Solomon, Eric – Black Box +

_Eine Brettspiel-Koryphäe kehrt zurück_

Eric Solomon gilt als einer der besten Underground-Spieldesigner der vergangenen Dekaden und hat im Laufe der Jahre einige Titel etablieren können, die auch hierzulande auf reichlich Beachtung stießen. Unter anderem geht auch das zuletzt noch unter dem Titel „Casablanca“ via |Amigo| aufgelegte „Sigma File“ auf die Rechnung des englischen Physikers und Mathematikers. Aber auch beim |Franjos|-Verlag erschienen in den letzten Jahren einige Spiele, die seiner Autorenfeder entstammen, so zum Beispiel „Entropy“ (heute als „Hyle 7“ bekannt) und „Billabong“.

Sein Meisterstück lieferte Solomon indes 1977 mit der „Black Box“ ab, einem Logiktrainer der ganz besonderen Art, der jedoch in den letzten Jahren im Zuge des starken Kommerzialisierung des Spielemarktes kaum mehr thematisiert wurde. Zum 30-jährigen Jubiläum hat sich der |Franjos|-Verlag nun dazu entschlossen, das Spiel ein weiteres Mal aufzulegen und es sogar noch um einen weiteren Spielplan zu erweitern. Das Resultat hört auf den Namen „Black Box +“, ist im Grunde genommen lediglich eine grafisch und materiell verbesserte Variante des Spiels, eröffnet aber durch das hexagonale Spielbrett völlig neue Möglichkeiten, die selbst Besitzer des Originals noch einmal an den Tresen locken sollten. Schön, dass man sich hier ein Herz genommen hat!

_Spielidee_

In „Black Box“ treten ein Molekülbauer und ein Forscher im Duell gegeneinander an, um ein atomares Rätsel zu entziffern bzw. dessen Entschlüsselung zu verhindern. Der Molekülbauer hat, so die Vorgeschichte, ein ganz besonderes Molekül entwickelt, welches aus vier unabhängig positionierten Atomen besteht und innerhalb der Black Box skizzenhaft angelegt wurde. Jene Black Box hingegen besteht aus einem acht mal acht Felder großen Quadrat, dessen äußere Felder jeweils mit einer Ziffer versehen wurden, die wiederum die konkrete Position der Atome bestimmen lässt. Die Aufgabe des Forschers ist es nun, das geheime Projekt des Molekülbauers aufzudecken und die Positionen der Atome genau zu bestimmen. Hierzu schießt er imaginäre Strahlen in die Black Box und beobachtet ganz genau, an welcher Stelle sie die Black Box wieder verlassen. Anhand der Absorptionen, Ablenkungen und Reflexionen dieser Strahlen erkennt er schließlich, wo genau die Atome verborgen sind und wie der Gesamtaufbau des Moleküls beschaffen ist. Ziel ist es letztendlich, dies schneller herauszufinden als das Gegenüber, denn in einer Partie des Spiels nehmen beide Spieler jeweils einmal die Rolle des Molekülbauers und des Forschers ein und messen darin ihr logisches und räumliches Denken im direkten Vergleich.

_Spielmaterial_

• 1 beidseitig bedruckter Spielplan
• 6 große Dreiviertelkugeln
• 42 bunte Markierungssteine aus Holz
• 1 Spielblock mit Black-Box-Diagrammen
• 1 Spielanleitung
• 1 Rätselheft mit Black-Box-Aufgaben

Bei den Spielmitteln setzt der Verlag bekanntermaßen auf Qualität, und das soll sich auch bei der Neuauflage von „Black Box“ nicht grundsätzlich ändern. Ganz im Gegenteil: Sowohl die Markierungssteine als auch die Atome sind aus massivem, bemalten Holz und gewähren ein optimales Handling. Der Spielblock indes limitiert das Spiel ein wenig, bietet aber mit ca. 50 Blatt genügend Potenzial für einige verplante Spielabende. Ergo: Lobenswert!

_Spielaufbau_

Der Spielablauf einer Partie „Black Box“ ist relativ simpel und prinzipiell sofort verständlich. Die Spieler einigen sich darauf, wer zunächst welche Rolle übernimmt, und verteilen entsprechend Markierungssteine und Atome an den Forscher sowie den Spielblock an den Molekülbauer. Letzterer zeichnet nun die genauen Positionen der Atome ein und wählt dabei eine beliebige, selbst bestimmte Anordnung. Sobald diese erstellt ist, darf der Forscher nun mit seiner Analyse beginnen. Hierzu nennt er eines der 32 nummerierten Randfelder des Spielplans und schießt dort beginnend einen imaginären Strahl durch die Black Box. Trifft dieser nun direkt auf ein Atom, wird er absorbiert, kommt er hingegen in den Einflusskreis eines Atoms, wird er rechtwinklig abgelenkt. Es kann dabei auch geschehen, dass ein Strahl mehrfach abgelenkt wird, je nachdem, wie viele Atome er auf seinem Weg antrifft. Eine weitere Möglichkeit ist die Reflexion, die genau dann stattfindet, wenn ein Strahl an zwei Atomen gleichzeitig abgelenkt wird. Trifft ein Strahl auf kein Atom, schießt er geradewegs durch die Black Box und gibt dem Forscher keine Informationen über die Position irgendeines Atoms – außer eben, dass in der betreffenden Reihe und rechts und links davon keines zu finden ist.

Der Molekülbauer teilt dem Forscher nun mit, an welcher Stelle der Strahl wieder austritt bzw. ob er absorbiert wurde. Nun nimmt der Forscher seine Markierungssteine und dokumentiert somit die Ein- und Austrittsstelle des Strahls. Sollten sich diese nicht gleichen, nimmt er zwei gleichfarbige Steine und hält das Resultat fest. Eine Absorption wird mit einem schwarzen, eine Reflexion, also ein Austritt an gleicher Stelle, mit einem weißen Stein markiert.

Dieses Procedere wird nun so lange wiederholt, bis der Forscher sich sicher ist, die genaue Position der Atome zu kennen. Er darf währenddessen die Atomsteine beliebig auf dem Spielfeld versetzen, um sich selber eine optische Hilfestellung zu geben. Glaubt er, die Lösung gefunden zu haben, nennt er sein Ergebnis und vergleicht es mit der Skizze des Molekülbauers auf dem Block. Nun wird gewertet. Jeder Markierungsstein, der eingesetzt wurde, bringt dem Molekülbauer einen Punkt, jedes falsch geratene Atom fünf weitere.

Der Molekülbauer notiert das Resultat und wechselt nun mit dem Forscher-Spieler die Rolle. Das Spiel läuft anschließend nach demselben Muster weiter, bis auch der zweite Forscher die Lösung parat hat. Die Punkte werden als Letztes miteinander verglichen; derjenige mit dem besten Ergebnis gewinnt natürlich.

_Das hexagonale Spiel_

Sobald man die ‚einfache‘ Black Box sicher beherrscht, geht es an die Fortgeschrittenen-Version, die zunächst wie ein Extrem-Puzzle für die totalen Freaks anmutet. Die Ablenkungswinkel wollen erst einmal beherrscht werden, da sie im Sechseck eben nicht ganz so linear verlaufen wie noch im vergleichsweise leicht zu überschauenden Quadrat. Doch auch durch die wachsende Zahl der Felder wird das Ganze noch einmal um ein großes Stück komplizierter und verschachtelter, so dass es definitiv einer längeren Eingewöhnungsarbeit bedarf, bis sich der Überblick in das neue Szenario gefestigt hat. Außerdem spielt man nun wahlweise mit fünf oder – Denksportler aufgepasst – sechs Atomen, was die Sache nicht weniger verzwickt macht. Allerdings ist der Lohn, sprich der Spielspaß, Entschädigung genug für so manch zermartertes Gehirn …

_Persönliches Fazit_

Die neue Variante der „Black Box“ dokumentiert richtig schön, dass sich in den Grundfesten des klassischen Strategiespiels innerhalb der letzten Jahrzehnte elementar nichts verändert hat. Das Spiel ist absolut zeitlos und fesselt regelrecht, gerade im neu hinzugekommenen Hexagonal-Bereich, der nun wirklich für jeden Tüftler das Nonplusultra darstellen sollte. Das Spiel mit sechs Atomen scheint manchmal sogar kaum lösbar, da die Strahlen teilweise drei- oder sogar vierfach abgelenkt werden und man irgendwann gar nicht mehr weiß, wie welche Konstruktion denn nun möglich ist. Das Gefühl der Resignation ist aber dennoch eine große Unbekannte, da man einfach um jeden Preis wissen will, was sich der gegnerische Molekülbauer ausgedacht hat, und man sich schlichtweg nicht aufs Glatteis führen lassen möchte. Der Spielreiz ist letzten Endes sogar so groß, dass man sich immer wieder bei der Wiederholungstat ertappt, die ja bei der konsumentenfreundlichen Kurzspielzeit von ungefähr zehn bis zwanzig Minuten pro Partie auch mehrfach möglich ist.

Aufgrund der erweiterten, nunmehr fast schon vollkommen unbegrenzten Möglichkeiten avanciert „Black Box +“ schließlich zum echten Dauerbrenner, so dass der Spielblock bereits nach einigen Wochen aufgebraucht sein sollte. Es empfiehlt sich also, rechtzeitig für Nachschub zu sorgen, da man einfach nicht von der kniffligen Tüftelei ablassen kann. Aus diesem Grund ist das Resümee auch sehr eindeutig. |Franjos| hat einem bereits existenten Spielklassiker durch eine effiziente Frischzellenkur neues Leben eingehaucht und das Spiel gerade durch das zusätzliche Spielfeld noch einmal enorm verbessert. Dieser Eindruck wird zusätzlich durch die tolle Bonus-Beilage bestärkt, einen Rätsel-Block im „Black Box“-Format, mithilfe dessen man auch solo mit dem System zu arbeiten lernt. Wer Denksport-Klassiker wie „Mastermind“ liebt und auch das Spielprinzip von „Schiffe versenken“ mag, für den wird die „Black Box +“ in jeglicher Hinsicht erfüllend sein. So einfach und doch so kompliziert kann sich dauerhafter Spielspaß gleichsam definieren!

http://www.franjos.de/

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