Parker, Robert B. – Back Story – Ein Spenser-Krimi

_Zeitkritik: der Fluch der Hippies_

Die Freundin von Spensers Ziehsohn Paul Giacomin bittet den Privatdetektiv um Aufklärung, wer für den Mord an ihrer Mutter Emily Gordon verantwortlich. Emily wurde bei einem Banküberfall erschossen – vor 28 Jahren! Für sechs Donuts übernimmt Spenser den Fall. Doch als sowohl das FBI als auch ein Gangster ihn an der Ermittlung hindern wollen, weiß er, dass viel mehr dahinter stecken muss …

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet: „Alte Wunden“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Die Schauspielerin Daryl Gordon nennt sich Daryl Silver, als sie mit Spensers Ziehsohn Paul Giacomin, der jetzt Regisseur am Theater ist, zu Spensers Bürotür hereinspaziert. Sie hat sechs Krispy Kreme Donuts mitgebracht – Geschenk oder Bezahlung? Letzteres, wie sich herausstellt: Der Privatermittler soll herausfinden, wer Daryls Mutter Emily auf dem Gewissen hat – nach 28 Jahren!

Emily Gordon war ein Mitglied der Hippie-Generation, wie es Daryls Vater Barry heute noch ist – in San Diego. Doch Emily geriet irgendwie von der sonnigen Westküste ins neblige Boston. Dort wollte sie auf einer Bank Reiseschecks einlösen. Sie geriet in einen Banküberfall, der von der radikalen Dread Scott Brigade verübt wurde, und wurde erschossen. Spenser bohrt mehrfach nach: Emily Gordon hatte einen schwarzen Freund namens Leon Horton alias „Coyote“. Und der Anführer der Dread Scott Brigade, Abner Fancy, nannte sich Shaka, nach dem Häuptling Shaka Zulu. Es waren die Tage der Revolution.

Die Cops haben den Fall bis heute nicht gelöst. Trotz Überwachungsfotos und Zeugenaussagen. Bemerkenswert. Ein Vermerk in der Akte macht Spenser stutzig: Eine Ermittlungsakte vom FBI sollte unterwegs sein, traf aber nie ein. Er spricht mit dem FBI-Stationsleiter vor Ort, SAC Nathan Epstein, der das Fehlen der Akte auch sonderbar findet. Doch eine Andeutung macht auf Spenser Eindruck: Entweder haben die FBI-Leute mit den Akten geschlampt – sie sind nicht bekannt dafür – oder es handelt sich um eine Vertuschungsaktion der Bundespolizei.

Als zwei Typen in Spensers Büro auf ihn warten und sagen, sie seien von der Regierung, verlangen sie, er solle seine Schnüffelei einstellen. Offenbar ist er jemandem auf die Zehen getreten. Sie sollen sich verpissen. Aber dann taucht eine ernstzunehmendere Figur auf: „Harvey“ ist offensichtlich ein professioneller Killer. Und wie Spenser von Vinnie Morris und Hawk erfährt, arbeitet „Harvey“ für den Bostoner Gangster Sonny Aronofsky. Als Spenser diesen Typen besucht, schreit der ihn an, er solle die Finger von seiner „Familie“ lassen. Familie?

Jedenfalls findet Spenser es bemerkenswert, dass sowohl FBI als auch Gangster alles tun, um ihn vom Fall Emily Gordon abzuhalten. Als er den pensionierten FBI-Ermittlungsleiter von damals besucht, stellen ihm einige Killer eine Falle. Spenser entkommt mit knapper Not, doch wird ihm klar, dass an dieser Sache viel mehr dran ist, als er gedacht hat. Er tut sich mit seinem besten Freund Hawk zusammen, damit der seinen Hintern deckt.

Eine weise Maßnahme, wie sich schon bald erweist …

_Mein Eindruck_

Diese Story versetzt den Leser in die Zeit der ausgehenden Hippie-Ära und der radikalen Studentenbewegungen. Beide werden im Rückblick und in ihren Auswirkungen äußerst negativ bewertet. Dabei ist der Autor keineswegs besonders genau und legt auch keine besondere Sachkenntnis an den Tag. Er setzt das Wissen um die acht Jahre zwischen 1966 (der wahre „Summer of Love“) und dem Jahre 1974, nach Watergate, Studentenrevolution und Rassenunruhen, als bekannt voraus. Es hieße, Eulen nach Athen zu tragen, würde er die Fakten hier nochmals wiederholen.

Außerdem geht es zwar um die Bewältigung dieser Ära, aber auch um die Auseinandersetzung mit der Behandlung jener Ereignisse durch die Behörden. Im Fall des Bankraubs stellt sich heraus, dass das FBI einen sehr guten Grund hatte, um die ganze Sache zu vertuschen: Einer ihrer Informanten war der Fahrer des Fluchtfahrzeugs. Das durfte keinesfalls bekannt werden. Als Folge davon schloss das FBI einen Schutzpakt mit dem Informanten. Als dieser sich zum Drogengangster mauserte, konnte ihm kein Richter und kein Cop am Zeug flicken: Das FBI hielt die Hand über ihn. Bis Spenser kommt.

Aber nicht nur die Agenten der Bundespolizei wollen ihn deshalb um die Ecke bringen, sondern auch ein Gangster namens Sonny Karnofsky. Die Hintergründe sind Spenser und seinem Kumpan Hawk bis zum Finale unbekannt, doch sie machen Spenser das Leben sauer, und sogar Susan muss beschützt werden.

Doch Sarnofsky wohnt in Paradise, einem schick gewordenen Fischerdörfchen nördlich von Boston. Hier ist Jesse Stone der Polizeichef. Und sobald Stone einmal von Spenser und seinen Leuten bei der Staatspolizei (Healy) in die Sache eingeweiht worden ist, erweist er sich als äußerst hilfreich. Denn ihm ist die Anwesenheit eines Gangsters in seinem Städtchen ebenfalls schon lange ein Dorn im Auge. Also hilft er Spenser mit Informationen aus seiner Überwachungstätigkeit. Spenser hat Hochachtung vor dem Mann: „not a smalltown shitkicker“ lautet sein höchstes Lob.

Und so kommt es, dass Spenser endlich die beste Freundin von Emily Gordon ausfindig macht. Und auch den Grund, warum Karnofsky überhaupt von „Familie“ sprach, als Spenser ihn auf Emily ansprach. Und dabei treten die Folgen der sexuellen Freizügigkeit unter den Hippies wieder mal sehr deutlich zutage. Und auch die Gründe, warum Emily Gordon an jenem Tag in der Bank erschossen wurde.

_Unterm Strich_

Ich fand diesen „Spenser“-Krimi zwar recht spannend, aber wenig unterhaltsam. „Bad Business“ war wesentlich unterhaltsamer und lustiger, ein Thriller wie „Trouble in Paradise“ actionreicher. „Back Story“ weist zwar ein interessantes Sujet auf, doch der Autor macht zu wenig daraus. Die Kollaboration von FBI und Verbrechern auf der Ebene von Spitzeln ist sattsam bekannt und vielfach von Autoren aufgegriffen worden. (Erst gestern kam die Meldung, fünf deutsche Polizeibeamte hätten den Hell’s Angels Informationen zugesteckt.)

Die Konfrontation Spensers mit dem alten FBI und den Verbrechern sorgt zwar für jede Menge Actionszenen, doch wenn es um Wissen über die Hippies, die Studentenrevolte und die Rassenunruhen in den USA geht, liefert der Autor nichts an Hintergrundinformationen. Die muss der deutsche Leser gefälligst selbst mitbringen, oder er ist reichlich verwirrt. Es wäre recht empfehlenswert, sich über jene bewegte Zeit zu informieren. Dass die Vergangenheit nämlich keineswegs tot ist, zeigen unter anderem die Aufhebung des Strafbefehls gegen DOORS-Sänger Jim Morrison nach rund 40 Jahren und die Weiterverfolgung von Roman Polanski durch US-Gerichte, ebenfalls nach fast 40 Jahren.

Bemerkenswert ist dieser „Spenser“-Krimi auch durch den Auftritt von Jesse Stone, dem Polizeichef von Paradise. Stone stellt die Zentralfigur zahlreicher weiterer Krimis von Robert B. Parker dar, und ich habe über ein halbes Dutzend davon bereits vorgestellt. Wie stets sorgen zahlreiche Anspielungen auf Literatur und Film für Erheiterung und ironische Seitenhiebe. So ist zumindest für Amüsement gesorgt. Dies ist beileibe kein langweiliger Roman. Aber der deutsche Leser muss sein Scherflein beitragen, um seine Tiefe zu würdigen.

|Taschenbuch: 291 Seiten
ISBN-13: 978-0399149771|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

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