Ursula K. Le Guin – Verlorene Paradiese

Die ganze Welt in einer Seifenblase.

Ein Generationenraumschiff ist auf seinem Weg ins Unbekannte. Die Hoffnung der Menschheit ruht auf den Schultern der Reisenden. Doch der Weg durchs Weltall steckt voller Gefahren und Überraschungen – innerhalb wie außerhalb der Schiffshülle.

Ursula K. Le Guin zeigt sich in ihrem Spätwerk als gewohnt souveräne Erzählerin und großartige Stilistin. Ein Meisterwerk voller Dramatik und Schönheit – ein Buch zum Träumen von der Zukunft.
(Verlagsinfo)

Das Titelbild ist unauffällig, und der Klappentext klingt wenig innovativ. Aber dass Ursula K. Le Guin eine Schriftstellerin von besonderem Format ist, weiß man nicht erst seit gestern. Ihre Geschichten sind von besonderer Qualität und so ist es außerordentlich erfreulich, mit dem vorliegenden Buch endlich eine neue Übersetzung für uns deutschsprachige Leser serviert zu bekommen. Und diese Novelle hat es absolut in sich.


Die Autorin, die mit Romanen wie »Die linke Hand der Dunkelheit«, »Die Enteigneten« oder »Erdsee« auf beeindruckende Weise zeigt, dass phantastische Literatur mehr ist als bloß eskapistische Unterhaltung, schreibt in ihrem Vorwort zu dieser Geschichte, es sei ihr ein lang gehegter Wunsch gewesen, das Leben der Generationen auf einer interstellaren Reise zwischen Aufbruch und Ankunft zu erfassen – nur habe sie lange Zeit gebraucht, um den richtigen Blickwinkel zu finden. Das Ergebnis ist ein Fest für den Leser, es veranschaulicht aus wenigen signifikanten Blickwinkeln das Leben, Streben, die Veränderungen und die Sozialität auf einem vorstellbaren Generationenraumschiff, zeigt, dass auch bei bestmöglicher Vorbereitung das Leben Wege findet, die kein Planer vorhersehen kann. Dabei sind es vorerst beinahe Alltäglichkeiten, mit denen Le Guin die Entwicklung skizziert. In ihrem meisterhaften Blick auf die Persönlichkeit gelingt ihr eine intensive Charakterisierung bei völligem Verzicht auf aggressiv treibende Handlungselemente; Konflikte entstehen aus der Situation und der Neugier der Reisenden, aus dem Wesen der Menschen und ihrem ewigen Sehnen nach Bedeutung. Was sich erst zum Ende hin zuzuspitzen scheint und in einem tätlichen Konflikt zu kumulieren hätte, handelt Le Guin in kurzen, zur Nebensächlichkeit degradierten Szenen ab; ihr Augenmerk gilt weiterhin dem Wesen dieses zerbrechlichen Gefüges.

Wer also ein actiongeladenes Weltraumabenteuer sucht, wird hier nicht fündig. Wer einfach nur gut unterhalten werden will, greift ebenso bedenkenlos zu wie jene, die sich mehr erhoffen, die der Autorin folgen wollen in die beeindruckende Einfachheit und Komplexität sozialer Gefüge und in eine heute seltene Utopie. Diese Geschichte ist jeden Cent ihres nicht ganz niedrigen Preises wert; eine absolute Empfehlung! Man kann sich nur wünschen, dass Beispiele wie dieses, erbracht durch den kleinen Genreverlag »Atlantis«, weiteren Übersetzungen aus dem Werk der Autorin den Weg ebnen. Hier wartet noch ein weites Feld auf seine Entdeckung.

Broschiert, 140 Seiten
ISBN-13: 9783864021619
Deutsche Erstausgabe März 2014

Deutsch von Horst Illmer
Originaltitel: Paradises Lost
Autorinnenhomepage
Atlantisverlag

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