Shadowrun: Ein ganz normaler Auftrag

Mel Odom gehört zu den fleißigsten und auch wichtigsten Schreiberlingen auf dem Fantasy/Science-Fiction-Markt und steht mit einer Reputation aus mehr als 140 Werken ganz vorne auf der Liste der seitenschwangersten Autoren der Szene. Aus dem „Shadowrun“-Universum hatte er sich aber schon zum Ende des letzten Jahrhunderts zurückgezogen, obschon seine bis dato abgelieferten Beiträge sicherlich zu den wichtigsten der epischen Serie gehörten. Im vergangenen Jahr kehrte Odom dann aber überraschenderweise zurück und steuerte gleich zwei Beiträge bei, von denen der erste nun auch für den deutschen Markt lizenziert wurde.

Story:

Katar Hawke hat die Straßen dieser Welt über Jahre erforscht und gehört zu den zuverlässigsten Runnern auf dem ganzen Planeten. Seine Jobs erledigt er souverän und schnörkellos, weshalb die Wahl der Auftraggeber meistens auch auf seine Person fällt. Bei einem Exkurs nach Zentralamerika tappt Hawke jedoch in eine Falle, als er die junge Studentin Rachel Gordon von einer berüchtigten Ausgrabungsstätte abziehen soll. Die junge Frau verfügt über ein gehöriges Wissen und hat endlich die Pläne für die Verbindung der Zweiten und der Sechsten Welt geborgen. Doch das jüngst geborgene Artefakt soll der Studentin alsbald zum Verhängnis werden. Die Megakonzerne haben ihre Killer entsandt, um Gordon in ihre Finger zu bekommen und von ihrem Erfahrungsschatz zu profitieren. Als Shadowrunner Hawke schließlich eintrifft, gerät auch sein Leben aus den Fugen. Zum ersten Mal seit langer Zeit verläuft ein Auftrag nicht nach Plan und fordert eine wichtige Entscheidung: Soll er sich dem Risiko aussetzen, der Studentin zu helfen und ihr Leben zu schützen? Oder wirft er seine Prinzipien über Bord und transferiert die junge Dame zu der Partei, die das höchste Gebot abgibt?

Persönlicher Eindruck:

Es scheint ganz so, als habe Mel Odom wieder Blut geleckt und sich wieder intensiv in die „Shadowrun“-Materie vertieft. Sein aktuellster Roman zeugt jedenfalls davon, dass dem Autor wieder nach Action lüstete, denn davon gibt es in „Ein ganz normaler Auftrag“ vor allem in der zweiten Hälfte reichlich.

Odom vertraut dabei schon von Beginn an ganz darauf, dass Tempo eine seiner schärfsten Waffen ist, und verschwendet gar nicht viel Zeit damit, die einzelnen Darsteller ausgiebig vorzustellen. Man ist in Windeseile im Thema und kann sich als erfahrener „Shadowrun“-Leser ohnehin recht schnell in die Welten der Schatten hineinversetzen, die entgegen aller Befürchtungen die Entwicklungen der letzten Jahre nicht außer Acht gelassen haben. Der Autor ist am Puls der Zeit des Franchises, hat die jüngeren Geschichten offenkundig aufmerksam mitverfolgt und steigt nun in eine Zeit ein, in der genau das gefragt ist, was abseits aller sphärischen Fragmente geschieht – und das sind nun einmal rasante Aufträge, coole Runs und schnittige Protagonisten.

Dass Odom sich über weite Strecken an Klischees hangelt, fällt nicht einmal negativ ins Gewicht. Selbstverständlich gilt es, einige Grundsätze auch in „Ein ganz normaler Auftrag“ zu berücksichtigen, gerade was den ständigen Kampf der Megakonzerne gegen das schlichte Volk betrifft. Allerdings schlägt der Plot aus diesem bekannten Rahmen eine Menge profit heraus, da die Geschehnisse bewusst auf die Spitze getrieben werden, um das Tempo noch mehr zu steigern und diesen Zwist jenseits jeglicher Moral neu zu befeuern.

Das Resultat ist schließlich ein ziemlich opulent aufgebautes Action-Szenario, das den ganzen sündigen Morast der „Shadowrun“-Welt aufsaugt, ihn noch ekliger erscheinen lässt, als dies handelsüblich der Fall ist, gleichzeitig aber auch dieses Science-Fiction-Momentum nutzt, das die Verbindung der verschollenen Zweiten Welt wieder in den Fokus rückt.Und auch wenn viele vertraute Elemente dieses Buch säumen und man gelegentlich darüber nachdenkt, aus welchen früheren Kapiteln man verschiedene Abläufe kennt, gelingt es am Ende doch, die Spannung immerzu am explosiven Limit zu halten und genau das zu kompensieren, was in vielen „Shadowrun“-Romanen überhängig ist: nämlich ein Rückruf auf vorangegangene Kapitel und ein ständiger Querverweis auf die Vergangenheit, in der vermeintlich alles besser und origineller war.

Fazit:

Mit all seiner Erfahrung hat Mel Odom ein respektables Comeback geschafft und den „Shadowrun“-Lesern einen lohnenswerten neuen Beitrag geschenkt. Willkommen zurück – und das mit der Bitte um Nachschub!

Autoren: Mel Odom
Verlag: Pegasus Press
ISBN: 3957890993
www.pegasus.de

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)