Frauenfantasien über ein faszinierendes Anhängsel
Was würden Frauen tun, wenn sie für einen einzigen Tag (nicht länger!) mit dem „besten Freund“ eines Mannes ausgestattet wären? Zu diesem verführerischen Gedanken befragte die australische Autorin und Journalistin Fiona Giles in erster Linie amerikanische Schriftstellerinnen wie Jane Yolen, Künstlerinnen wie Jenny Holzer, Lesbierinnen, Karikaturistinnen und andere.
Ihre Ideen, Gedichte, Geschichten und Bilder zum Thema „Selberhaben – Selbermachen“ finden sich in diesem recht unterschiedlichen Lesebuch, das aber meistens Vergnügen bereitet (auch einem Mann). Nicht immer ist die Antwort auf obige Frage vorhersehbar. Doch eines ist klar: Freud irrte. Frauen fehlt keineswegs ein bestimmtes Teil des männlichen Universums – sie können mit und ohne…
Skurrile Phantasien
Natürlich verlockt die Vorstellung, eines Tages einen Penis zu haben, erst einmal dazu, dieses Ereignis als Märchen oder phantastische Einbildung zu verarbeiten. So schrieb Janice Eidus zum Beispiel „Schneewittchen und ihre sieben Schwänze. Ein Märchen von Lust und Rache“. Jane Yolen, der „amerikanische Hans-Christian Andersen“, lieferte mit „Whittington Pier und seine Pussikatze, oder Tess und ihr HerrMännchen“ eine Parabel mit der Handlung eines Mini-Entwicklungsromans ab.
Eines ist den Autorinnen, die sich positiv des Themas annehmen – es gibt auch etliche ablehnende und verweigernde Stimmen – gemeinsam: Sie untersuchen die Bedeutung dieses männlichen Geschlechtsteils nicht nur für die körperliche Identität des Individuums, sondern auch für die Gesellschaft – natürlich besonders, wenn es um Sex und Liebe geht.
Erzählweisen
Die Umsetzung findet dabei in Form der Detektivstory („Philip Marlowes schwerster Fall“), von Science Fiction („Im Schönheitssalon“), als indische/chinesische Sage oder auch als lesbische Fantasy statt. Die Lesbierin Tricia Warden schreckt in ihrer Story „Pssst!“ nicht vor der Vergewaltigung einer Frau zurück.
Andere engagierte Autorinnen setzen sich mit dem Phall entweder in seiner technischen oder (sozio-) wissenschaftlichen Relevanz auseinander. Da ist der Penis zum Beispiel einfach eine andere Art von Dildo. Und warum bekamen eigentlich fast nie Wissenschaftlerinnen den Nobelpreis?
Die Antwort: Sie hatten zwar die Leitung und Verantwortung für ein revolutionäres Projekt, aber keinen Penis. Folglich wurden sie von den Jury-Mit-Gliedern für den Nobelpreis missachtet. So ist es der Atomphysikerin Lise Meitner passiert und vielen anderen. Meitner wenigstens ist längst auf den zu ihr zustehenden Sockel gehoben worden.
Unterm Strich
„Mann für einen Tag“ ist ein Kessel Buntes über ein wichtiges und immer noch totgeschwiegenes Thema. „Penisneid“ zu sagen, war „politically not correct“, zumindest noch um die Jahrtausendwende. Inzwischen ist der Diskurs wesentlich freier von Feigenblättern. Umso so facettenreicher stellt sich die Bearbeitung des Themas dar – ein Stück Bewusstwerdung, aber auch ein Lesebuch amerikanischer Literatur des Jahres 1997.
Paperback: 288 Seiten
Originaltitel: Dick for a Day, 1997
Aus dem Englischen von Gabriela Schönberger-Klar
ISBN-13: 9783442540051
www.randomhouse.de
Der Autor vergibt: