Bomm, Manfred – Schusslinie

Eine gute Idee, die Manfred Bomm da hatte. Rechtzeitig zur Fußall-WM hat der deutsche Krimiautor eine Geschichte rund ums aktuelle Geschehen in Deutschland verfasst, bei der in Person von Jürgen Klinsmann sogar eine reale Figur eingegliedert wurde. Der Bundestrainer übernimmt hier jedoch nicht die Rolle des Sunnyboys, sondern spielt das Opfer eines größer angelegten Komplotts. Effekthascherei? Nein, keinesfalls. Mittel zum Zweck? Vollkommen!

_Story_

Kommissar August Häberle ermittelt in einem seltsamen Mordfall, der sich an einer Sportstätte in Geislingen zugetragen hat. Sowohl Funktionäre als auch ortsansässige Poltiker sind über den Vorfall schockiert, schließlich werfen solche Ereignisse ein Jahr vor der Fußball-Weltmeisterschaft kein gutes Licht auf den Deutschen Fußball-Bund. Als dann die Identität des Toten aufgedeckt wird, stellt sich heraus, dass es sich hierbei um einen einflussreichen früheren Freund von Jürgen Klinsmann handelt, der anscheinend von Dingen wusste, die anderen politischen Personen hätten schaden können. Häberle stürzt sich auf die Arbeit und taucht immer tiefer in einen Sumpf aus Intrigen, Korruption und Falschspielerei ein.

Dabei stößt er auf eine geheimnisvoll auftretende Prostituierte, einen zwielichtigen Unternehmer, nimmt aber auch Kontakt zum Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft auf, um diesen zu den Vorfällen zu befragen. Dann gerät die Situation aber außer Kontrolle: Klinsmann selber wird von den Drahtziehern des Verbrechens entführt und weitere Leute werden umgebracht. Und als dann in Berlin auch noch Dokumente über eine offensichtlich geplante Bestechungsaffäre auftauchen, ist längst die ganze Nation über den wohl größten Skandal der deutschen Fußballgeschichte – und dies ein Jahr vor der WM – informiert …

_Meine Meinung_

Skandalöse Affären hat es im Fußball in den letzten Jahren ja leider zuhauf gegeben, man denke nur mal an den jüngsten Wettskandal in der italienischen Liga. Weiterhin haben sich die Funktionäre der gerade angelaufenen Weltmeisterschaft ja auch nicht mit Ruhm bekleckert, als es um die Kartenvergabe und weitere sportpolitische Entscheidungen rund um die WM ging. Insofern greift Manfred Bomm in seinem Krimi einige durchaus aktuelle Themen auf und verteilt dabei auch geschickt einige Seitenhiebe auf die immer mehr zum Politikum avancierten Sportveranstaltungen um das runde Leder.

Allerdings ist „Schusslinie“ natürlich in erster Linie ein gesundes Stück Unterhaltung, welches bei weitem das befürchtete „Bild“-Zeitung-Niveau (man verzeihe mir meine Vorurteile) übertrifft. Bomm hat hier nicht nur einen sehr guten Kriminalroman entworfen, sondern zugleich eine wirklich komplexe Story kreiert, welche den Leser durch die immer neu auftauchenden Teilaspekte mehrfach auf eine komplett falsche Fährte führt – ebenso wie den ermittelnden Kommissar August Häberle.

Der Aufbau ist deshalb auch das Glanzstück des Romans; beginnend mit dem Mord an der unbekannten Person, konstruiert Bomm eine immer verzwickter werdende Handlung, bei der man nie wirklich sicher sein kann, die tatsächlichen Ereignisse richtig erfasst zu haben. Sobald sich bei Häberle eine Spur zu ergeben scheint und der Leser (bzw. in diesem Fall der Zuhörer) diese näher verfolgt, wird sie auch schon sehr zügig wieder über den Haufen geworfen und durch neue Fährten ersetzt. Man mag zwar glauben, dass diese Herangehensweise die Geschichte aus dem Zusammenhang kickt, aber weil es dem Autor sehr gut gelungen ist, selbst die Überraschungsmomente stringent am deutlich erkennbaren roten Faden zu orientieren, verliert man nie den Überblick und durchlebt so auch zahlreiche Aha-Momente, bis zur Auflösung der weit reichenden Intrigen rund um den Sport.

Natürlich ist die anstehende Weltmeisterschaft im weitesten Sinne nur Mittel zum Zweck und für die Aufklärung erst einmal gar nicht so wichtig. Bomm war eben nur so geschickt, die aktuellen Ereignisse zum passenden Moment auszunutzen und so auch zum treffenden Zeitpunkt das Interesse auf sich und sein neues Werk zu lenken. Im Großen und Ganzen ist die WM nämlich nur ein verhältnismäßig kleiner Aufhänger inmitten des großen Mordkomplotts. Und dennoch sollten fußballinteressierte Leser noch eher Gefallen an dieser Erzählung finden, denn wer mit einem gewissen Hintergrundwissen um die jüngsten Skandale aufwarten kann, ist beim Verständnis der Rahmenhandlung klar im Vorteil.

Bei der prinzipiell sehr gelungenen Hörbuchfassung stellt sich mir nur eine Frage: Warum muss ausgerechnet eine Frau die von Männerstimmen dominierte Geschichte erzählen? Kerstin Eckert als Sprecherin zu kritisieren, liegt mir zwar wirklich fern, doch man merkt schon ganz deutlich, dass ihre Fähigkeiten, maskuline Intonationen hinzubekommen, geschlechtlich bedingt arg zu wünschen übrig lassen. Dies kann sie allerdings dann auch wieder durch ihre fundierten Sprachkenntnisse ausgleichen, wobei vor allem ihr schwäbischer Dialekt äußerst sympathisch herüberkommt. Alles in allem also dennoch eine gute Wahl für dieses sehr gelungene Kriminal-Hörbuch.

_Fazit_

Sympathische Charaktere, sehr spannende Story und viele falsche Fährten bei den Ermittlungen zum Mord im Vorfeld der Fußball-WM. Manfred Bomm hat mit „Schusslinie“ einen sehr authentischen Krimi zu den politischen Randerscheinungen des Sports geschrieben und geschickt auf den richtigen Zeitpunkt zur Veröffentlichung des (Hör-)Buchs gewartet. Wer trotz der derzeit aktiven Wettstreitigkeiten noch immer nicht genug von der schwarzweiß befleckten Pille bekommen kann, ist mit dieser Geschichte prima bedient.

http://www.gmeiner-verlag.de/

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