Moore, Christopher – Fool

_Inhalt_

Der Hofnarr Pocket befürchtet das Schlimmste, als sein Brotgeber König Lear seinen Töchtern die Frage stellt, wer von ihnen ihn am meisten liebt. Nicht eben überraschend kommt es zum Eklat und Pocket muss die Zähne zusammenbeißen: Die letzten Jahre hatte er ein Dach über dem Kopf, nannte ein paar Freunde sein eigen und musste nicht hungern. Jetzt dagegen zieht er im britannischen Winter mit einem König durch die Lande, der dem Wahn verfallen ist, sein leicht retardierter Auszubildender ist in der Hand eines Feindes und die verehrte Prinzessin weit entfernt.

Intrigen bedrohen den verblendeten König und seinen Narren von allen Seiten – gut, dass zumindest der alte Kent loyal ist, im Gegensatz zu den ganzen anderen wetterwendischen Nattern in des Königs Umfeld.

Pocket mag aber nicht nur stillhalten und zusehen, wie sich die Schlinge enger zieht, gegenteilig mischt er kräftig mit. Dass sich ein aufdringlicher Geist die ganze Zeit in seine Angelegenheiten einmischt, zerrt allerdings gehörig an seinen Nerven, und die Hexen, die er aufsuchen muss, machen die Situation nicht eben weniger gruselig.

Pocket bemüht sich nach Kräften, die Angelegenheit so zu drehen, dass es für ihn und seine Lieben von Vorteil ist. Dumm nur, dass er sich im Laufe der Zeit fragen muss, wer denn überhaupt seine Lieben sind. Im rauen Umfeld des drohenden Bürgerkriegs werden die Karten neu gemischt, und fast scheint es, als könnte der wortgewandte Narr sich diesmal nicht aus allem herausreden. Andererseits: Wozu gibt es schon übernatürliche Unterstützung, wenn nicht für die ganz hoffnungslosen Fälle?

_Kritik_

Pocket ist nicht einfach nur ein Hofnarr. Er ist eher so eine Art Inbegriff des Hofnarren, eine grimmige Waffe der Wahrheit in schwarzer Kleidung und mit lustigen Glöckchen an Kappe und Schuhen: Unzählige Leute fordern seinen Kopf, und er versteckt sein gutes Herz unter jeder Menge schrecklicher Äußerungen, Beleidigungen und allgemeiner Unflätigkeit.

Dass aber wirkliche Bosheit ihn immer noch schockieren kann, wird im Laufe der Geschichte doch offensichtlich, und man bringt dem fragwürdigen kleinen Mann einiges an Sympathie entgegen. Auch die anderen Charaktere sind schön geschaffen, teilweise zwar eng an die Eigenschaften angepasst, die sie seit des britischen Meisters Zeiten haben, teils aber auch herrlich ambivalent.

„Fool“ ist ein saumäßig dreckiges Buch, steckt aber voller Intelligenz. Wer nicht zimperlich ist, wird definitiv seinen Spaß haben. Es ist stilistisch homogen, wenngleich manchmal weit jenseits der Grenzen des guten Geschmacks.

Moore hat eine Art Parallelrealität erschaffen; nachdem er sich die Hintergründe zu Shakespeares „König Lear“ angeguckt hatte und verzweifelt war, hatte er entschieden, dass die Recherchen so weit auseinander liegende Fakten zu Tage fördern, dass man sie am besten nur als grobe Richtlinie benutzt. Und darin ist er einfach virtuos – wenn man nicht zu denjenigen gehört, die angewidert die Miene verziehen, weil sich ein nicht unwesentlicher Teil des Buches unter der Gürtellinie abspielt, kommt man aus dem Lachen nicht mehr heraus. Es hilft übrigens, wenn man „König Lear“ mal gelesen hat, wirklich notwendig ist es aber nicht für das Verständnis des Romans.

Moore hat brillante Einfälle, die er auf ebenfalls brillante Art und Weise umsetzt; seine Romane sind immer wie aus einem Guss und ohne jede Disharmonie in der Gesamtwirkung – was nicht heißt, dass sie nicht teilweise widerwärtig sein können. Widerwärtig, todkomisch, charmant und genial.

_Fazit_

Christopher Moore ist jetzt schon ein Kultautor, und ein Ende seines Schaffens ist glücklicherweise nicht abzusehen. Natürlich ist es Geschmackssache, ob man mit seinem derben Humor klarkommt oder nicht, allerdings ist die Intelligenz seiner Bücher schon ein bisschen Überwindung Wert, wenn man sich anfänglich nicht sicher ist.

Ich persönlich finde, dass jeder Christopher Moores Bücher lesen sollte. Er ist ein komisches Genie und jeder Verehrung Wert.

|Taschenbuch: 352 Seiten
Originaltitel: Fool
Deutsch von Jörn Ingwersen
ISBN-13: 9783442542598|
[www.randomhouse.de/goldmann]http://www.randomhouse.de/goldmann/index.jsp
[www.chrismoore.com]http://www.chrismoore.com

_Christopher Moore bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Bibel nach Biff“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=846
[„Ein todsicherer Job“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3310

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