Band 1: [„Das gestohlene Lachen“ 3839
Nach ihrem haarsträubenden Abenteuer in der Hauptstadt leben Miles und Little nun zusammen mit den anderen Kindern bei Lady Partridge in deren Landhaus – zumindest bis der Zirkus der Brüder Bolsillo nach Larding kommt.
Die drei Clowns, die Miles und Little im Palast des Lachens gegen den Großen Cortado beigestanden haben, wollen Little für eine Saison mit auf Tournee nehmen. Sie hoffen, dass Littles Musik dabei hilft, den Menschen ihr gestohlenes Lachen zurückzugeben. Also begleiten Miles und Little die drei Brüder. Aber wie sie nur zu bald erfahren, ist der Große Cortado aus der Psychiatrie ausgerissen und nun auf der Suche nach dem Jungen, der ihm so gründlich die Tour vermasselt hat …
_Die Charaktere_ sind größtenteils dieselben wie im ersten Band. Dadurch, dass Miles und Little die Bolsillos begleiten, verschiebt sich die Gewichtung ein wenig von Lady Partrigde und Bolzenglas weg hin zu den drei Clowns, aber wirklich neu ist nur Doktor Tau-Tau. Doktor Tau-Tau ist Wahrsager und ausgesprochen überzeugt von sich selbst, obwohl er meistens ziemlich danebenliegt. Abgesehen davon ist er ein wenig konfus und ziemlich ängstlich. Und er hütet offensichtlich ein Geheimnis.
Wie die übrigen Charaktere ist auch Doktor Tau-Tau sehr gut dargestellt und passt hervorragend in das Sammelsurium aus kuriosen, etwas schrägen Typen, die Jon Berkeleys Roman bevölkern. Aber obwohl die Charakterzeichnung problemlos mit dem Vorgängerband mithalten kann, gelingt es ihr diesmal nicht, ihren vollen Charme zu entfalten, vielleicht deshalb, weil Doktor Tau-Tau diese Aufgabe diesmal fast allein erfüllen muss. Erst als gegen Ende des Buches der Zirkus wieder nach Larding zurückkehrt und auch die anderen Figuren wie Lady Partridge und die örtlichen Polizisten, allen voran Sergeant Brumley, wieder auftauchen, wird dieser Aspekt wieder etwas lebendiger und spritziger.
_Neu sind_ auch die Firbolk, ein Völkchen wilder, kleiner, behaarter Leutchen, die unter der Erde wohnen und einst ein magisches Artefakt verliehen haben, das sie nun zurückhaben wollen. Dummerweise ist die Frau, die sich das Artefakt geliehen hat, inzwischen verstorben, und dummerweise hat ihr Sohn – Miles – keine Ahnung davon, worum es bei dieser ganzen Sache geht. Aber natürlich wäre er nicht Miles, wenn er nicht unbeirrt versuchen würde, etwas darüber herauszufinden. Leider sind alle Leute, die seine Mutter kannten, in dieser Angelegenheit äußerst zugeknöpft!
Da das Rätsel, das Miles diesmal zu knacken hat, mit seiner Mutter zusammenhing, bedeutet die Auflösung gleichzeitig eine Rekonstruktion seiner Familiengeschichte. Und schon bald zeigt sich, dass alles irgendwie miteinander zusammenhängt: der Große Cortado, Miles‘ Mutter, der Tiger, ja sogar das Zero sind Teil der ganzen Geschichte; und offenbar war es kein Zufall, dass ausgerechnet Miles mitten in dieses Abenteuer hineingestolpert ist.
Und während der Leser damit beschäftigt ist, häppchenweise die Informationen zusammenzusetzen, dreht der Zirkus seine Runde und kehrt zum Ausgangspunkt zurück. Viel passiert auf dieser Reise folglich nicht; die Handlung ist wesentlich ruhiger als im ersten Band. Die Vergangenheit steht diesmal im Vordergrund, und selbst die kurze Turbulenz, die Miles‘ und Tau-Taus Ausflug zu den Firbolg auslöst, dient nicht nur der Belebung der Handlung, sondern gleichzeitig der Weitergabe zusätzlicher Informationen. Richtig aufregend wird es diesmal erst gegen Ende, als der Zirkus schon fast wieder Larding erreicht hat. Das Ausbüchsen des Zero und die letzte Zirkusvorstellung in Larding bringen noch einmal kräftig frischen Wind in die Ereignisse.
_Bleibt zu sagen_, dass trotz vieler netter Ideen wie jene mit den Uhren und den Ratten und auch Bolzenglas‘ Zusammentreffen mit Doktor Tau-Tau dieser zweite Band ein wenig hinter dem ersten zurückgeblieben ist. Natürlich ist die Rätselei um Miles‘ Eltern und das Tigerei durchaus interessant, und die Szene am Höllenschlund ist wirklich drollig. Insgesamt fehlt dem roten Faden, den hier die Suche nach der Vergangenheit stellt, aber ein wenig der Sog, die Dringlichkeit, die der Rettungsaktion von Miles‘ Bärchen Mandarine innewohnte.
Für Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren, für die manche Zusammenhänge wahrscheinlich noch nicht so offensichtlich sind wie für Erwachsene, stellt diese Fortsetzung aber immer noch eine nette und liebenswerte Lektüre dar.
_Jon Berkeley_ stammt aus Dublin und lebt in Katalonien. Nach zwanzigjähriger Tätigkeit als Illustrator begann er mit „Das gestohlene Lachen“ die Trilogie um Miles und Little. Wann der dritte Band erscheint, ist allerdings noch offen.
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