Feige, Marcel – Inferno – Macht der Toten

Band 1: [„Ruf der Toten“ 2112
Band 2: [„Schwester der Toten“ 2991

Berlin erstickt endgültig unter einer dichten Schneedecke. Und inmitten dieses meteorologischen Chaos steht der Fotograf Philip vor den Trümmern seines Lebens. Es ist nur eine Woche her, dass er von diversen Substanzen angefeuert in einem Techno-Club unbeschwert abzappeln konnte. Diese Unbeschwertheit ist vollkommen verflogen und einer inneren Leere gewichen. Der junge Mann ist müde, ausgelaugt, verängstigt und weiß mittlerweile, dass er bis vor kurzem das Leben eines anderen geführt hat. Ein Leben, das gegenüber seiner jetzigen Situation, die von Ungewissheit und Hilflosigkeit bestimmt wird, fast ausnahmslos Vorteile hatte.

_Beurteilung:_

Der letzte Teil der „Inferno“-Trilogie ist gleichzeitig der düsterste. Zwar waren auch „Ruf der Toten“ und „Schwester der Toten“ keine Stimmungsaufheller, aber „Macht der Toten“ lässt noch ein paar dunklere Wolken aufziehen. Vor allem das Setting des dritten Bands, das sehr plastisch beschrieben wird, trägt nicht unerheblich zur apokalyptischen Atmosphäre bei. Das unwirtliche Berlin ist der ideale Schauplatz für die Zusammenführung der Handlungsstränge und die Beantwortung der in den ersten beiden Teilen aufgeworfenen Fragen.

Anders als in den Vorgängern lässt Autor Marcel Feige seinen Hauptfiguren im Abschlusswerk immer mehr die Rolle der Agierenden zukommen. So versucht Philip, die Visionen, in denen er Kontakt mit der Totenwelt aufnehmen und das zukünftige Schicksal jeder Person, die er berührt, voraussehen kann, zu interpretieren, um ein wenig Kontrolle über sein Leben zurückzugewinnen, während Beatrice in der Gewalt des Vatikankillers Cato gezwungenermaßen den Weg von London nach Berlin antritt, um den Fotografen zu finden.

Im Kontext der Geschichte deplatziert wirkt die Entwicklung des Priesters Jakob Kahlscheurer, der Philip in „Macht der Toten“ endgültig als Verbündeter an die Seite gestellt wird. Dieser durchläuft eine Art Selbstfindungsprozess, an dessen Ende er seinen verloren gegangenen Glauben wiederfindet. Und obwohl der katholischen Kirche in „Inferno“ eine Rolle zugedacht wird und somit religiöse Motive naheliegend sind, wird dieses Element sehr unvermittelt eingeführt. Dem religiösen Glauben kommt zu keinem Zeitpunkt eine übergeordnete Bedeutung zu, geschweige denn dient er als Handlungsantrieb und Auslöser der Ereignisse.

_Fazit:_

„Macht der Toten“ ist unterm Strich ein würdiger und logischer Schlussabschnitt der „Inferno“-Saga, überzeugt erneut mit einer durchdachten Dramaturgie und wird noch rasanter erzählt als die Teile eins und zwei. Die Auflösungen, die nicht in Friede-Freude-Eierkuchen-Plattitüden abgleiten, sind zudem gelungen, und die letzte Szene schreit geradezu nach einer Verfilmung des Stoffs, die hoffentlich im Falle eines Falls nicht in Deutschland realisiert wird und als muffiges ProSieben-„Event-Movie“ mit C-Schauspielern endet.

Dass auch der finale Band den einzelnen Charakteren keine wirkliche Tiefe verleihen kann, ist aufgrund des gegebenen Unterhaltungswerts zu verschmerzen. Und so wartet man gespannt auf das Inferno, das eintritt – oder doch nicht?

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