Schwindt, Peter – Gwydion 04 – Merlins Vermächtnis

Band 1: [„Der Weg nach Camelot“ 2556
Band 2: [„Die Macht des Grals“ 3509
Band 3: [„König Arturs Verrat“ 4195

_Story:_

Längst hat Gwyn begriffen, dass das einst so strahlende Vermächtnis des Königs nicht das ist, was es über Jahre zu sein schien. Artus ist endgültig dem Wahn verfallen und hat sowohl die Moral als auch den Verstand verloren, der ihn einst zum heldenhaften Monarchen aufsteigen ließ.

Während Camelot sich vor dem finalen Angriff durch Artus Erzfeind Mordred fürchten muss, plant Gwyn, der einst als treuer Knappe zu Hofe arbeitete, das Unheil abzuwenden und wieder Frieden nach Britannien zu bringen. Doch der zum Fischerkönig aufgestiegene Jüngling ist verzweifelt, denn nur mit der Hilfe des Heiligen Grals wird er Mordred aufhalten und Camelot retten können – und ohne die Hilfe Merlins, der plötzlich verschwunden ist, scheint Gwyn aufgeschmissen.

Doch die unruhige Kämpfernatur hat in ihren Jahren als Knappe gelernt, dass es sich zu kämpfen lohnt. Gemeinsam mit seinen Verbündeten bereitet Gwyn sich in der magischen Festung Dinas Emrys auf die letzte Schlacht von Camelot vor – und darauf, dass die Gerechtigkeit in dem Maße siegt, wie es die ehrwürdige Tafelrunde von Anfang an beschworen hat.

_Persönlicher Eindruck:_

Mit „Merlins Vermächtnis“ findet eine der interessantesten und besten Jugendbuchreihen der vergangenen Jahre ein insgesamt sehr rasches, in vielerlei Hinsicht aber auch überraschendes Ende. Peter Schwindt, der bereits in den vergangenen drei Ausgaben ein eher ungewöhnliches Bild von der Tafelrunde zeichnete und deren Moral durch die Ummodellierung verschiedener Charaktere erheblich infrage stellte, weicht auch im Abschlussroman nicht von seinem unkonventionellen Ansatz ab. Die üblichen Helden verlieren einen Teil ihrer Anmut, die Geschichte ist bei weitem nicht mehr so heldenhaft, und durch die Tatsache, dass Schwindt einen echten Außenseiter zum Heroen seiner Geschichte gemacht hat, kommt das Ganze doch wieder der Artus-Sage in ihrer ursprünglichen Form nahe – und trotzdem ist es völlig anders.

In Band vier, dem vielleicht düstersten Part der gesamten Story, kommt es nun zum finalen Aufeinandertreffen der entscheidenden Figuren der modifizierten Handlung. Gwyn rüstet sich auf der Suche nach dem Heiligen Gral für den Konflikt in Camelot, Artus hat inzwischen vollends den Verstand verloren, Mordred nähert sich mit seinem zwiespältigen Charakter derweil noch am ehesten seinem klassischen literarischen Vorbild an, und Merlin, der geheimnisvolle Zauberer, wird hier in einen Mystiker verwandelt, dessen Motivation bis zuletzt sehr undurchsichtig ist. Kurzum: Auch in „Merlins Vermächtnis“ erlebt man die Artus-Sage ‚mal anders‘.

Doch genau jener Wagemut zahlt sich auch im abschließenden Teil von Schwindts Komplex deutlich aus. Der Überraschungseffekt der unzähligen Wendungen, die gerade zu Beginn erstaunlich häufig durch den Plot geistern, ist ein ständiger Begleiter, der die Spannung sofort auf das gewohnte Höchstmaß treibt. Dies wird dadurch ergänzt, dass viele Charaktere immer noch kein transparentes Erscheinungsbild aufweisen und ihre Unberechenbarkeit über den größten Teil der Story aufrechterhalten können. Abgesehen davon, dass man den Protagonisten nicht nur auf Schritt und Tritt verfolgt, sondern generell enorm viel über seine ‚Karriere‘ und seinen Aufstieg weiß, bleiben viele Elemente bis zuletzt Unbekannte, was gerade für einen eher jugendlich inspirierten Roman schon ziemlich ungewöhnlich ist – aber an dieser Stelle auch sehr gerne gesehen wird. Lediglich die leider etwas ruckartig absolvierte Schlusssequenz, in der Schwindt das Tempo eigentlich zu stark anzieht, passt hier nicht ganz ins Gefüge, weil die Zeit der Auflösung der vielen Geheimnisse und Intrigen nicht gebührend in Anspruch genommen wird.

Davon abgesehen werden Verfechter des klassischen Zyklus‘ sicher auch mit „Merlins Vermächtnis“ ihre Schwierigkeiten haben. Kritiken bis zum Missbrauch des Namens waren bereits zu lesen, was aber im Gesamtzusammenhang definitiv zu weit hergeholt ist. Denn auch wenn sich der Autor auf die bekannten Figuren stützt und grobe Züge der Originalhandlung adaptiert, strebt er grundsätzlich nicht danach, mit Namedropping zum Erfolg zu kommen. Eher steckt die Motivation, einem ausgelutschten Thema völlig neue Facetten abzugewinnen, hinter diesem Vierteiler, und die Frische, die nun auch der letzte Band der „Gwydion“-Saga nach außen trägt, bestätigt Peter Schwindt ein letztes Mal voll und ganz in seiner hervorragenden Arbeit. Einen würdigeren Abschluss als dieses düstere Finalkapitel hätte man sich kaum wünschen können!

_Fazit:_

Die „Gwydion“-Reihe bleibt bis zum Schluss eine durchweg überzeugend modifizierte Variante der Artus-Sage und punktet im Abschlusskapitel mit weiteren mutigen Wendungen und außergewöhnlich dargestellten Charakteren. „Merlins Vermächtnis“ sowie der gesamte Vierteiler gehören daher auch in jede gut sortierte Jugendbuchsammlung!

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