Christopher Moore – Ein todsicherer Job

Der Tod – der Schnitter, Vollstrecker, Sensenmann, Klapperbein, Gevatter Tod … alles nur symbolische Namen für einen unausweichlichen Zustand, das Ende und den Anfang der biologischen Kette. Oft wird der Tod personifiziert in Filmen und in der Literatur, egal ob nun auf philosophische Art und Weise oder gar ins Dramatische hineingehend.

In der „bildlichen“ Kunst wird der Tod oft als Skelett mit schwarzem Kapuzenmantel und einer Sense gezeigt. Die Vergänglichkeit des Lebens wird hier mit Vanitas-Symbolen dargestellt. Die Sense trennt die Seele vom Körper, das Skelett soll die Vergänglichkeit des Körpers erklären.

Nichtsdestotrotz bleibt der „Tod“ ein Tabuthema, nicht nur in unserer Zivilisation und in unserem Land. Mit dem „Tod“ betreten wir Sterblichen einen, nennen wir es ruhig anderen Raum, andere Sphäre, andere Dimension … vielleicht ein anderes, neues Leben? In jeder Sprache wird der Tod anders beschrieben, eben, um diese Endgültigkeit ein wenig außer Kraft zu setzen. Auch dem Jenseits wird immer viel Beachtung geschenkt, ist es doch tröstlich, dem „Tod“ ein Schnippchen schlagen zu können.

Viele Autoren haben sich durch das Geheimnisvolle, Mysteriöse versucht gefühlt, dem Tod eine Hauptrolle in ihren Romanen zu geben. Dem Schriftsteller Christopher Moore ist es gelungen, mit viel Ironie und schwarzem Humor den Tod in „Ein todsicherer Job“ zu beschreiben. Vorab sei zu sagen, dass es sich um keinen „ernsten“ Roman oder in erster Linie eine romantische Geschichte handelt. Hier geht es vielmehr darum, etwas philosophisch und sehr humoristisch aufzuzeigen, was die Aufgaben eines Todesboten sind und wie man einer wird (auch wenn man es gar nicht erst will).

Story

Charlie Asher – ein Bild von einem Betamännchen – ist mit seiner kleinen Welt ziemlich im Reinen. Er hat das Glück, einen eigenen Second-Hand-Shop mitsamt eigenen Angestellten zu besitzen. Er ist ein glücklicher Ehemann und bald schon Vater einer hinreißenden Tochter.

Kurz nach der Geburt seiner Tochter Sophie verstirbt seine junge Frau Rachel im Krankenhaus, und nun ist er Witwer und zugleich alleinerziehender Vater. Hinzukommt noch, dass er im Krankenzimmer einen in Mintgrün gekleideten Mann sieht und auch dieser etwas verschreckt reagiert, als er „gesehen und angesprochen“ wird. Und warum taucht dieser „Mr. Minty Fresh“ nicht auf den Überwachungskameras des Krankenhauses auf?

Überfordert und desillusioniert schreibt er dies alles seinem Schockzustand zu. Denn mit so vielen Schicksalsschlägen kann ein Beta-Männchen schon mal an seine Grenzen kommen. Charlie will sich auf seine Trauer und seine neue Rolle als Vater konzentrieren, aber daraus wird nichts. In seinem Second-Hand-Geschäft leuchten einige Sachen in einem hellen Rot auf, ganz alltägliche Gegenstände, die Menschen ihm verkauft haben. Das alles widerspricht dem Grundmuster eines trauernden Beta-Männchens, und es wird noch schlimmer, als in seiner Gegenwart Menschen plötzlich sterben.

Kurze Zeit später ruft ihn Mr. Minty Fresh an und klärt Charlie darüber auf, dass er jetzt ein Todesbote sei und die Aufgabe habe, die „Seelenschiffchen“ einzusammeln und an die vorgesehenen Empfänger zu überbringen. Bewaffnet mit einem antiquarischen Stockdegen, sucht Charlie wütend den Kollegen Mr. Fresh auf und stellt diesen zu Rede. Von diesem bekommt er mehr Antworten, als er eigentlich haben wollte.

Ab sofort tauchen in seinem Kalender morgens die Namen der „Verstorbenen“ auf, mitsamt der Laufzeit, um das Seelenschiffchen vor den dunklen Mächten zu finden. Wohl oder übel stellt sich Charlie diesem Job und erledigt ihn gar nicht so schlecht. Er lebt eine Doppelrolle, einzig und allein seine Angestellte Lilly, die ein Buch, das Mr. Fresh Charlie schickte, abgefangen hat – eine Art von „Stellenbeschreibung eines Todesboten“ -, weiß darüber Bescheid.

Mr. Fresh erklärt ihm auch, dass er „Feinde“ habe, die nur er hören und sehen kann, die im Hintergrund bleiben und nur darauf warten dass Charlie und die anderen Todesboten es nicht schaffen, rechtzeitig die Seelenschiffchen zu finden. Sollte Charlie versagen, wäre das Gleichgewicht zerstört und ein Weltuntergang könnte die Folge sein. Diese „Todesgöttinnen“ oder „Dämonischen Persönlichkeiten“ betitelt er als Gullyhexen. Zwischen Charlie und diesen Wesen entbrennt ein herrlicher kleiner Kleinkrieg, was auf die übrigen Mitmenschen zumeist komisch wirkt, wenn Charlie sich inmitten einer Kreuzung über einen Gullydeckel beugt und Schimpfwörter artikuliert oder mit kleinen Bomben in der Hand sitzend und hämisch grinsend versucht, einen gemeinsamen Dialog zu finden.

So lebt und arbeitet er vor sich hin, seine aufwachsende Tochter wird im Laufe der Erzählung von zwei Höllenhunden beschützt, die er verzweifelt versucht umzubringen. Auch die Polizei kommt ihm langsam auf die Spur, denn sein Verhalten ist „menschlich“ nicht zu erklären …

Betrachtungen

Der Grundton dieses Romans ist herrlich makaber und ironisch. Die Charaktere werden wundervoll im Detail beschrieben, mit all ihren kleinen Macken und Schwächen. Liebevoll wird Charlie als typischer Verlierer durchleuchtet, mit all seinen Minderwertigkeitskomplexen und Neurosen, über die man so sehr schmunzeln mag. Genauso ist es, wenn er über sein Beta-Männchen-Dasein philosophiert oder versucht, den Anforderungen seiner Tochter Genüge zu tun; auch die Mordanschläge auf die Höllenhunde sind brillant. Besonderes Augenmerk verdienen auch die Gullyhexen, die schon so alt wie die Menschheit sind, es aber nun mit modernen Waffen zu tun bekommen und sich darüber unterhalten, wie wunderschön einfach das Dämonenleben doch in der Vergangenheit war, keine Schusswaffen, keine Autos, keine Sprengwaffen …

Die Geschichte zieht sich bis zum Schulalter seiner Tochter und ist dabei immer lustig und absolut unterhaltsam beschrieben. Auch das Ende ist überraschend und sehr einfallsreich gehalten, eine Fortsetzung schließe ich hier aber aus. Trotz aller Komik und des schwarzen Humors hat sich der Autor Christopher Moore mit der ernsthaften Seite des Todes befasst. Der Buddhismus, Reinkarnation und das Tibetanische Totenbuch werden dem Leser in vielen guten Beispielen näher gebracht.

Als Fazit sei zu sagen, dass ich selten bei einem Buch so viel gelacht habe wie bei „Ein todsicherer Job“. Der Galgenhumor des Hauptdarstellers Charlie und seiner Freunde konnte mich auf Anhieb überzeugen. Leser, die bereits gerne die Romane rund um den „Tod“ bei Terry Pratchett gelesen haben, werden hellauf begeistert sein.

Alles in allem: absolut zu empfehlen, wenn man gerne mal wieder so richtig schmunzeln möchte.

Autor

Christopher Moore war u. a. Journalist, Dachdecker, Kellner und Versicherungsvertreter, bevor er anfing, Romane zu schreiben. In den USA haben seine Romane längst schon Kultstatus erreicht und auch in Europa wächst seine Bekanntheit stetig.

Taschenbuch: 480 Seiten
Originaltitel: A Dirty Job
www.chrismoore.com
www.goldmann-verlag.de

Siehe ergänzend unsere Rezension zu Christopher Moores „Die Bibel nach Biff“.