Alexander Hartung – Spherechild: Grundregelwerk

_Allgemein_

„Spherechild“ ist weder ein klassisches Fantasy- noch ein Science-Fiction-Rollenspiel, denn beide Varianten sind hier möglich. Zur Story: Einst waren alle Sphären eins, doch durch die Sembaren wurde diese Einheit zerstört und die Sphären wurden getrennt. So entstanden unendlich viele Sphären (oder auch Galaxien), die nur durch ein dünnes Band verbunden sind. Auch dies versuchen die Sembaren nun zu zerstören.

Und da kommen die Charaktere ins Spiel, denn sie spielen ein „Sphärenkind“, das mit besonderen Kräften ausgestattet ist, um die Feinde der Sphären aufzuhalten. Hierbei gibt es theoretisch unendlich viele Welten und Galaxien, in denen gespielt werden kann. Bisher gibt es zwei offizielle Sphären, aber weitere sind in Arbeit, und den Spielleitern ist es natürlich vorbehalten, nach Belieben eigene Sphären zu kreieren.

Das Besondere an „Spherechild“ ist aber, dass man in mehreren Sphären gleichzeitig spielen kann. Jedes Sphärenkind hat in jeder anderen Sphäre einen Sphärenbruder, mit dem es kommunizieren kann. Das ist daher nötig, da das schändliche Treiben der Sembaren in einer Sphäre auch Auswirkungen auf die anderen Sphären hat. So ist es möglich, wechselweise in einer Fantasywelt und zugleich in einer hochtechnisierten Welt zu spielen. Das ist allerdings ein „Kann“ und kein „Muss“. Wer nur in einer Welt spielen möchte, kann das selbstverständlich auch tun.

_Die Sphären_

Bisher gibt es zwei offizielle Sphären: Valcreon und Icros. Eine weitere noch unbenannte Sphäre ist in Planung. Widmen wir uns einmal den einzelnen Sphären:

|Valcreon|

Valcreon ist eine Fantasy-Welt von geringer technischer Entwicklungsstufe mit hoher magischer Potenz. Allerdings wird diese nicht wie gewöhnlich von Zwergen, Elfen oder Orks bevölkert, sondern von eigens entwickelten Rassen. Da wären einmal die Qwe, eine aufrecht gehende Echsenrasse, die meist in ausgedehnten Höhlensystemen lebt. Die T‘ Chk sind eine zwergenwüchsige, hochzivilisierte Rasse von religiösen Fanatikern, die Tham sind ein Volk von Gestaltwandlern, die Vendal große, ehrenhafte und starke, aber flugunfähige Vogelmenschen, und natürlich gibt es auch noch normale Menschen, die Siniten. Neben diesen Rassen gibt es überdies natürlich auch eine Reihe von bisher noch nicht spielbaren Völkern.

|Icros|

Icros ist ungefähr auf dem technischen Stand unserer Welt, mit sehr wenig magisch aktiven Wesen. Allerdings sind dort vor langer Zeit Außerirdische gelandet und haben die Menschen versklavt. Durch genetische Experimente erschufen die Außerirdischen mittels einer Kreuzung ihrer DNS und derjenigen der Menschen verschiedene Dienerrassen, um die Massen zu kontrollieren. Um es kurz zu machen: Die Menschen verscheuchten die Außerirdischen wieder, und die Dienerrassen blieben auf der Erde, weil sie äußerlich nicht von normalen Menschen zu unterscheiden waren, da es sich um Gestaltwandler handelt. Diese wurden jahrelang verfolgt und getötet, so dass sie sich als normale Menschen tarnten. Und genau solche Gestaltwandler sind hier die Spielercharaktere.

_Das System_

Die Charaktererschaffung ist flexibel gestaltet, so dass der Spielleiter und die Spieler beim Ermitteln der Attribute zwischen Würfelwurf und Punktesystem wählen können. Die Attribute sind die klassischen Stärke, Konstitution, Geschicklichkeit, Schnelligkeit, Charisma, Intelligenz und Geistige Kraft. Die Auswahl der Rasse modifiziert dann noch diese Werte. Die Profession bestimmt anschließend die Fertigkeiten.

Sobald die Charaktere erschaffen sind, ist das System äußerst simpel und schnell, denn jedes Ergebnis kann mit einem Würfelwurf ermittelt werden: Man nimmt seinen Wert in einem Attribut oder einer passenden Fertigkeit und addiert den Würfelwurf (es wird mit einem W20 gewürfelt) hinzu. Dann wird der Wurf mit der Schwierigkeit verglichen und das Ergebnis steht fest.

Das Kampfsystem ist ebenfalls simpel gehalten, bietet aber eine schöne taktische Variante: Man hat neben einem Attacke- und einem Paradewert eine Anzahl an freien Punkten, die von der Höhe der passenden Waffenfertigkeit abhängt. Diese Punkte können in jeder Runde beliebig auf Attacke und Parade verteilt werden. Dies erlaubt dem Spieler je nach Situation zwischen einem offensiven Kampfstil und einem defensiven Kampfstil zu variieren.

Besonders interessant ist das Magiesystem von „Spherechild“, denn man erlernt nicht einzelne Sprüche, sondern ganze Magiegebiete wie etwa Illusion, Lebensmagie oder das Element Feuer. In diesem Bereich beherrscht der Charakter dann theoretisch alles, was er sich vorstellen kann, er muss nur den entsprechend schweren Würfelwurf schaffen, der vorher anhand der Tabelle festgelegt wird. Dies erscheint zwar zu Beginn ein wenig kompliziert, ermöglicht dem Spieler aber riesige kreative Möglichkeiten.

_Aufmachung_

Dafür, dass das Grundregelwerk von Autor Alexander Hartung in Eigenvertrieb hergestellt wird, ist die Aufmachung wirklich hervorragend. Der Hardcovereinband ist von guter Qualität und das Papier dick und robust. Die Bilder und Grafiken sind durchgehend in Schwarzweiß gehalten. Sicherlich können diese und das Layout nicht mit großen Rollenspielverlagen wie |Pegasus| oder |Feder & Schwert| mithalten, trotzdem ist die Aufmachung dem „Spherechild“-Team gut gelungen, denn man bemerkt jederzeit die Mühe, die in diesem Regelwerk steckt.

_Mein Eindruck_

Ich bin sehr angetan von diesem Regelwerk. Die Welten sind innovativ und nicht der zehnte Standard-Fantasy-Abklatsch, denn davon gibt es schon sehr und genug. Die Regeln sind einfach aber funktional, und das Wechseln zwischen den Welten/Sphären und den verschiedenen Charakteren macht wirklich Spaß. Herausragend ist das Magiesystem, welches die magisch begabten Charaktere nicht übermächtig macht, ihnen aber trotzdem alle Freiheiten lässt. Zudem kann sich jeder eigene Sphären ausdenken, und so können kreative Spielleiter von sich aus viel Abwechslung schaffen. Die Wechselwirkungen zwischen den Sphären sind regeltechnisch einfach gestaltet und dürften niemandem große Schwierigkeiten bereiten. Die Rassen sind ebenfalls interessant konzipiert und bieten dem Spieler viel Raum zur Ausgestaltung der Charaktere.

Zudem ist das Projekt noch lange nicht am Ende angelangt, denn auf der [Homepage]http://www.spherechild.de werden regelmäßig neue Rassen, Professionen, Abenteuer und Spielhilfen kostenlos veröffentlicht. Hier gibt es auch ein Intro-Heft zum Antesten. Was mir an dem Regelwerk nicht so gefallen hat, ist, dass man erst ganz am Ende wirklich etwas über die Sphärenkinder erfährt, nachdem man sich durch die Regeln und zwei Weltenbeschreibungen gearbeitet hat. Mein Vorschlag: Das letzte Kapitel einfach zuerst lesen …

_Fazit_

„Spherechild“ ist ein interessantes Indie-Rollenspiel mit einem einzigartigen Konzept und einem starken Magiesystem. Es würde mich freuen, wenn mehr Rollenspieler diesem Produkt eine Chance gäben.

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