Bathurst, Bella – Feindinnen

|Jugendzeit – schöne Zeit? Bella Bathurst belehrt uns mit „Feindinnen“ eines Besseren!|

Eine Gruppe von englischen Internatsschülerinnen fährt für zwei Wochen in ein abgelegenes Schullandheim. Doch von der Erholung, die sie dort genießen sollen, bekommen die Dreizehn- und Vierzehnjährigen nichts mit, denn sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, sich und ihre Umwelt zu beobachten.

Da wäre zum Beispiel Caz, der strahlende Stern der kleinen Gruppe, die einen perfekten Körper und Jungskontakte aufweisen kann. Hen, die magersüchtig ist und mit der Scheidung ihrer Eltern nicht zurechtkommt. Ali, die sich von den anderen Mädchen fernhält, lieber alleine auf Bäumen sitzt und Bücher liest. Izzy, die etwas dicklich ist und trotz ihrer hilflosen und nervenden Versuche keinen Anschluss an die Gruppe findet. Jules, die so sein möchte wie Caz und sich deshalb zu unschönen Erfahrungen hinreißen lässt.

Es ist die Personenkonstellation, aus der Bathurst ihre Handlung bezieht. Die Konflikte, die die Mädchen mit sich selbst und unterschwellig mit den anderen haben, treten auf dem engen Raum eines Zimmers ans Tageslicht und entladen sich in ungewollten Entjungferungen, Essensverweigerungen und allergischen Schocks. Die beiden Lehrkräfte, die sadistische Ms Naylor und die junge Geschichtslehrerin Jaws tragen ihren Teil dazu bei, dass die Atmosphäre sich nicht bessert.

Die englische Autorin weiß geschickt mit diesen Handlungsfäden umzugehen und spinnt daraus eine dichte, intensive, aber angenehm unaufdringliche Story. Spannung gibt es dagegen kaum und es ist fraglich, ob der Aufdruck „Psychothriller“ wirklich verdient ist. An und für sich gibt es nämlich noch nicht mal eine stringente Handlung. Die Geschichte stellt eher die Aneinanderreihung verschiedener, mit dem Jugendalter verbundener Ereignisse dar, die aber nicht voneinander abhängen.

Das ist in diesem Fall allerdings kein Negativpunkt, denn durch die Abwesenheit eines wirklichen Handlungstrangs kann sich Bella Bathurst völlig darauf konzentrieren, ihren Figuren und deren Erlebnissen den Raum zur Entfaltung zu geben, den sie benötigen, um den Leser zu becircen.

Die Figuren sind wirklich sehr gut getroffen, auch wenn man sie anfangs für ein wenig langweilig hält, aber sie gewinnen an Form und differenzieren sich mit dem Verlauf des Buches immer mehr voneinander, so dass man erkennt, wie sie eigentlich sind. Auf leisen Sohlen schleichen sie sich an, bis der Leser dann plötzlich, mit Erinnerung an seine eigene Jugend, sofern er diese schon hinter sich hat, feststellen muss, wie authentisch die Darstellung ist.

Die Stimmungsschwankungen und Unsicherheiten werden mit melancholischen, nüchternen Worten dargestellt, ohne zu sehr in Pathos oder Gefühlskälte abzurutschen. Bathurst trifft genau den Nerv der Jugend und überrascht dabei ab und an noch mit ein paar gelungenen Metaphern, die positiv aus den sehr trocken gehaltenen Zeilen hervorstechen. Einzig die sehr abgehackte Jugendsprache, die in den Dialogen vorkommt, stört ein wenig. Doch da dies auch an der Übersetzung liegen kann, sollte man der Autorin deswegen keinen Vorwurf machen.

Bella Bathurst hat mit ihrem Debütroman ein leises, unaufdringliches Buch geschaffen, das seinen Zauber erst nach einer Weile entwickelt. Dann allerdings auf allen Ebenen. Die Story, die Personen, der Schreibstil – alles passt zusammen und schafft ein pralles Bild vom Teenagerdasein. Ein wenig mehr Spannung an der einen oder anderen Stelle hätte „Feindinnen“ sicherlich nicht geschadet, aber auch so handelt es sich bei dem Buch um ein beeindruckendes Debüt.

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