Tsuzuki, Setsuri – Calling You – Nur du kannst mich hören

_Inhalt_

|“Calling You – Nur du kannst mich hören“|

Ryo ist an ihrer Highschool eine absolute Außenseiterin; bereits in ihrer Kindheit fand sie aufgrund ihrer mangelnden kommunikativen Fähigkeiten nie Anschluss und fristet mittlerweile ein Leben in steter Einsamkeit. Da sie fest davon überzeugt ist, dass dieser Missstand damit zusammenhängt, dass sie kein Handy besitzt, beschließt sie, über ein imaginäres Handy Kontakt zur Außenwelt zu knüpfen. Tatsächlich meldet sich am anderen Ende der Gedankenleitung jemand. Auf diese Art lernt Ryo den jungen, nachdenklichen Shinya kennen, der in den nächsten Tagen nicht nur ihre Seele erheitert, sondern generell ihre einzige Anlaufstelle bleibt. Je intensiver sich die beiden kennenlernen, desto fester reift der Entschluss, dass sie sich treffen wollen. Doch just an dem Tag, als Ryo den Besuch abstatten möchte, erfährt sie die grausame Wahrheit …

|“Kiz/Kids“|

Keigo und Asato lernen sich in der Sonderschule kennen und knüpfen trotz anfänglicher Ablehnung schnell einen näheren Kontakt zueinander. Beiden ist eine grausame Kindheit gemein, die sich in Hass und Herzschmerz äußert und den gemeinsamen Wunsch, endlich die Schatten der Vergangenheit zurückzulassen, noch einmal bestärkt. Als Keigo mit ansieht, wie Asato die Schmerzen und Wunden anderer Personen an sich zieht und weiter überträgt, möchte er dies nutzen, um die Narben seiner Umwelt auf den eigenen, im Sterben liegenden Vater zu transferieren. Asato lässt sich darauf ein, kann überdies jedoch nicht mit den Gedanken an den ermordeten Vater und die mordende Mutter leben. Er beschließt, die Wunden aller auf sich zu ziehen und endgültig einen Schlussstrich zu ziehen. Doch sein mittlerweile engster Anvertrauter ist damit nicht einverstanden …

_Persönlicher Eindruck_

„Calling You“ ist eine weitere Episode aus der wachsenden Liste der Single-Mangas aus dem Hause |Panini| und beschäftigt sich vorwiegend mit der verträumten, melancholischen Seite junger Menschen, deren Kindheit von einigen harten Schicksalen geprägt wurde. Der Doppelband stammt im Original von Otsuichi, wurde später dann jedoch in Text und Bild von Setsuri Tsuzuki übernommen und mit sphärisch dichten Zeichnungen und träumerischen Zitaten weitestgehend bewegend ausgemalt.

Inhaltlich jedoch sieht sich der Leser mit einer enormen Härte konfrontiert, die sich jedoch erst bei der Auflösung der Einzelschicksale in den Vordergrund stellt. Tsuzuki überschüttet vor allem die erste Geschichte mit Emotionen, forciert die Handlung jedoch zunächst durch aufeinander folgende Oberflächlichkeiten, deren wahre Dramaturgie sich erst mit dem Ende der Erzählung offenbart. Exakt dies darf man aber auch betont kritisch sehen, weil die beiden tragenden Charaktere Shinya und Ryo ohne wirklichen Tiefgang vorgestellt und weiter in Szene gesetzt werden, schließlich aber eine folgenschwere Last auf sich laden, die nicht so ganz mit dem Aufbau der Story harmonieren möchte. Zumindest ist das traurige Schicksal bzw. das nicht unerwartete bittere Ende insofern dennoch überraschend, dass es wegen seiner plötzlichen Rasanz nicht mit dem elegischen Voranschreiten des Plots Schritt hält. Allerdings bleibt nicht zu verhehlen, dass die Geschichte gute Ansätze verfolgt, die eben nur leider zu Beginn ein wenig lieblos gestaltet wurden.

Die zweite Erzählung ist demzufolge auch das bessere, wenngleich auch etwas komplexere Stück. Es handelt von zwei gepeinigten Jugendlichen, denen ständig ihre furchtbare Herkunft bewusst wird, und die nicht länger bereit sind, mit diesen Schmerzen zu leben. Ihre unkonventionellen Lösungsstrategien sind dabei das belebende Element der Geschichte, da sie offenlegen, wie Grausamkeit mit Hass bekämpft und Trauer mit aufopferungsvoller Hingabe bestritten wird. Wenn auch hier nicht alle Charaktere wirklich glänzen, so ist „Kiz/Kids“ doch eine richtig schöne, vor Melancholie nur so strotzende Erzählung, die man sich als Fan derartiger One-Shots keinesfalls entgehen lassen sollte.

Insgesamt kann man dieses Resümee mit leichten Abstrichen auch für die Gesamtausgabe festlegen, wobei mich das Titelstück nach wie vor nicht ganz überzeugt hat. Dennoch denke ich, dass gerade hierbei der persönliche Geschmack auch eine nicht ungewichtige Rolle spielt und jeder seine eigenen Erfahrungen mit „Calling You“ machen sollte. Lohnenswert erscheint diese Sonderausgabe allemal!

http://www.paninicomics.de

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