Fallon, Jennifer – Kind der Götter (Dämonenkind Band 2)

Nach den dramatischen Ereignissen Ende des [ersten Bandes 1328 ist R’shiel nun im Sanktuarium angekommen. Die Harshini nehmen sie sehr freundlich auf, und mit den Scharen von Dämonen, die ebenfalls dort leben, schließt R’shiel schnell Freundschaft. Sie lernt, das Band zwischen ihrem Harshini-Blut und den Dämonen zu verstehen und ihre magischen Kräfte zu gebrauchen. Am liebsten würde sie im Sanktuarium bleiben, letztlich jedoch stellt sich heraus, dass sie das auf Dauer nicht tun kann. Sie kehrt zurück zu ihren Freunden …

Tarjanian Tenragan weilt inzwischen an der Grenze zu Karien, zusammen mit Hochmeister Jenga, Schwester Mahina Cortanen und Damin Wulfskling aus Hythria. Und mit Frohinia Tenragan. Die Erste Schwester stellt inzwischen keine Bedrohung mehr dar. Dafür allerdings ein ernstes Problem. Denn das Konzil der Schwesternschaft steht bevor, und diese hat noch keinerlei Kenntnis von den Geschehnissen. Da taucht Obrist Garet Warner auf, geschickt vom Quorum, das sich über die neuen Befehle der Ersten Schwester etwas wundert.

Während die Hüter so gut es geht ihre Nordgrenze sichern, befindet sich die fardohnjische Prinzessin Adrina auf dem Weg nach Karien. Sie soll dort den karischen Kronprinzen Cratyn ehelichen, als sichtbares Zeichen eines Bündnisses zwischen Karien und Fardohnja. Denn ihr Vater gedenkt, den Krieg zwischen Karien und Medalon auszunutzen. Die Karier möchten, dass er Medalon im Süden angreift. König Hablets begehrlicher Blick jedoch richtet sich nach Hythria, mit dem er schon seit Jahrzehnten im Zwist liegt. Die Karier zu unterstützen, liegt ihm fern.

In Karien indes sammelt sich das Heer zum Angriff auf Medalon. Kaum ist der Kronprinz eingetroffen und vermählt, begibt er sich an die Front. Seine Gemahlin besteht darauf, ihn zu begleiten, allerdings keineswegs aus Anhänglichkeit! Karien indes beschränkt sich nicht darauf, Truppen an die Front zu schicken. Kariens Gottheit Xaphista persönlich mischt durch ihre Priester gehörig mit. Und er ist nicht der einzige Gott, der sich einmischt …

Der Aufenthalt im Sanktuarium hat R’shiel geholfen, ihr Harshini-Erbe zu akzeptieren, auch wenn sie die Anrede „Dämonenkind“ noch immer nicht leiden kann. Mit der Mission als solcher will sie noch immer nichts zu tun haben. Ihre Treue und ihr Einsatz gelten eindeutig ihren Freunden und Medalon. In allererster Linie will sie die Karier aus dem Land fern halten, dafür geht sie sogar das enorme Risiko ein, in die Zitadelle zurückzukehren. Sie will versuchen, das Schwesternkonzil zu beeinflussen. Sämtliche Warnungen Brakandarans und auch der Hinweis von Dacendaran, in der Zitadelle hielten sich Anhänger Xaphistas auf, können sie davon nicht abbringen.

In dem Maße, wie R’shiel an geistiger Reife gewinnt, verliert ihr Aufpasser Brakandaran seine Vorbehalte gegen sie. Als R’shiel in Gefahr gerät, und Zegarnald ihn daran hindert, ihr zu helfen, wird er schier tobsüchtig. Für die angeführten Gründe des Kriegsgottes hat er kaum mehr übrig als für die ihm von den Göttern aufgezwungene Gratwanderung zwischen der Aufgabe als R’shiels Beschützer und ihrem Henker.

Frohinia ist als Gegenspielerin weggefallen. Ihren Platz nimmt in ausgeweiteter Form der Hüter-Soldat Loclon ein, ein sadistisches, feiges Schwein, das R’shiel und Tarjanian bereits im ersten Band schwer zu schaffen machte. Beide hasst er mit Inbrunst, aber vor allem an R’shiel will er sich rächen, koste es, was es wolle. Trotz seiner Charaktermängel hat es dieser Kerl – wie so oft im wirklichen Leben – auf nicht nachvollziehbare Weise geschafft, zum Hauptmann befördert zu werden und nicht nur das! Anstatt in Grimmfelden zu verschimmeln, darf er jetzt Kadetten ausbilden. In der Zitadelle!

Abgesehen von diesen werden in „Kind der Götter“ zwei neue Charaktere wichtig, die im ersten Teil nur am Rande erwähnt wurden.

Damin Wulfskling, einst Tarjanians Gegenspieler an der Südgrenze, findet sich durch Brakandarans Eingreifen plötzlich als Verbündeter der Hüter gegen Karien wieder. Das ergibt sogar Sinn, denn es ist klar: Sollte Medalon unterliegen, kann nichts die Karier davon abhalten, als nächstes Hythria anzugreifen. Von der gegenseitigen Achtung, die beide Männer bereits im Kampf voreinander hatten, ist es nicht allzu weit bis zur Freundschaft, wenn man einen gemeinsamen Gegner hat. Gleich und gleich gesellt sich nun mal gern, und Damin ist tatsächlich von ähnlichem Schlag wie Tarjanian, wenn man davon absieht, dass er dazu neigt, ernste Situationen nicht ernst zu nehmen.

Adrina ist eine echte Prinzessin: verwöhnt, zickig und mit einer äußerst scharfen Zunge bewaffnet. Zimperlichkeit dagegen kann man ihr nicht nachsagen, auch nicht gegen sich selbst. Die Tatsache, dass sie aus Fardohnja stammt, wo die Menschen in ihrer Kleidung und ihrem Liebesleben eher freizügig sind und Frauen durchaus um ihre Meinung gefragt werden, muss zwangsläufig zu Konflikten mit den Kariern führen, wo Tugendhaftigkeit und Sittenstrenge groß geschrieben werden und das Los der Frauen sich durch Gehorsam gegenüber ihren Männern auszeichnet. So muss Adrina recht schnell erkennen, dass ihr Gemahl im Grunde zwar ein Waschlappen sein mag, sie aber aufgrund des karischen Ehegelübdes fast vollständig in der Hand hat. Doch Adrina wäre nicht die gefüchtetste Tochter ihres Vaters, wenn sie nicht dennoch Mittel und Wege fände, sich zu wehren.

Die Handlung verläuft diesmal weit ruhiger als beim letzten Mal, was durchaus kein Nachteil ist. Obwohl es mehrere Handlungstränge gibt, weil aus dem Blickwinkel mehrerer Personen erzählt wird, liegt die Gewichtung – nach Adrinas Ankunft dort – auf der Front, sprich auf Adrina und Damin, und auf der Zitadelle, sprich auf R’shiel und Loclon.
Der Handlungsteil an der Front ist dabei ausführlicher und überraschenderweise weniger spannend als der andere. Der Schwerpunkt liegt hier eher auf der Entwicklung der Beziehung zwischen Damin und Adrina, die sich zunächst spinnefeind sind.

Damin kannte Adrina zwar bisher nicht persönlich, dafür umso besser ihren Ruf als zänkische, herrische Furie. Er weiß, dass sie mit aller List und Tücke ums Entkommen kämpft, auch mit Verführung. Jenga hofft auf Informationen über die Karier, Damin allerdings ist überzeugt, dass zumindest die Hälfte ihrer Aussagen gelogen ist. Der karische Bengel, den sie bei sich hatte, offenbar ihr Page, hat ganz andere Gründe für ihr überraschendes Auftauchen in Medalon genannt als sie selbst.

Adrina ihrerseits ist von Damin Wulfskling äußerst überrascht. Sie hat ihn für einen läppischen, rückgratlosen Weichling gehalten, wie sein Onkel, den sie kennt, einer ist. Stattdessen trifft sie auf einen abgehärteten, derben Krieger, den sie als höchst ungehobelt empfindet. Viel lieber würde sie sich mit Tarjanian abgeben, sie hält ihn für leichter verführbar. Stattdessen hat sie hauptsächlich mit Damin zu tun, der allerdings eine außerordentlich tiefe Abneigung gegen sie hegt.
Der Schlagabtausch zwischen diesen beiden ist durchaus amüsant, auch wenn es letztlich doch kommt, wie es kommen muss …

Ansonsten kommt in diesem Strang nur eine einzige Schlacht vor, die man allerdings kaum als solche bezeichnen kann und deren Ausgang von vornherein feststeht. Hauptsächlich zeichnen sich die Kriegsparteien eher durch Nichtstun aus. Die Medaloner können nur warten, denn die Schwesternschaft lehnt den Krieg eigentlich ab, und ein Angriff käme für sie nie in Frage. Die Karier haben da keine Bedenken, umso erstaunlicher ist die Sorglosigkeit, mit der die Medaloner sich nach der ersten Schlacht besaufen oder den Gründungsfesttag feiern!

Das lange Stillhalten der Karier kann nur bedeuten, dass sie auf etwas Bestimmtes warten. Allerdings steht der Winter vor der Tür, für die schwer gepanzerten Ordensritter ein ernstes Hemmnis. Und selbst Jenga wundert sich irgendwann, dass die Karier sich seit ihrem ersten Angriff so ruhig verhalten. Ich dagegen wunderte mich, warum er nicht versucht, es rauszufinden. Spionage kann ihm angesichts der Intrigen in der Zitadelle doch kaum fremd gewesen sein! Diese Art und Weise, direkt ins Verhängnis zu laufen, empfand ich als höchst unbefriedigend.

Zumal im anderen Erzählstrang, der sich um R’shiel und die Zitadelle dreht, das Verhängnis schon vor R’shiels Aufbruch absehbar ist, was an der Front aber natürlich niemand weiß. Obwohl dem Leser frühzeitig klar ist, dass R’shiel in eine Falle läuft, weiß die Autorin den Leser durch kleine Winkelzüge bei der Stange zu halten, die dem scheinbar Unabwendbaren stets aufs Neue eine andere Richtung geben. Letztlich erstaunt es allerdings doch ein wenig, wie leicht es der Gefahr gelang, in den Palast der Schwestern einzudringen! In Anbetracht der Tatsache, dass Xaphista bereits zweihundert Jahre zuvor nach der Herrschaft über den gesamten Kontinent lechzte, sollte man meinen, dass er so etwas schon viel früher hätte versuchen können anstatt auf die Reife eines Dämonenkindes zu warten, das eine Bedrohung für ihn darstellt.

Der zweite Band hat mir besser gefallen als der erste. Jennifer Fallon ist weniger auf den Teil um Magie und Götter eingegangen, als ich es erwartet hatte, aber vielleicht kommt das noch, wenn es ins Finale geht. Loclons stumpfe Brutalität ist leider kein gleichwertiger Ersatz für Frohinias geschliffene Intelligenz, dafür ist Adrinas Charakter ein echter Gewinn. R’shiels Entwicklung ist gut dargestellt, und obwohl im Nachfolger weit weniger Action herrscht als im Vorgänger, fand ich ihn nicht weniger spannend. Vor allem reduzierte sich das Fliehen und Gefangengenommenwerden diesmal auf den Endteil, sodass das ermüdende Gefühl endloser Wiederholung ausblieb.

Die Ausdrucksweise der Autorin ist, was Stellung von Nebensätzen und Hauptsätzen angeht, manchmal etwas eigentümlich, aber das liegt vielleicht auch an der Übersetzung. Wirklich störend wirkt es nicht. Das Lektorat dagegen hat sich in keiner Weise gebessert! So heißt der König der Harshini – im ersten Band noch Korandellen genannt – jetzt plötzlich Korandellan! Und gelegentlich hat man den Eindruck, ein Satz wurde formuliert, dann teilweise umformuliert, aber die ursprüngliche Formulierung wurde vergessen zu streichen! Wer auch immer so was verbockt, sollte nachsitzen!

Jennifer Fallon stammt aus einer großen Familie mit zwölf Geschwistern. Sie hat in den verschiedensten Jobs gearbeitet, unter anderem als Kaufhausdetektivin, Sporttrainerin und in der Jugendarbeit. Letzteres scheint ihr immer noch nachzuhängen – unter ihrem Dach leben außer drei eigenen Kindern einige obdachlose Jugendliche als Pflegekinder. Schreiben tut sie nebenher. Die Trilogie |DemonChild| war ihre erste Veröffentlichung und gleich oben auf den Beststellerlisten. [„Kind der Magie“ 1328 und „Kind der Götter“ sind bereits auf Deutsch erschienen, auf den dritte Band „Kind des Schicksals“ müssen die Leser noch bis zum Herbst warten.

http://www.jenniferfallon.com/

_Jennifer Fallon bei |Buchwurm.info|:_

[„Kind der Magie“ 1328 (DemonChild Band 1)
[„Kind der Götter“ 1332 (DemonChild Band 2)
[„Kind des Schicksals“ 1985 (DemonChild Band 3)
[„Erbin des Throns“ 2877