Richard Schwartz – Der Falke von Aryn

Lorentha ist nicht glücklich über ihre Rückkehr nach Aryn, und das liegt nicht nur daran, dass ihr Vertrag bei der Garde wohl nicht verlängert werden wird. Ihre Erinnerungen an diese Stadt sind nicht gerade positiv, und ihr Vorhaben, den Mord an ihrer Mutter aufzuklären, rührt genau an diesen Erinnerungen.

Als wäre das noch nicht schlimm genug, wird sie, kaum dass sie das Schiff verlassen hat, zum Gouverneur zitiert, der ihr eröffnet, sie müsse zusammen mit einem manvarischen Adligen den Diebstahl des wertvollsten Artefakts der Stadt, des Falken der Göttin Isaeth, aufklären und dafür zunächst einmal einen dieser verhaßten Adelsbälle besuchen …!

Die Geschichte wird hauptsächlich von zwei Figuren getragen:

Lorentha ist eine starke, eigenwillige und unabhängige Frau, die nicht gerade für ihre Geduld bekannt ist und auf ihren Ruf pfeift. Für den Adel und seine Ballparkettintrigen hat sie nichts als Verachtung übrig, einer der Gründe, warum sie sich mit ihrem Vater zerstritten hat und zur Garde gegangen ist.

Raphanael ist zwar ein Adliger, außerdem aber auch noch Mitglied des magischen Ordens der Hüter, und er hat nicht nur Humor, sondern auch Verantwortungsbewusstsein. Im Gegensatz zu Lorentha legt er allerdings eine Menge Wert auf seinen Ruf, denn für ihn ist dieser ein Mittel der Politik.

Als tiefschürfend kann man die Charakterzeichnung nicht bezeichnen, trotzdem zeugt die Darstellung von Fingerspitzengefühl. Das gilt vor allem für Raphanaels wachsende Zuneigung zu Lorentha. Auch die Nebenfiguren sind, wenn auch wenig intensiv, so doch lebendig und glaubhaft geraten. Vor allem Mort mit seiner trockenen Art war eine Bereicherung.

Ähnliches lässt sich auch über die Handlung sagen. Der Plot war interessant angelegt und sauber aufgebaut. Die Ermittlungen der beiden Protagonisten und die Entwicklung ihrer Beziehung halten sich gekonnt die Waage. Erläuterungen zur Historie der Welt und zur Magie sind dagegen eher eine Randerscheinung. Wenn Mort nicht wäre, würde ich das Buch eher als Krimi denn als Fantasy bezeichnen.

All dieses Rätselraten war durchaus unterhaltsam, zum Ende hin, wo sich die Lage zuspitzen sollte, fehlte mir jedoch ein wenig der Spannungsbogen. Zu offensichtlich war das Manöver des Antagonisten im Zusammenhang mit der Entführung. Und zu leicht und zu schnell löste sich der Showdown in Wohlgefallen auf. Außerdem wartet am Ende des Buches ein dicker Logikfehler.

Vorsicht Spoiler!

Lorentha verzichtet auf ihren Anspruch mit der Begründung, sie wäre nicht in der Lage, ihn gegen das Kaiserreich und Manvare durchzusetzen. Statt dessen schiebt sie Raphanael vor, der nicht einen Fingernagel mehr Unterstützung vorweisen kann als Lorentha – vielleicht abgesehen von seinem guten Ruf. Seltsamerweise hat Raphanael letztlich weder mit dem Kaiserreich noch mit Manvare irgendwelche Schwierigkeiten.

Noch viel mehr störte mich, dass die Bruderschaft Aragons überhaupt nichts gegen Raphanael unternimmt. Nach Lorenthas Täuschungsmanöver müsste sie eigentlich Raphanael für den rechtmäßigen Erben sowohl des Kaiserreiches als auch des Herzogtums Aryn halten. Der gesamte Plot basiert darauf, dass die Bruderschaft einen solchen Erben Jahrhunderte lang mit allen Mitteln verhindern wollte. Und jetzt lässt sie Raphanael einfach gewähren?

Spoiler Ende

Gestört habe ich mich, vorwiegend zu Anfang, auch am etwas ungewöhnlichen Satzbau. Manche Sätze waren etwas zu sehr mit Nebensächlichkeiten beladen, in Schachtelbauweise, sodass ich gelegentlich zum Satzanfang zurückkehren musste, um herauszufinden, worum es ursprünglich ging. Trotzdem war die Sprache insgesamt eher schnörkellos und geradlinig und hinterließ eher den Eindruck einer trockenen denn einer stimmungsvollen Erzählweise.

Unterm Strich war das Buch ganz gut zu lesen. Abgesehen vom etwas unpassenden Ende bot es einen interessanten Plot, sympathische Charaktere, eine Prise Humor und einige abwechslungsreiche Wendungen, dafür aber eher wenig Flair und nicht allzu viel Spannung. Alles in allem hat es mich recht gut unterhalten, gefesselt oder mitgerissen hat es mich jedoch nicht.

Richard Schwartz ist ein Pseudonym. Der Autor ist gelernter Flugzeugmechaniker und studierter Elektrotechniker und Informatiker. Gearbeitet hat er in mehreren Berufen, vom Tankwart bis zum Systemprogrammierer, außerdem repariert er Autos und Motorräder. Da bleibt zum Schreiben nur noch die Nacht, trotzdem stammen aus seiner Feder außer dem „Falken von Aryn“ gleich zwei mehrbändige Zyklen, Das Geheimnis von Askir und Die Götterkriege, sowie die Lytar-Reihe unter dem Pseudonym Carl A. deWitt.

Broschiert 464 Seiten
ISBN-13: 978-3-492-70279-9

http://www.piper-verlag.de

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