Joyce Carol Oates – Zombie

Im Kopf des Serienmörders

Quentin P., 31, ist in Behandlung eines Psychiaters, wird von einem Bewährungshelfer betreut und unterzieht sich einer Gruppentherapie. Doch weder seine Therapeuten noch seine Verwandten ahnen, wie kalt und gefühllos Quentin seine Verbrechen begeht. „Zombie“ ist das erschreckende Psychogramm eines krankhaften Serientäters.

Die Autorin

Joyce Carol Oates, geboren 1938, ist eine US-amerikanische Schriftstellerin. Gelegentlich publiziert Oates auch unter den Pseudonymen Rosamond Smith und Lauren Kelly.

Oates‘ erster Roman erschien im Jahr 1963. Seitdem hat sie mehr als 40 Romane sowie eine Reihe Theaterstücke, Novellen sowie mehrere Sammlungen von Kurzgeschichten, Lyrik, Essays und Biographisches veröffentlicht. In ihrem Werk finden sich sowohl realistisch-sozialkritische Themen (Jene, Foxfire) als auch Fantastisches (Bellefleur, Die Schwestern von Bloodsmoor). Ihre Jugendbücher wie Unter Verdacht und Sexy handeln zumeist vom Erwachsenwerden und den Schwierigkeiten, eine eigene Identität zu finden und sie gegenüber der Umwelt zu verteidigen. Oates gilt als eine der vielseitigsten und bedeutendsten Autorinnen der amerikanischen Gegenwartsliteratur und wird seit Jahren zu den Anwärtern auf den Nobelpreis für Literatur gerechnet.

Zu den Auszeichnungen, die sie bislang in ihrem Leben erhalten hat, gehört der National Book Award für den Roman „them“ (dt. Titel: Jene, 1970), zwei Mal der O. Henry Award und die National Humanities Medal. Sie war mehrfach für den Pulitzer-Preis nominiert: 1992 für „Blackwater „(dt. Titel: Schwarzes Wasser), 1994 für „What I lived For“ (dt. Titel: Wofür ich gelebt habe) und 2000 für „Blonde“ (dt. Titel: Blond).

Handlung

Der Killer erzählt von sich, in einer Art Tagebuch, das er durchnummeriert und mit schwarzem Filzstift illustriert. Der Stil ist also eher grob als fein. Der Leser ist in seinem Kopf, in der Falle. Denn dies ist ja nicht irgendein Kopf, sondern der des Serienmörders Quentin P., ein Psychopath, der keinem in die Augen sehen will – erst recht nicht seinen Opfern.

Quentin P. ist der Sohn eines Professors und einer ihn liebenden Mutter, und natürlich glauben sie nicht, dass ihr Sohn tatsächlich für das verantwortlich ist, was ihm die Behörden vorwerfen. Er ist eine Herausforderung für seinen Psychotherapeuten, der sich befriedigt fühlt durch die wachsende Offenheit seines Patienten, dessen Bereitwilligkeit, seine Träume zu diskutieren. Quentin, so scheint’s, ist nichts als ein zauberhafter junger Mann für seine reiche Großmutter, die ihm mehr und mehr gibt und kaum einen Wunsch abschlagen kann.

Doch hat Quentin auch so etwas wie ein Gewissen? Kalt und gefühllos begeht der ewige Außenseiter seine Verbrechen, umgeben von Leuten, die die Wahrheit nicht sehen wollen. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Quentins Wunsch nach einem Zombie, der ihm hörig und zu Willen ist, fordert ein Opfer ums andere. Nicht Quentin ist der Zombie, sondern die anderen…

Mein Eindruck

Das ganz in Weiß gehaltene Buch erhält seine Relevanz nicht durch die alltäglichen Morde an US-amerikanischen Schulen und Unis oder auf den Straßen, durch den Amoklauf dieses oder jenes frustrierten Amerikaners. Es ist das Psychogramm eines Serienkillers, der von seiner engsten sozialen Umwelt als Engel betrachtet wird, sich aber sonst wie ein Teufel verhält.

„Wenn es so etwas wie das absolut Böse gibt, dann besteht es darin, einen Menschen wie ein Ding zu behandeln“ – John Brunner. Und so ein wehrloses Ding, einen Zombie, versucht Quentin zu bekommen, zu erschaffen. Die Frage ist also, was ihn zu dieser Haltung getrieben hat, was in ihm das Bedürfnis danach geweckt hat.

Oates hat die tatsächlichen Fälle psychopathischer Serienmörder wie Jeffrey Dahmer (der zerstückelte junge Männer) oder Ted Bundy genauestens recherchiert. Auch Q.P. zerstückelt seine Opfer, und seine Besucher beschweren sich über den Geruch – sie wollen aber nicht wirklich wissen, was diesen Geruch verursacht. „Tote Mäuse“, wie Q.P. sagt? Lächerlich.

Aber so ist die Welt. Wir wollen es nicht wirklich wissen. Und das ist eines der furchtbaren Dinge, die man in diesem Buch erkennen muss. Ich musste an die drei Affen denken: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Das war die Welt anno 1995, also lange vor dem iPhone und der rasanten Ausbreitung des Internets. Wenigstens das World Wide Web gab es schon, Jim Berners-Lee sei Dank. Heute sollten es Serienmörder eigentlich schwer haben. Aber sie haben sich ins Dark Net und die Chatrooms verkrochen und suchen sich dort ihre Opfer.

Hardcover: 213 Seiten
Originaltitel: Zombie, 1995
Aus dem Englischen von Renate Orth-Gutmann
ISBN-13: 9783421051783

https://www.randomhouse.de/Verlag/DVA/36000.rhd

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