Million Club

London 1880: Im Zuge der industriellen Revolution laufen die Pionierarbeiter zur Hochform auf. Der Bedarf an Rohstoffen wächst exponentiell, neue Transportmöglichkeiten sollen die Fabriken stärken, und irgendwo mittendrin suchen Finanzexperten nach den lukrativen Lücken, selbst ein Teil der Revolution zu werden und sich an ihr zu bereichern. In „Million Club“ versuchen die Spieler, in den exklusiven Kreis von Finanz- und Industriemogulen aufgenommen zu werden und mittels Intrigen, strategischen Investitionen und reichlich Geschick, die Welt auf den Kopf zu stellen und nicht nur in England, sondern auch in den weltweiten Kolonien auf sich aufmerksam zu machen. Wer sich clever beteiligt, kann die Welt erobern, wohingegen risikoscheue Taktiker schnell zusehen müssen, wie der Wachstum der Wirtschaft an ihnen vorüberzieht. Denn im Klub der Millionäre ist nicht für alle Platz – und nur wer sich mit Ecken und Kanten durchsetzt, hat die Chance, sich im illustren Kreis als Sieger zu behaupten.

Spielidee:

In „Million Club“ geht es vor allem um Einfluss, und diesen muss man gleich zu Beginn des Spiels geltend machen, wenn man nicht sofort vom Kurs abkommen möchte. In den fünf Kategorien Lobby, Intrigen, Kolonien, Börse und Industrien muss man seine beiden Spielfiguren Runde für Runde geschickt einsetzen, um neue Fabriken zu errichten, frische Transportwege zu erstellen oder aber neue Kolonien zu erobern, die individuell Siegpunkte, Prestige und schließlich auch Geld einbringen. In insgesamt neun Durchgängen muss man versuchen, sein eigenes Industrieimperium aufzubauen, es zu erweitern, seinen Wert zu steigern und schließlich im multifaktoriellen Siegpunktsystem die besten Werte zu erzielen. Doch die Spielmechanik bietet Hindernisse, denn nicht in jeder Kategorie kann man Durchgang für Durchgang punkten. Pro Runde ist eine der fünf Aktionsscheiben gesperrt, so dass nur Langzeitplaner und Leute mit treffender Intuition ihr Schicksal siegreich in die Hand nehmen können. Denn genau darum geht’s in „Million Club“!

Spielmaterial:

* 5 Aktionsscheiben
* 39 Industriekarten
* 30 Koloniekarten
* 8 Intrigenkarten
* 1 Kurs-Tableau mit 3 Kursmarkern
* 60 Banknoten
* 12 Spielfiguren ins 6 verschiedenen Farben
* 6 Spielermarker
* 1 Startspielerplättchen
* 1 Spielübersicht
* 1 Wertungsblock

Das Spielmaterial vom „Million Club“ ist bisweilen ein bisschen unübersichtlich gestaltet, wenngleich die Grafiken der Aktionsscheiben und Spielkarten zunächst einmal relativ schlicht gehalten sind. Doch schon bei den Industriekarten sind die Unterschiede nur marginal herausgearbeitet, was für unnötige Verwirrung sorgen kann, gerade in den ersten Partien. Und auch bei den Kolonien wäre ein bisschen mehr Detailverliebtheit bei den Illustrationen wünschenswert gewesen. Dass die Intrigenkarten lediglich in englischer Sprache vorliegen, geht noch in Ordnung, schließlich findet man die jeweiligen Erklärungen in der Spielanleitung. Das mag nicht sonderlich praktikabel sein, ist jedoch hinnehmbar, zumal man sich umgehend mit deren Eigenschaften vertraut macht. Kritisch zu betrachten ist aber die nicht sonderlich gute Spielübersicht, die von den Aktionsscheiben ausgeht. Zwar werden die jeweiligen Ereignisse und Spielzüge hier noch einmal symbolisch erklärt, aber insgeheim ertappt man sich viel zu oft dabei, noch einmal nachzuschlagen, weil vieles nicht selbsterklärend ist. Zumindest im Hinblick auf das Spielmaterial bekommt „Million Club“ daher schon einmal ein paar Abzüge in der Endnote!

Spielverlauf:

Bevor man sich an die erste Runde begibt, werden die Spielmaterialien aufgeteilt. Jeder Spieler erhält den Spielermarker und die Figuren in der gewählten Farbe und legt sie ebenso vor sich ab wie eine verdeckt gezogene Industriekarte.

Anschließend wird das Spielfeld vorbereitet. In der vorgegebenen Reihenfolge werden die fünf Aktionsscheiben nebeneinander ausgelegt. Oberhalb der Börse legt man das Kurs-Tableau ab, welches den aktuellen Wert der drei Zweige Fabrik, Transport und Rohstoffe anzeigt. Die Intrigenkarten, die die Spieler vorab erhalten haben, geben einen ersten Wert vor. Alle diese Karten können im Uhrzeigersinn gewendet werden und anhand der jeweiligen Werte von 1-4 angeben, welchen Wert die jeweilige Karte hat. Zu Beginn wählt man hier den Wert 1, der schließlich auch direkt ins Kurs-Tableau übertragen wird. Dies bedeutet beispielsweise im 3-Spieler-Spiel, dass drei Werte verändert werden müssen. Hat ein Spieler nun eine Fabrik gezogen und die übrigen beiden Spieler Rohstoffe vor sich auslegen, wird der Wert für die Fabrik um 1 Feld, der Wert für die Rohstoffe um 2 Felder erhöht.

Nachdem ein Startspieler gewählt wurde, jeder Spieler das Startkapital in Höhe von 7 Millionen Pfund erhalten hat und die übrigen Karten gemischt und verdeckt neben das Spielfeld gelegt wurden, dürfen die Teilnehmer beginnend mit dem Startspieler abwechselnd ihre Spielfiguren auf die Aktionsscheiben verteilen. In der ersten Runde steht das Aktionsfeld ‚Lobby‘ nicht zur Verfügung, in der nachfolgenden Runde das benachbarte, usw. Jeder Spieler muss nun abschätzen, welche Aktion in der aktuellen Runde am profitabelsten erscheint und anschließend seine Spielfigur auf der entsprechenden Scheibe absetzen. Folgende Optionen gibt es dabei:

1. Lobby

In der Lobby kann man die Entwicklung seiner eigenen Industrie pushen. Die Scheibe hat für jeden Industriezweig ein separates Feld, welches man in seinem Zug nun auswählen kann. Abhängig davon, wie viele Spielfiguren am Ende auf einem dieser Felder stehen, darf die eigene Industrie erweitert werden. Stehen beispielsweise zwei Figuren auf dem Feld Rohstoff, dürfen die beiden dazugehörigen Spieler nun ihre Rohstoff-Karte um zwei Bewegungen umdrehen und von 1 auf 3 stellen. Gleichzeitig wird der Kurs auch im Tableau verändert, denn Rohstoffe haben fortan einen höheren Wert. Alternativ kann man fällige Drehungen auch in Geld umwandeln und sich eine Million von der Bank nehmen. Wie jede Drehscheibe so hat auch die Lobby ihr besonderes Privileg. Der Spieler, der dort die meisten Figuren platziert hat, darf nach Abwicklung des Spielfelds eine Figur auf eines der vier benachbarten Felder stellen. Bei Gleichstand in Sachen Spielfiguren verfällt dieses Privileg jedoch.

2. Intrigen

Sollten sich Spieler dafür entschieden haben, Intrigen zu spinnen, werden Karten vom Stapel der Intrigenkarten gezogen und unter den Spielern verteilt, die sich für diese Option entschieden haben. Das Intrigenfeld hat eine Rangfolge; wer sich hier als erster platziert hat, darf die Karten vor den anderen anschauen. Gezogen wird immer eine Karte mehr als Spieler in dieser Rangfolge vorliegen. Hat ein Spieler eine der Karten gewählt, kann er die darauf befindliche Aktion direkt ausspielen und gibt die noch übrigen Karten an den zweitplatzierten Spieler auf dem Intrigenfeld. Diese Aktionsscheibe hat eine Begrenzung; es darf jeweils nur eine Spielfigur pro Farbe dort abgesetzt werden. Sollte am Ende nur eine einzige Figur dort stehen, kann der zugehörige Spieler auch hier ein Privileg genießen. Er darf eine weitere Karte nehmen und sich entscheiden, diese auf die Hand zu nehmen. Intrigenkarten sind kostenfrei.

3. Kolonien

Analog zum Procedere bei den Intrigen werden auch hier einer Rangfolge entsprechend Karten vom Kolonienstapel gezogen. Der erste Spieler darf die erste Karte aussuchen, usw. Am Ende bleibt eine Karte übrig. Das Privileg der Kolonien besteht darin, dass man als einziger Platzhalter eine weitere Kolonie ziehen und auswählen darf. Der Haken: Jede Kolonie kostet 2 Millionen Pfund; dies sollte man auf jeden Fall berücksichtigen.

4. Börse

Ebenso wie die Lobby wird jeder Industriezweig auch an der Börse abgebildet. Dieses Feld dokumentiert die jeweilige Abhängigkeit einzelner Industrien von den Partnerindustrien. Ohne Fabriken gibt es keinen Transport, Rohstoffe können ohne entsprechende Transportmöglichkeiten nicht gefördert werden, aber ohne Rohstoffe wiederum gibt es auch keine funktionierenden Fabriken. Im Rahmen der Entwicklungen der bereits im Spiel befindlichen Industrien erhalten diese einen jederzeit veränderbaren Wert. An der Börse kann man nun insoweit spekulieren, dass man günstigenfalls die Industrie mit dem höchsten Wert auswählt. Nimmt man beispielsweise eine Fabrik, die gerade den Wert 12 innehat, während der Transport gerade mal den Wert 4 hat, kann man sich die Abhängigkeit der beiden Zweige zunutze machen. Die Werte werden gegenübergestellt und anschließend subtrahiert. Im gerade aufgeführten Beispiel bleibt somit ein Wert von 8 übrig, den man sofort in Geld umwandeln kann. Ein Wert von 8 bedeutet logischerweise einen Gewinn von 8 Millionen. Doch das Spekulieren kann riskant werden; denn wenn die Spielfiguren zuvor ungünstig platziert wurden und der Transport wertvoller wird, kann der Erlös deutlich schwinden oder sogar eine Schuld ausgelöst werden.

5. Industrien

Damit das eigene Imperium wächst, ist es wichtig, seine Industrien auszubauen und in neue Industrien zu investieren. Der Ablauf erfolgt ähnlich wie bei den Kolonien und den Intrigen. Es wird eine Karte mehr gezogen, als Spieler beteiligt sind und nach Rangfolge umverteilt. Auch hier gibt es das Privileg, bei einer Mehrheit eine zusätzliche Karte ziehen zu dürfen. Industrien kosten allerdings stolze 4 Millionen Pfund, so dass man definitiv gut vorbereitet sein muss.

Runde für Runde werden nun Spielfiguren platziert und Millionen umgesetzt. Intrigen werden gesponnen, Kolonien besetzt und zusätzliche Industrien gewinnbringend angekauft, um auch an der Börse verdienen zu können. In jeder Runde wird dabei eines der fünf Spielfelder blockiert, so dass sich in allen Durchgängen unterschiedliche Rahmenbedingungen ergeben. Nach neun Runden kommt es schließlich zur Wertung, in der direkt eine ganze Reihe Faktoren zu Siegpunkten führen können. Folgender Erlös kann schließlich erzielt werden:

– Industrien: Für jede Industrie, die man im Spiel angesammelt hat, bekommt man einen Siegpunkt. Der Spieler mit den Mehrheiten eines Industriezweigs bekommt so viele zusätzliche Siegpunkte, wie er Karten dieser Industrie besitzt. Für jedes Konsortium aus den drei vorhandenen Industrien sind noch einmal zwei Siegpunkte fällig.
– Kolonien: Jede Koloniekarte erbringt einen Siegpunkt. Auch hier werden Mehrheiten anhand der angesammelten Karten gewertet. Wer Kolonien aus allen fünf Erdteilen besitzt, erhält für jeden Satz weitere zwei Siegpunkte
– Vermögen: Sollte man am Ende des Spiels tatsächlich noch einige Millionen im Köcher haben, kann man diese ebenfalls gegen Siegpunkte tauschen. Jeweils 4 Millionen Pfund sind einen weiteren Siegpunkt wert.

Die Wertung wird auf einem separaten Block vorgenommen. Der Spieler, der im Laufe des Spiels die meisten Siegpunkte erzielen konnte, gewinnt das Spiel.

Zum Basisspiel werden in der Spielanleitung auch noch alternative Startbedingungen angeboten, mit denen man eine Variante nachstellen kann. Dies bringt gerade zu Beginn etwas mehr Schwung ins Spiel, weil man individuell einfach bessergestellt ist und zum Beispiel mit mehr Vermögen oder einer besser entwickelten Industrie startet. Es lohnt auf jeden Fall, sich hier reinzuarbeiten, weil die Spielrunden dadurch noch einmal deutlich lebendiger werden!

Persönlicher Eindruck:

Zugegeben: Gerade nach der ersten Partie war ich ziemlich enttäuscht. „Million Club“ schreckte mit einer ziemlich mangelhaften Spielübersicht und nicht allzu klug gegenübergestellten Mechanismen ab, die ziemlich deutlich dazu führten, dass vor allem die Spiele in kleinerer Runde nicht empfehlenswert erschienen. Das Spiel zu zweit ist absolut indiskutabel, weil sich die Spielzüge hier gegenseitig aufheben und man kaum die Möglichkeit hat, Vorteile herauszuspielen, ohne dass der Mitstreiter diese wieder in der gleichen Runde kompensiert.

Ganz anders sieht die Sache aber dann aus, wenn der Spieltisch randvoll ist und die Maximalzahl um die Millionen eifert. Das strategische Moment ist wesentlich intensiver, weil die Aktionsscheiben nun nicht mehr so leicht zu erreichen sind bzw. ihre Vorteile meist an die anderen Spieler gehen, wenn man mit seiner Entscheidung zögert. Die Börsenwerte können sich in Windeseile verändern, es sind mehr Industrien im Spiel, der Geldfluss ist variabler und siehe da: Unverhofft macht das Spiel dann doch noch Spaß und hinterlässt einen durchweg besseren Eindruck als noch in den ersten Runden.
Doch vielleicht ist das auch das Manko von „Million Club“: So richtig interessant wird es erst, wenn mindestens fünf Leute mitspielen, weshalb die Zielgruppe schon einmal deutlich eingeschränkt wird. Eine flotte Runde (und das sollte aufgrund der vergleichsweise kurzen Spieldauer möglich sein) im kleinen Kreis lohnt nicht, weil das Spiel für größere Spielerzahlen konzipiert ist. Und selbst dann ist noch nicht alles optimal, weil die Mechanik schnell durchschaut ist und man auf die Varianten zurückgreifen muss, um die Spannung aufrechtzuerhalten.

Insofern muss man die Sache aus zweierlei Perspektive sehen: Zum einen eröffnet sich ein viel versprechendes und anständiges taktisches Geplänkel, wenn möglichst viele Leute am Tisch sitzen, zum anderen verbraucht sich „Million Club“ mit der Zeit auch wieder, so dass eine dauerhafte Rückkehr auf den Spieltisch eher unwahrscheinlich ist. Nimmt man dann auch noch die durchschnittlichen Werte fürs Spielmaterial in die Betrachtung, tut man sich ungemein schwer, den Titel weiterzuempfehlen.

Fazit:

„Million Club“ hat seine Licht- und Schattenseiten und ist stark von der Spieleranzahl abhängig, was den langfristigen Spielspaß betrifft. Ist man in einer etablierten Runde aktiv und reizt die Teilnehmerzahl aus, kann man durchaus ein paar spannende Partien erleben. Andernfalls sollte man besser die Finger weglassen, da sowohl zu zweit als auch zu dritt kaum Spielspaß generiert wird!

Autor: Arnaud Ladagnous
Verlag: Playad Games / Asmodee
Empfohlenes Alter: ab 12 Jahre
Anzahl der Spieler: 2-6 Spieler
www.asmodee.de

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