Carver, Jeffrey A. – Am Ende der Ewigkeit

Renwald Legroeder ist mit Leib und Seele Rigger. Er steuert Raumschiffe durch den Flux, einen mehrdimensionalen Hyperraum, den er mit seiner Gedankenkraft formen, sich in ihn und seine Strömungen einfühlen kann. Die Begegnung mit der Impris, einem seit mehr als hundert Jahren verschollenen Schiff, endet für ihn verhängnisvoll. Legroeders Schiff wird von Raumpiraten überfallen, er gerät in Gefangenschaft und kann erst nach sieben Jahren fliehen. Doch auf Faber Eridani, dem nächsten besiedelten Planeten, ist der Empfang alles andere als freundlich. Man unterstellt ihm, heimlich mit den cybertechnisch aufgerüsteten Raumpiraten zusammengearbeitet zu haben. Von der Impris will man nichts wissen.

Legroeder wird misstrauisch und beginnt mit seiner Anwältin nachzuforschen. Schon bald darauf befindet er sich mitten im größten Abenteuer seines Lebens: Er flieht von Faber Eridani, wird von den Narseil, amphibischen Außerirdischen, als Agent angeworben und lässt sich von ihnen sogar Cyber-Implantate einsetzen, die er während seiner Gefangenschaft noch vehement abgelehnt hatte. Sein Weg führt ihn wieder zu den Cyber-Piraten und auf die gefahrvolle Mission, die Impris aus ihrer Fluxschleife zu retten.

Dies ist nur eine sehr vereinfachte Zusammenfassung der aufwendig konstruierten Handlung. Carver ist kein Autor von einfachen Romanen, seine Bücher sind meist sowohl inhaltlich als auch stilistisch komplex, lassen sich nicht „nebenher“ lesen, sondern erfordern Konzentration.

„Am Ende der Ewigkeit“ ist ein unabhängiger Teil der lose durch einen gemeinsamen Hintergrund zusammenhängenden |Star Rigger|-Serie Carvers und schaffte es 2001 immerhin in die Endausscheidung zum |Nebula Award|. Es ist ein Hard-SF-Roman – in dem ungewöhnlicherweise ein Hauptelement, nämlich der Flux, deutliche New-Wave-Elemente aufweist (vermischen sich doch hier die Realität des Weltraums und die innere Vorstellungskraft) -, der einige nette Einfälle besitzt, jedoch insgesamt etwas zu lang geraten ist (die eine oder andere Wendung hätte in meinen Augen ohne Verlust gekürzt werden können).

Schwächen liegen in einer ungleichmäßigen Handlungsentwicklung zwischen den Schauplätzen Weltall und Faber Eridani, einer zu oft aus bekannten Versatzstücken zusammengesetzten Thrillerhandlung (bei der man etliche Male Szenen aus einschlägigen Filmen vor Augen hat) und vor allem in der Charakterzeichnung. Die ist manchmal wirklich schlecht.

Aber auch manchmal richtig gut: Zum Beispiel gibt es den Journalisten Robert McGinnis, der gegen die Cyber-Piraten kämpfen will, es aber vor allem gegen sich selbst tun muss, gegen seine Implantate, die ihn (von außen unerkannt) fernsteuern, ihn in einen Killer wider Willen verwandeln können. In dieser Figur steckt wirklich Potenzial!

Auch sonst gibt es Dinge an dem Roman, die ich mag: Die Verwendung von Seemannsjargon in der Beschreibung der Arbeit der Schiffe zum Beispiel. Auch Legroeders Undercover-Einsatz auf einer Piratenfestung, bei dem seine Tarnung jedoch schon von Anfang an aufgeflogen ist, oder die Rettung der Impris aus ihrer Falle im Flux und alle dabei auftauchenden (Zeit-)Phänomene sind absolut lesenswert. Sehr gelungen fand ich die Dialoge zwischen Legroeder und seinen (zuerst ungeliebten) Implantaten – und die Rolle der Implantate in der Beziehung zwischen ihm und der Cyber-Piratin Tracy-Ace / Alfa.

Jeffrey A. Carver beherrscht sein Handwerk. Ihm liegt der große Science-Fiction-Entwurf mehr als das Spinnen eines Krimi- bzw. Thrillergarns. „Am Ende der Ewigkeit“ ist ein interessanter, nicht immer leicht zu lesender Abenteuerroman, der neben vielen positiven Eigenschaften auch deutliche Schwächen besitzt. Dennoch ist er für Hard-SF-Fans und Freunde von Piratengeschichten, die einer reizvollen Neuinterpretation verschiedener klassischer Motive aufgeschlossen gegenüberstehen, zu empfehlen.

Weblink: http://www.starrigger.net

|Originaltitel: Eternity’s End, 2000|

© _Andreas Hirn_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de veröffentlicht.|