Rainer M. Schröder – Die Bruderschaft vom Heiligen Gral (Der Fall von Akkon)

Um den Heiligen Gral, das Gefäß, das angeblich ewige Junge und Stärke verleiht, rankt sich eine Vielzahl von Legenden, die Künstler zu allen Zeiten beflügelt haben. Im Jahr 2004 sendete |Pro Sieben| zum Beispiel den aufwändigen Hohlbein-Zweiteiler „Das Blut der Templer“, der die Sage um den Kelch ins heutige Zeitalter versetzte.

Nun hat sich Rainer M. Schröder, einer der bekanntesten deutschen Jugendbuchautoren, der wohl spätestens seit der Abby-Lynn-Triologie jedem Lesenden ein Begriff sein sollte, dieses Themas angenommen und es ins Heilige Land im 13. Jahrhundert verlegt. Genauer gesagt ins Jahr 1291, in dem die Kreuzritter erfolglos versuchen, die letzte christliche Befestigung in Akkon gegen Sultan el-Ashraf Khalil zu verteidigen. Wie es der Zufall will, geschieht es unter diesen extremen Bedingungen, dass sich die vier Tempelritter Gerolt von Weißenfels, Maurice von Montfontaine, McIvor von Conneleagh und Tarik el-Kharim treffen und anfreunden. Kurz bevor Akkon in muslimische Hand fällt, tritt Abbé Villard, der letzte Gralshüter der Geheimen Bruderschaft, die den Kelch des letzten Abendmahls behütet, auf die Vier zu und eröffnet ihnen, dass sie erwählt wurden, um jenes Kleinod in Sicherheit zu bringen. Nachdem sie ihre Weihe als Gralshüter erreicht haben, sollen sie den Gral, der sicher verpackt ist, von seinem eigentlichen Ort, dem unterirdischen Labyrinth von Akkon, in die Ordensburg der Templer in Paris bringen.

Natürlich läuft nicht alles nach Plan, denn als sie auf einem zyprischen Handelsschiff fliehen wollen, fallen sie in die Hände des Sultans von Kairo und nur durch eine Finte gelingt es Tarik und McIvor, nicht in Gefangenschaft zu kommen. Nun liegt es an ihnen, den Heiligen Gral aus seinem Versteck in dem Schiff und ihre Freunde aus dem Gefängnis zu holen. „Füreinander in fester Treue!“, wie die Vier sich geschworen haben …

Mit gewohnt fundiertem Hintergrundwissen erzählt Schröder die Geschichte um den Heiligen Kelch. Anders als in der Realität existiert das Gefäß sehr wohl und befindet sich in den Händen eben jener geheimen Bruderschaft, der sich die vier Ritter anschließen. Ohne zu sehr ins Mystische abzugleiten, erzählt er mit wenigen Fantasyelementen vom Anfang der Reise der vier Ritter, die sich auf eine Triologie verteilt.

Der erste Teil, „Der Fall von Akkon“ stellt auf jeden Fall einen viel versprechenden Anfang dar, auch wenn das Buch sehr langatmig beginnt. Durch den zähen Vorspann – die Belagerung Akkons dauert fast die Hälfte des Buches und es passiert nichts wirklich Spannendes – kommt die Geschichte sehr schwer in Gang, auch wenn der mysteriöse Abbé, dessen Identität zuerst nicht bekannt ist, einen Schuss Geheimnis ins Spiel bringt. Diese Längen, die oft durch die sehr ausführlichen Beschreibungen von eigentlich uninteressanten Handlungen entstehen, sind beinahe schon charakteristisch für Schröder. Umso mehr überrascht es, als das Buch in der zweiten Hälfte richtig in Fahrt kommt und spätestens beim Auseinanderreißen des Glückskleeblatts kann man das Buch nicht mehr aus den Händen legen.

Ebendiese Beschreibungen sind es, die dem einen oder anderen Leser jedoch gefallen werden, denn dadurch schafft Schröder es, ein sehr gutes Bild von dieser Zeit zu vermitteln. Behilflich dabei sind die Fußnoten, die kurz und prägnant Begriffe aus dem Mittelalter erklären. „Der Fall von Akkon“ ist auf jeden Fall nicht nur ein Buch für die Profis, sondern auch für die Laien, die sich vielleicht zum ersten Mal mit dem Heiligen Gral auseinander setzen. Ein Jugendbuch eben, dessen Thematik sicherlich auch die älteren Leser anspricht.

Der Schreibstil selbst ist eher nüchtern gehalten und weist nicht besonders viele Emotionen auf. Zumeist gibt es keine wirkliche Erzählperspektive, was das Buch stellenweise etwas blutleer werden lässt. Dieser Eindruck entsteht auch dadurch, dass Gefühle nur eine Nebenrolle spielen. Man darf diese Kritik nicht falsch verstehen! Das ist kein Verlangen nach einer kitschigen Liebesbeziehung, sondern einzig die Feststellung, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen in dem Buch in der Gedankenwelt der Personen keine große Stellung einnehmen. Das ist auf der einen Seite in einem historischen Roman sicherlich von Vorteil, weil nun mal das Geschichtliche im Vordergrund steht, andererseits verlieren sowohl der Roman als auch die Protagonisten dadurch an Tiefe.

Letztendlich hat Rainer M. Schröder mit diesem Werk einen guten Grundstein für die Triologie „Die Bruderschaft vom Heiligen Gral“ gelegt. Auch wenn das Buch anfangs etwas schwerfällig ist, kommt es gegen Ende richtig in Gang und macht Lust auf den zweiten Band, da es an einer sehr geschickten Stelle aufhört. Der Schreibstil ist stellenweise schuld daran, dass nur wenig Spannung aufkommen will, gleichzeitig sorgt er dank seiner Sachlichkeit jeodch für ein umfassendes Bild der damaligen Zeit. Insgesamt hat der bekannte Autor mit „Der Fall von Akkon“ sicherlich kein Meisterwerk geschaffen, aber dafür einen sehr ansprechenden Jugendroman, der auch älteren Lesern gefallen mag.

Gebundene Ausgabe: 488 Seiten
Auflage: Januar 2006
www.arena-verlag.de