Band 1: “King of Scars”
Zurück in der Welt der Grischa! Nach dem zweibändigen Ausflug nach Ketterdam wendet sich Leigh Bardugo im Auftakt ihrer neuen Romanreihe wieder hauptsächlich Ravka zu:
Der Bürgerkrieg ist vorbei, Nikolai Lantsov ist der neue Zar des Reiches und versucht nun, den Frieden zu bewahren, damit er sein Land wieder aufbauen kann. Doch es sieht nicht so aus, als könnte ihm das gelingen. Fjerda an der Nordgrenze rüsten zum Krieg, die Shu im Süden hecken irgendeine Intrige aus, und es scheint, als wäre Kerch drauf und dran, die Ravka gewährten Darlehen zurückzufordern, es sei denn, Nikolai wäre bereit, den Krämern stattdessen etwas anderes anzubieten, auf das sie ganz scharf sind: eine geheime Erfindung, die Nikolai eigentlich gegen die Fjerdan einsetzen wollte. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, macht sich der Dämon, den er seit dem Bürgerkrieg mit sich herumschleppt, ausgerechnet jetzt wieder bemerkbar …!
Nina ist noch immer nicht über Matthias‘ Tod hinweg. Doch ihr Zar hat sie als Teil eines geheimen Kommandos nach Fjerda geschickt, und Nina ist entschlossen, ihren Beitrag zu leisten, um fjerdische Grischa heimlich aus dem Land zu schmuggeln. Doch dann stößt sie auf etwas von solchen Ausmaßen, dass sie nicht in der Lage ist, es zu ignorieren, egal was ihr Vorgesetzter davon hält.
Wer die ursprüngliche Grischa-Trilogie gelesen hat, wird hier auf eine Menge alter Bekannter treffen. Zoya, Genya und David, Tolya und Tamar sowie natürlich Nikolai waren dort offenbar bereits wichtige Figuren. Ich selbst bin ihnen in diesem Buch zum ersten Mal begegnet, wobei hier vor allem Nikolai und Toya im Mittelpunkt stehen.
Nikolai ist charmant, witzig, gutaussehend und hat die feste Absicht, Ravka in eine bessere Zukunft zu führen. Aber er ist auch idealistisch und erwartet womöglich etwas zu viel von sich selbst.
Zoya ist streng, fast herrisch, kühl und kann ziemlich zynisch sein. Aber sie ist absolut loyal.
Die Beziehung zwischen den beiden wirkt zunächst ziemlich kameradschaftlich, doch bald wird klar, dass es so einfach nicht ist.
Der Handlungsstrang um Nina und der um Zoya und Nikolai verlaufen parallel, bisher jedoch nahezu völlig unabhängig voneinander. Aber natürlich wird sich das im Laufe der Geschichte noch ändern. Vorerst ist Nina einerseits damit beschäftigt, Grischa zu retten und dabei Geheimnissen auf die Spur zu kommen, von denen nicht einmal die Jerdan selbst etwas wissen, während Nikolai und Zoya andererseits den erstarkenden Dämon in Schach zu halten und ihn außerdem loszuwerden versuchen.
Der zweitgenannte Handlungsstrang ist der bei weitem komplexere, denn die Suche nach einem Heilmittel für Nikolai nimmt eine unerwartete Wendung, sodass die Zurückgebliebenen in der Hauptstadt die politischen Pläne, die sie alle gemeinsam geschmiedet haben, alleine umsetzen müssen. Ein ziemlicher Balanceakt für alle Beteiligten, denn sollte ihr Manöver auffliegen, hätte das ungeahnte Folgen!
So interessant der Plot angelegt war, und so gut er ausgearbeitet war, muss ich doch sagen, dass mich dieses Buch nicht so mitgerissen hat, wie es die Krähen-Bände getan haben.
Zum einen mag es daran gelegen haben, dass mir die Barrel-Ratten näher waren als die Grischa. Ich finde Nikolai wirklich sehr sympathisch, vor allem mag ich seinen Galgenhumor, und auch Zoya ist trotz ihrer Kratzbürstigkeit eine Figur, mit der ich mitfühlen kann. Aber wenn ich mir aussuchen könnte, zu welcher Clique ich gehören möchte, dann wäre ich lieber eine Ratte als eine Grischa.
Zum anderen ist die Handlung einfach wesentlich ruhiger angelegt. Trotz aller Gefahren, die den Beteiligten in beiden Handlungssträngen drohen, entwickeln sich die Ereignisse vergleichsweise langsam. Das gilt selbst für die Höhepunkte. Waren die Krähen-Bände eine einzige Achterbahnfahrt, so ist dieser neue Grischa-Band eine sich am Horizont auftürmende Gewitterfront mit ein paar ersten Blitzen und auffrischendem Wind. Mal sehen, was daraus noch wird. Planmäßig soll es sich hier um einen Zweiteiler handeln. Wann der nächste Band erscheint, ist noch unbekannt.
Leigh Bardugo ist in Jerusalem geboren und in den USA aufgewachsen. Seit sie ihren Abschluß an der Universität von Yale gemacht hat, war sie in diversen Bereichen tätig, darunter Werbung und Journalismus. Inzwischen ist sie hauptberufliche Autorin, aus ihrer Feder stammen neben den Grischa-Romanen und den Krähen-Bänden auch diverse Kurzgeschichten und weitere Einzelromane.
Broschiert 512 Seiten
Originaltitel: “King of Scars”
Deutsch von Michelle Gyo
ISBN-13: 978-3-426-22700-8
https://www.leighbardugo.com/
http://www.droemer-knaur.de/home/
Der Autor vergibt: