durch eine rätselhafte Seuche, die von übergroßen, seltsamen Ratten übertragen wird. Von Letzterem erfährt von Velten nur über Dritte, denn erst als sein alter Genosse Pavel zu Tode zerfleischt in die Botschaft gelangt, kann er die Spur dieser Krankheit aufnehmen und verbündet sich hierzu ausgerechnet mit seinem Erzfeind Tschekatilo und dessen Handlanger Rejak, die ebenfalls die Ursachen der Rattenplage erforschen wollen. Gemeinsam stoßen sie auf einige dunkle, schier unverwundbare Gegner, die zur bis dato größten Bedrohung für ganz Kislev werden könnten.
Währenddessen plagen Kaspar die Ungereimtheiten in seiner Beziehung zu Anastasia; sie ist ebenfalls nicht mit dem Entschluss, Kajetan in die Stadt zurückkehren zu lassen, einverstanden, und nach einigen Auseinandersetzungen kommt es zum Zerwürfnis. Und auch seine Freundschaft zu Pavel wird auf eine harte Probe gestellt, denn nachdem ihn der bullige Gefährte aus Kislev ein weiteres Mal verraten hat, stellt ihm von Velten ein Ultimatum. Doch Pavel scheint zu schwach und versinkt endgültig in seiner Würde.
Kaspar und die eisige kislevitische Tzarin stehen vor einem gewaltigen tödlichen Chaos, denn zur gleichen Zeit, als die Seuche Teile der Bevölkerung von Kislev dahinrafft, nähert sich Hochtzar Aelfric Ceyenwulf mit einer riesigen Armee seiner Stammeskrieger und einer mächtigen Geheimwaffe von Norden her der Grenze des Imperiums und wird bereits in kurzer Zeit einen vernichtenden Angriff starten …
_Meine Meinung_
Der „Sturm des Chaos“ geht bereits im zweiten Band in die Entscheidung und legt dabei, im Vergleich zum eröffnenden Buch, ungemein an Tempo zu. War „Botschafter der Schlacht“ lediglich ein netter, wenn auch brutaler Einstieg ohne wirkliche Höhepunkte, lässt Graham McNeill es in „Die Fänge des Bären“ so richtig krachen und kratzt an wirklich an allen Ecken der umfassenden Handlung das bislang noch versteckte Potenzial heraus. Kaum zu glauben, dass in beiden Büchern derselbe Autor am Werk war …
Im Gegensatz zum Vorgänger wird der Leser hier von Anfang an (und dies keinesfalls wegen der Vorkenntnisse) mitten in den Strudel der noch einmal weitaus blutigeren Ereignisse gezogen und sieht sich auf einmal mit ungeahnt vielen, nervenaufreibenden Nebensträngen konfrontiert. Geschickt verbindet McNeill die neu entworfenen, bedrohlichen Szenarien mit den vorangegangenen Geschehnissen, flicht dabei eine Vielzahl neuer Protagonisten ein und stärkt gleichzeitig die Rolle der bereits bekannten Figuren.
Vor allem Kaspar von Velten, im ersten Buch noch eine recht unauffällige Hauptperson, entwickelt sich nach und nach zum zentralen Drahtzieher und erfüllt seinen Part in der Geschichte endlich mit der nötigen Überzeugung, wie sie von einem führenden Charakter auch gefordert wird. Dazu entwickeln die übrigen Figuren Eigenschaften, die man von ihnen kaum vermutet hätte. So scheint Kajetan zum Beispiel plötzlich zur Reue gekommen sein und wird trotz seiner grausamen Vergangenheit zu einem indirekten Sympathieträger, von dem ein Gros des weiteren Verlaufs abhängt. Auch der hinterhältige Tschekatilo entwickelt Züge, die gar nicht zu seinem Rang passen wollen, wobei sich sein wahres Naturell zwischendurch dann doch wieder zeigt. Ganz anders hingegen der zum Säufer verkommene Pavel, der mehr als eine Chance vertut, um sich für Kaspars Vertrauen zu revanchieren. Immer wieder überrollt ihn sein vorheriges Leben als Verbündeter Tschekatilos, aus dessen Abhängigkeit er anscheinend nie herausgeraten kann. Ebenfalls recht eigenartig verhält sich Anastasia nach der Rückkehr ihres geliebten Botschafters; immer deutlicher spürt von Velten, dass es ihr gar nicht um ihn geht, sondern dass er nur die Rolle eines Handlangers erfüllt, der bei Ungehorsam nicht weiter erwünscht ist. Und dies seien nur kurze exemplarische Kurzbeschreibungen über die vielfältigen Entwicklungen der individuellen Charakterzüge …
So vielseitig die handelnden Personen, so spannend die Handlung selber. McNeill reißt uns von einem tragenden Ereignis zum nächsten, wirft den Leser vom Paradies zurück in die Hölle und hat nach jedem offenbaren Höhepunkt noch einen weiterem Trumpf in der Hinterhand, mit dem es ihm gelingt, die Spannung zusätzlich zu steigern. Dabei überschlagen sich die Ereignisse in „Die Fänge des Bären“ regelrecht. Die Beziehungen, die bis zuletzt unschlüssige Rollenverteilung, die Bedrohung durch die Ratten, die anstehende Entscheidungsschlacht – bis zur letzten Seite wird man zwischen den bedeutsamen Szenarien hin- und hergerissen, und doch kann sich der Autor auch bis zum letzten Satz immer noch steigern. Wobei das Finale sowieso eine der Sternstunden der „Warhammer“-Buchreihen ist.
Zugegeben, insgeheim hatte ich mit dieser kurzen Serie schon abgeschlossen, doch erfreulicherweise hat McNeill noch einmal die Kurve bekommen und den bis hierhin noch harmlosen Plot zu einem temporeichen, mit Fantasy-Elementen gespickten Thriller modelliert, der für jede einzelne langatmigere Zeile aus „Botschafter der Schlacht“ entschädigt.
Fazit: Auch wenn der Auftakt skeptisch stimmt: „Sturm des Chaos“ sollte man gelesen haben!
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