Welsh, Louise – Alphabet der Knochen, Das

Drugs, Sex und Gedichte – so in etwa sah das Leben des jung verstorbenen Dichters Archie Lunan aus. Wie das häufig der Fall ist, sind die Umstände seines Todes merkwürdig. War es Selbstmord oder ein Unfall, als er während einem Segeltörn verunglückte? In dem Buch „Das Alphabet der Knochen“ von Louise Welsh versucht der Literaturwissenschaftler Murray Watson dieser Frage auf den Grund zu gehen.

_Murray Watson verwendet_ sein Forschungssemester auf Archie Lunan, einen nicht besonders bekannten und jung verstorbenen Dichter der 70er Jahre, der an seiner Universität in Glasgow studiert hat. Fasziniert von Lunans Poesie sucht er nach biografischen Eckdaten. Er befragt ehemalige Studienkollegen von ihm, doch das Bild, das sie von dem Dichter zeichnen, ist inkonsistent. Einige beschreiben ihn als Trunkenbold, andere als untalentiert.

Um den mysteriösen Umständen seines Todes nachzugehen, fährt Murray auf die Insel Lismore, wo das Unglück passierte. Auf der Insel wohnt auch Christie Graves, die Freundin von Lunan. Sie könnte Murray sicherlich viele Anhaltspunkte für sein Buch liefern, doch sie hat ihm über seinen Anwalt ausrichten lassen, dass sie nicht an einem Gespräch interessiert ist. Doch so eine Insel ist klein. Vielleicht zu klein …

_Was bei „Das_ Alphabet der Knochen“ sofort auffällt, ist Louise Welshs ungewöhnlicher Schreibstil. Sie schreibt auf der einen Seite nüchtern und sachlich, beinahe distanziert, so wie man es aus vielen Krimis kennt. Sie berichtet detailliert, sowohl über das Privatleben ihres Erzählers als auch über den „Fall“. Allerdings lockert sie die Geschichte immer wieder mit ungewöhnlichen Metaphern und Sprachbildern auf, dank derer das Buch wesentlich lebendiger wird. Welsh hat dadurch ihren ganz eigenen Schreibstil, der sie von anderen Autoren unterscheidet.

Doch ein guter Schreibstil macht nicht automatisch ein gutes Buch. Der Knackpunkt des Romans ist die Handlung. Es ist keine richtige Krimihandlung, keine ordentliche historische Geschichte und für bloße Belletristik ist ein bisschen zu viel von beidem dabei. Murray erforscht das Leben von Lunan, doch was er zu finden hofft, bleibt im Verborgenen. Sucht er nach Fakten für sein Buch oder möchte er den Unfall aufklären? Murrays Motivation ist für den Leser nicht immer nachvollziehbar. Nach und nach findet der Literaturwissenschaftler zwar Details heraus, indem er Leute befragt – wie in einem Krimi -, doch es fehlt an Spannung. Zusammenhänge, vielleicht Intrigen, offene Enden, Überraschungen sucht man umsonst. Das Buch kriecht zäh voran, am Ende steht kein richtiges Ergebnis.

Die langsame Handlung überschattet die Personen in der Geschichte. Erzählt wird in der dritten Person aus Murrays Perspektive. Sein Charakter ist wirklich gut ausgearbeitet. Er ist nicht besonders interessant, eher langweilig, so wie man sich einen Literaturwissenschaftler eben vorstellt. Allerdings hat auch er seine Momente, seine Schattenseiten, in denen er dann nicht wie ein trockener Akademiker wirkt. Er hat ein Verhältnis mit der Frau des Dekans seiner Fakultät, zerstreitet sich mit seinem Bruder, denkt ein bisschen zu oft an Sex. Dadurch wird er interessanter und überrascht den Leser an der einen oder anderen Stelle.

_Letztendlich hilft die_ halbwegs interessante Hauptfigur und der tolle Schreibstil nicht über die Schwächen in der Handlung hinweg. Bei über 400 Seiten ist das durchaus ein Ärgernis.

|Gebunden: 428 Seiten
Originaltitel: Naming the Bones
Deutsch von Wolfgang Müller
ISBN-13: 978-3888976766|
http://www.kunstmann.de
http://www.das-alphabet-der-knochen.de

_Louise Welsh beim Buchwurm:_
[Der Kugeltrick 2755

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