Bonansinga, Jay – Hurricane (Twisted)

Hurricane Katrina, der schlimmste Wirbelsturm aller Zeiten, der im Sommer 2005 über New Orleans fegte, hat auch in der Literatur seine Spuren hinterlassen:

Der FBI-Profiler Ulysses Grove wird eines Abends von einem entfernten Bekannten, dem Uniprofessor Moses de Lourde, angerufen. Moses wohnt in New Orleans und gerade zieht der Hurrikan Cassandra über die Stadt und der Anruf entpuppt sich als Hilferuf. Doch das merkt Ulysses erst bei der Beerdigung, denn er erkennt, dass die Verletzungen, die Moses aufweist, nicht vom Sturm stammen können. Obwohl gerade nach einem sehr belastenden Fall beurlaubt, wittert er einen neuen Fall. Wenig später zieht ein Hurrikan über Florida hinweg – und hinterlässt nicht nur Verwüstung, sondern weitere Mordopfer, die im Auge des Sturms getötet wurden.

Ulysses glaubt, der Mörder will ihn ins Auge locken und er folgt dem Ruf. Doch er ist nicht alleine, denn die Journalistin Maura, mit der Ulysses ein zartes Band der Liebe verbindet, befindet sich auch auf der Jagd nach dem Mörder – und befindet sich, ohne es zu wissen, direkt bei ihm …

Jay Bonansingas Thriller „Hurricane (Twisted)“ ist ein eher unkonventionelles Buch. Schon das Motiv der Handlung – ein psychisch Kranker mordet ausschließlich im Auge des Hurrikans und sein Problem hängt mit dem Hurrikan selbst zusammen – ist eher ungewöhnlich, man möchte sogar sagen: irreal. Nun ja, der Glaube an Geister und Ähnliches, der an manchen Stellen des Buches an die Oberfläche dringt, ist sicherlich nicht gerade sehr authentisch, aber Bonansinga hat dafür eine Erklärung parat. Protagonist Ulysses, dessen Mutter aus Kenia stammt, glaubt selbst ein wenig an Geister, und dank der Einbettung in afrikanische Folklore driftet das Buch nicht in gefährliche Gewässer ab.

Im Gegenteil macht Bonansingas Roman sogar richtig Spaß. Ulysses selbst haftet zwar ein wenig Staub des typisch amerikanischen Protagonisten an – mit seiner glatten Art, dem Erfolg und der Liebe, die er nicht auf die Reihe kriegt -, aber die Handlung ist wirklich sehr gelungen. Wir finden keine übertriebene Action, sondern reale Szenen und eine unaufdringliche, aber spannende Handlung. Sie lässt den Leser lange im Dunkeln tappen, wer denn nun der Mörder ist, der sich in seiner Perspektive als „Heiliger Geist“ bezeichnet.

Die Handlung kann sich also sehen lassen, die Charaktere sitzen allerdings an einigen Stellen den üblichen Stereotypen auf. Ulysses, der geschniegelte FBI-Profiler mit Außenseiterstatus, Maura, die tapfere Journalistin mit Herz, der raubeinige Kaminsky, der Ulysses begleitet, und schlussendlich der Heilige Geist. Selbiger ist bei genauerer Betrachtung ähnlich gestört wie die meisten Mörder in amerikanischen Thrillern, was schade ist. Wäre Bonansinga hier ein wenig weiter gegangen, hätte aus „Hurricane (Twisted)“ ein herausragendes Buch werden können – auch ohne einen wirklich glänzenden Schreibstil.

Der Schreibstil ist nämlich ebenfalls ein wenig zu glatt und in dieser Form schon oft dagewesen. Zwar gelingt es Bonansinga an einigen Stellen, dank seiner distanzierten Schreibe den inneren Konflikt von Ulysses gut darzustellen, aber insgesamt mangelt es etwas an Beweglichkeit. Zu gleichförmig und barrierefrei tröpfelt das Buch dahin und büßt dabei an einigen Stellen an Spannung ein.

Insgesamt lässt sich „Hurricane (Twisted)“ aber gut lesen. Handlung, Schreibstil und Protagonisten sind gelungen und haben nur aufgrund einiger kleiner Kritikpunkte den Sprung in die Thrilleroberliga verpasst.

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