Reilly, Matthew – Operation Elite

Der Autor und studierte Jurist Matthew Reilly entdeckte schon früh seine Leidenschaft für das Bücherschreiben; so fertigte er seinen ersten Roman „Showdown“ (im Original „Contest“) schon während seines Studiums an und beendete ihn im Alter von nur 19 Jahren. Probleme ergaben sich allerdings bei der Veröffentlichung, denn sein Manuskript wurde zunächst überall abgelehnt, sodass Reilly die ersten tausend Kopien seines Buches auf eigene Kosten publizierte. Leider fand er später doch noch einen Verlag für seine Romane …

In Reillys neuestem Werk „Operation Elite“ steht erneut Shane M. Schofield, genannt „Scarecrow“ im Mittelpunkt des Geschehens. Die Majestic-12, eine Gruppe einflussreicher Milliardäre, haben eine Liste mit den Namen von 15 Personen ausgegeben, die zu liquidieren sind, auf jeden Kopf wurden stolze 18,6 Millionen Dollar ausgesetzt, sodass die Jagd der zahlreichen Kopfgeldjäger auf die gewinnbringenden Opfer der Liste rasant losgehen kann. Auch Schofields Name taucht auf der Liste auf, und so dauert es nicht lange, bis er in Sibirien in einen Hinterhalt gelockt wird und sich urplötzlich in Lebensgefahr befindet. Doch Schofield kann sich aus zahlreichen brenzligen Situationen retten, muss aber schnell erkennen, dass seine Feinde von seiner Liebesbeziehung zu Libby Gant wissen.

Während Schofield in Sibirien vor den Kopfgeldjägern flüchtet, befindet sich Gant zusammen mit Mother(fucker) in Afghanistan, um den letzten Terroristenunterschlupf der Al-Kaida in die Luft zu sprengen. Doch auch dort treffen konkurrierende Truppen aufeinander, die es einerseits auf Gant abgesehen haben, aber auch auf weitere Köpfe der Liste. Gant kann eine lasergesteuerte Bombe aktivieren, die die Terroristenhöhle in die Luft sprengen wird, gerät aber selbst in die Fänge eines gefährlichen Kopfgeldjägers, der es eigentlich auf Schofield abgesehen hat.

Zusammen mit Mother und dem gefährlichen Knight eilt Schofield sogleich zur Rettung seiner Liebsten, gerät aber auch hierbei von einer lebensbedrohlichen Situation in die nächste. Derweil versucht Schofields Gefährte Book herauszukriegen, was die Majestic-12 mit der Liquidierung der 15 Personen bezwecken wollen und entdeckt dabei Unglaubliches. Ein neuer Krieg entsetzlichen Ausmaßes soll ausgelöst werden und einzig Schofield ist noch in der Lage, diesen zu verhindern …

In einem kurzen ersten Kapitel erzählt Matthew Reilly von der Liste der M-12, auf der 15 Menschen stehen, die umgebracht werden sollen. Zunächst wird der Leser jedoch über den Sinn dieser Tötungsaktion im Dunkeln gelassen. Erst später kommen die Romanfiguren hinter den Plan der Majestic-12 und wissen, welches Unglück sie zu verhindern haben. Doch Reilly hält sich nicht lange mit diesen einleitenden Worten auf, sondern lässt Schofield schon bald blindlings in die erste lebensbedrohliche Situation spazieren. Schon nach wenigen Seiten befindet sich der Leser mitten in einer actiongeladenen Situation, in der Kopfgeldjäger, Söldner und andere gefährliche Schurken hinter Shane M. Schofield her sind. Dort werden hochtechnologische Waffen gezogen, mit denen Gebäude zum Einsturz gebracht oder Waffen unbrauchbar gemacht werden und auch welche, die Schofields Leben retten werden.

Überhaupt scheint Reilly eine blühende Phantasie und ein Faible für Technik zu haben, denn auf vielen Seiten erzählt er von neuartigen Erfindungen, von denen die Welt bislang nichts gehört hat. Eines der Flugzeuge ist beispielweise mit einem Schallwellenmanipulator ausgerüstet, mit dem sich der Überschallknall verhindern lässt. Auch von den Düppeln, unter denen man sich hier viskose Teilchen vorstellen muss, die in der Luft schweben und sich überall festsetzen können, hatte ich vorher noch nichts gehört; „Düppel“ bezeichnet herkömmlich ein Radartäuschungsmittel. Dabei scheinen gerade die Düppel doch sehr hilfreich zu sein, da sie auch den Lauf sämtlicher Gewehre blockieren können. Als besonders hilfreich erweist sich für Schofield immer wieder sein Maghook, welcher eine Art Fangleine darstellt, die ausgeworfen werden kann und die magnetisch (!) überall zu haften scheint. Praktisch an allen Gegenständen haftet der Maghook und selbst beim Autoabsturz in einer bergigen Gegend möchte Schofield seinen Maghook benutzen. Leider bleibt Reilly uns die Antwort schuldig, wo genau dort magnetische Teile zu finden sein sollen. In „Operation Elite“ kann sogar ein Jeep abheben, wenn er nur schnell genug wird. Warum Flugzeuge fliegen, Jeeps jedoch nicht, scheint Reilly leider nicht zu wissen. Nicht ganz klar geworden ist mir die Physik hinter all den beschriebenen technischen Errungenschaften, die wahrlich abenteuerlich sein muss … Einzig die erwähnten Mersenne-Primzahlen gibt es wirklich. Doch wird nicht mehr nach der 40. Primzahl gesucht, wie Reilly noch in seinem Buch behauptet, sondern bereits nach der 41., da Nummer 40 im Jahre 2003 entdeckt worden ist. Ich frage mich ernsthaft, woher Reilly seine abstrusen Ideen nimmt und wieso ein Mann, der Jura und Kunst studiert hat, sich technisch so weit aus dem Fenster lehnen muss …

Neben derlei Abstrusitäten erscheint mir Reilly darüber hinaus sehr waffenverliebt zu sein, denn sämtliche der auftauchenden Figuren sind waffentechnisch fantastisch ausgerüstet und tragen meist mehrere tödliche Gewehre mit sich herum, die allesamt aufgeführt und erwähnt werden müssen:

S. 28: |“Er war mit einer MP-7 von Heckler&Koch bewaffnet, dem Nachfolger der MP-5. Die MP-7 war eine kurzläufige Maschinenpistole, kompakt, aber gefährlich. Außerdem hatte Schofield noch eine halbautomatische Pistole vom Typ Desert Eagle dabei, ein K-Bar-Messer und in einem Rückenhalfter einen so genannten Maghook vom Typ Armalite MH-12 – eine magnetische Haftvorrichtung, die mit einem mit zwei Handgriffen ausgestatteten Gerät abgefeuert wurde, das Ähnlichkeit mit einer Pistole hatte.“|

Auch die Helikopter, Schiffe und sonstigen Fortbewegungsmittel werden in allen möglichen technischen und langweiligen Details vorgestellt, unter denen sich der normale Leser nicht wirklich etwas vorstellen kann. Zur Untermalung sind allerdings viele Gebäude und Orte in Form von Grafiken dargestellt, in welchen verschiedene markante Punkte eingezeichnet sind, an denen sich Schofield und Konsorten in der Geschichte herumtreiben müssen.

Die vorgestellten Charaktere sind farblos und klischeebesetzt. So ist Held Schofield natürlich unverwundbar und mit übermenschlichen Reflexen ausgestattet, die ihn besonders wertvoll machen. Seine Achillesferse findet sich in seiner Liebschaft zu Libby Gant, mit der er seit einem knappen Jahr zusammen ist und der er nach absolvierter Mission einen Heiratsantrag zu machen gedenkt. Schofield ist dermaßen übertrieben und heroisch dargestellt, dass man in keiner Situation mit ihm mitfiebert und sei seine Lage noch so aussichtslos, denn der Leser weiß ja ohnehin, dass sich Schofield retten kann. Besonders eindrucksvoll fand ich die Vorstellung Mothers, die sämtliche Klischees einer toughen Militärfrau in sich zu vereinigen scheint. Später stellt sich im Übrigen heraus, dass Mother verheiratet ist und zwei Kinder hat, die Britney Spears hören.

S. 90: |“Mit ihren einsachtundachtzig, ihrem rasierten Schädel, der Beinprothese und ihren herausragenden Killer-Fähigkeiten hatte Mothers Wort Gewicht. Ihr Spitzname sagte schon alles. Er war die Kurzform von ‚Motherfucker‘.“|

Im Prinzip stellt das Buch eine sinnlose Aneinanderreihung von Actionsequenzen dar. Eingeteilt ist es in sieben Kapitel, die die Angriffe auf den Superhelden Shane M. Schofield durchnummerieren. In jedem einzelnen Kapitel, welches wiederum unterteilt ist in zahlreiche kurze Abschnitte, findet sich der Leser konfrontiert mit einer eindrucksvoll bedrohlichen Situation, in der die guten Helden selbstverständlich immer weit in der Unterzahl sind, aber dennoch meist gegen die bösen Kopfgeldjäger und Terroristen zu gewinnen scheinen. Während von der M-12 Liste also immer mehr Menschen liquidiert werden, überlebt Schofield ein ums andere Mal die Angriffe auf seine Person. In diesem Buch spielen praktisch alle bekannten Geheim-Gruppierungen mit; so trifft der Leser auf Al-Kaida, Dschihad, Mossad, CIA, Marines und ähnliche Organisationen und Geheimdienste. Etwas weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen! Inhaltlich gesehen ist „Operation Elite“ mehr als dünn, die Geschichte um M-12, die die Weltherrschaft an sich reißen wollen, wird größtenteils zu einer kleinen Randerscheinung degradiert, da sich Reilly fast ausschließlich auf die Actionsequenzen konzentriert. Luft holen kann man beim Lesen daher kaum, da die Szenenschauplätze so häufig gewechselt werden und immer wieder in einem Gemetzel enden, dass keine Ruhepausen auftauchen. Manch einen Geschmack mag diese stupide Actionbeschreibung treffen, ein wenig Story hätte dem Buch allerdings recht gut getan.

Sprachlich ist „Operation Elite“ eine reine Katastrophe und absolut dilettantisch geschrieben, viele Sätze sind nur unvollständig und kommen ohne ein Verb aus, auch Nebensätze sind eine seltene Erscheinung in diesem Buch – warum auch, man kommt offensichtlich sehr gut mit kurzen und abgehackten Hauptsätzen aus. Kompliziertere Satzkonstruktionen wird der Leser hier vergeblich suchen, auf sprachliche Schönheit und ausgewählte Wortwahl kommt es Reilly nicht an. Ganz im Gegenteil, geschmückt wird „Operation Elite“ von zahlreichen kursiv gedruckten Worten, die ich eigentlich nur aus Comics kenne. Reilly offenbart in „Operation Elite“ seine Vorliebe für Ausdrücke wie „wosch, wumm, krack, bläm, wopp, kreisch, wromm, klong, schmatz, schluck“ etc., die teilweise mitten in einem Satz auftauchen, oftmals aber auch völlig alleine dastehen.

S. 51: |“Der Bodyguard feuerte – Clark feuerte im selben Moment – der Bodyguard fiel mit dem Gesicht auf den Boden – Clark brach ebenfalls zusammen – dann zog Wexley die Pistole – während Schofield sich abrollte und zweimal seine Desert Eagle abfeuerte – Bäng! Bäng! Wexley wurde in die Brust getroffen und einen halben Meter zurückgeschleudert, prallte gegen die Wand des Verwaltungsgebäudes und brach zusammen.“|

An vielen Stellen verwendet Reilly Metaphern, die einfach nur unpassend wirken, wie beispielsweise: |“Der Kopf des Soldaten explodierte wie eine Büchse Tomatensuppe.“| (S. 129) Ahnlich ungeschickte Ausdrucksweisen finden sich häufig und wären besser dem Lektorat zum Opfer gefallen. Sehr bildhaft wird ein sich nähernder Helikopter durch die Aneinanderreihung von zahlreichen „Wopps“ angekündigt, die sich auf einer Länge von ganzen zwei Zeilen wiederfinden. Im Grunde genommen hat Reilly sein sinnfreies Buch so geschrieben, als wäre es in der Tat ein Comic. Ich persönlich stelle mir dabei eine Menge lustiger Bilder vor, in denen die Menschen mit Sprechblasen ausgerüstet werden und Geräusche mit derlei Begriffen wie oben aufgezählt erläutert werden. Sprechblasen bräuchte dieser Comic allerdings nur wenige, da Dialoge recht rar gesät sind in Reillys aktuellem Werk. Meist geht es ihm nur um rasante Szenen, in denen jedes Wort fehl am Platze wäre und in denen daher auch nicht viel geredet wird. Um seinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen, spart Reilly nicht an Satzzeichen, in geradezu verschwenderischer Weise werden besonders dramatische Ausrufe mit gleich mehreren Ausrufezeichen versehen, damit auch der unaufmerksamste Leser bemerkt, dass etwas betont werden möchte. Auch die häufig kursiv gedruckten Passagen haben einen ähnlichen (und überflüssigen) Effekt.

Auf etwas über 500 Seiten kämpft sich der Leser durch sieben lebensgefährliche Szenen, in denen Shane M. Schofield sich seinen Gegnern stellt und schier ausweglose Situationen meistert. Immer wenn der Leser glaubt, dass Schofield sich nun wirklich nicht mehr retten könne, zaubert dieser ein weiteres Ass aus dem Ärmel, mit dem er wieder einmal seinen Kopf aus der Schlinge ziehen kann. Realistisch ist das Buch an keiner Stelle und auch spannend mag es nicht werden. Eher fühlt man sich genervt durch sinnfreie Ballerei und unglaubliche technische Erfindungen, die einzig der Phantasie des Autors entspringen. Sprachlich rangiert das Buch an unterster Stelle und ich bin mir fast sicher, dass ich noch nie so etwas Dilettantisches gelesen habe.

Blöd, wenn man einen Comic erschaffen will und nicht zeichnen kann – aber schreiben leider ebenso wenig …