Poul Anderson – Die Tänzerin von Atlantis

Kidnapped in time: Von Atlantis zum Minotaurus

Vier unfreiwillige Zeitreisende finden sich wieder in einer Zeit, da noch der Minos in Kreta herrschte und Atlantis noch nicht untergegangen war: Duncan Reid, der Architekt aus dem 20.; Oleg, ein Wikinger aus Nowgorod aus dem 11.; Uldin, der Hunne aus der Ukraine aus dem 4. Jahrhundert; und Erissa, die minoische Stiertänzerin aus dem Jahr 1400 vor Christus – mitgerissen von einer verunglückten Zeitmaschine, deren Pilot ihnen unter den Händen stirbt.

Als sie einander sahen, schrien sie auf, doch dann schlossen sie sich zusammen, um sich zu behaupten – und die Zukunft der Welt zu sichern. Doch ist die Vergangenheit manipulierbar oder ist ihr Bemühen so vergeblich wie das Flattern eines Vogels im Käfig der Zeit..? (verlagsinfo)

Der Autor

Informationen über Poul Anderson

Poul Andersons Eltern stammten von eingewanderten Dänen ab. Poul, der vor dem Zweiten Weltkrieg kurze Zeit in Dänemark lebte, interessierte sich für diese Herkunft so sehr, dass er mehrere Romane an dem Schauplatz Skandinavien zur Zeit der Wikinger spielen ließ, darunter den vorliegenden, aber auch „Krieg der Götter“ und die Trilogie „The Last Viking“ (unübersetzt). Ansonsten ist Anderson für seine zahlreichen Science-Fiction-Romane bekannt, von denen „Brain Wave“ (1954) wohl der innovativste ist.

Der 1926 geborene Physiker, der schon 1947 zu veröffentlichen begann, starb 2001. Er ist Greg Bears Schwiegervater. Seine Werke hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, denn allein in der „Encyclopedia of Science Fiction“ ist sein Eintrag nicht weniger als sechs Spalten lang … Er gewann sieben |Hugo Awards| und drei |Nebula Awards|, viermal den |Prometheus Award|, den |Tolkien Memorial Award|, den |August Derleth Award| und 1978 den |Gandalf Grand Master Award| sowie 1997 den |Grand Master Award| der |Science Fiction and Fantasy Writers of America| und 2000 den |John W. Campbell Memorial Award| – mehr und Höheres kann man in diesen Genres fast nicht gewinnen.

Handlung

Der vierzigjährige Architekt Duncan Reid ist mit seiner ein Jahr jüngeren Frau Pamela auf der Überfahrt von Seattle nach Yokohama. Während der Amerikaner über seine wackelnde Ehe und die Unendlichkeit des Universums nachdenkt, erfasst ihn plötzlich ein Wirbel und entführt ihn in eine andere Dimension der Zeit …

Er erwacht in einer Wüste. Dann sieht er die anderen drei Menschen und schreit auf. Es sind zwei bewaffnete Krieger, die ihre Waffen zücken, und eine schöne Frau in einem weißen Leinenkleid. Diese rast nicht mit ihrem Bronzedolch auf ihn los, sondern umarmt ihn, gerade so, als würde sie ihn wiedererkennen: „Duncan!“ Man kann ihm nicht verdenken, dass er erst einmal verblüfft ist. Sie kniet sich vor ihn, als halte sie ihn für einen Gott.

Den beiden Kriegern streckt Reid die offenen Handflächen entgegen und fragt sie aus. Der blonde Axtkämpfer stellt sich als Russe aus dem Großfürstentum Kiew heraus: Oleg. Der Bogenschütze mit den vielen Narben im schlitzäugigen Gesicht ist der Hunne Uldin. Als Reid ihn nach Attila fragt, erntet er allerdings kein Wiedererkennen: Nach der Hunne die Alanen und Ostgoten besiegt hatte, wollte er eigentlich Römer besiegen. Uldin muss wohl aus dem 4. Jahrhundert stammen, Oleg hingegen aus dem 11. Jahrhundert.

Und Erissa, die schöne Frau mit den grazilen Bewegungen einer Tänzerin? Sie ist das größte Rätsel, das Reid lösen muss. Aber vielleicht ist die Maschine, die da bronzeschimmernd im Wüstensand liegt, die Antwort? Auf einmal öffnet sich eine Tür und ein Mann torkelt heraus, der zwei metallisch schimmernde Kugeln trägt. Er fällt verletzt und blutend in den Sand. „O nein!“ ruft Reid und eilt zu ihm. Der Pilot dieser Maschine darf nicht sterben. Erissa erweist sich als Medizinerin. Sie lässt den Piloten in den Schatten eines Grabens tragen.

Der Pilot setzt sich eine der beiden Metallkugeln auf den Kopf, als handle es sich um einen Helm, und drückt einen Knopf. Er lässt Reid den anderen Helm aufsetzen. Ein Schwindelgefühl erfüllt den Amerikaner, dann versteht er den Piloten. Dieser sei ein Chrononaut mit archäologischen Interessen, erfährt er. Der andere hat sich seine Sprache schnellstens angeeignet: Reid begreift, dass er die Kugeln benutzen kann, um auch die anderen drei seine Sprache zu lehren und die ihre zu lernen.

Was der Pilot berichtet, ist beunruhigend: Seine Zeitmaschine nutzt die Energie der jeweiligen Lokation, doch diesmal sei sie auf einen derart großen Energieausbruch gestoßen, dass sie beschädigt wurde und eine Fehlfunktion entwickelte. Auf ihrer führungslosen Bahn riss sie vier Menschen aus ihrer jeweiligen Zeit, bevor sie in dieser Wüste aufschlug. Sein Kopilot sei von der Energiequelle an Bord radioaktiv verstrahlt worden. Und wie es aussieht, macht es der Pilot nicht lange. Reids Befürchtung bewahrheitet sich.

Mit etwas Überlegen kommt er auf die Lösung: „Wir befinden uns westlich von Ägypten und östlich von Libyen“, sagt er Erissa. „Wie heißt die Insel, auf der du lebst?“ Sie heißt Rhodos, doch Erissa lebt im Exil. Sie stammt ihrer Sprache Khefiu nach zu urteilen, aus jenem mythischen Land, das einst nördlich von Kreta lag und die Blüte der ersten Hochkultur war: Gaia Atlantis, das „Land der Säule“. Die Säule – das ist die Rauchsäule, die über dem Vulkan emporsteigt, der demnächst – im Jahr 1400 v. Chr. – explodieren und das Reich der minoischen Kreter vernichten wird.

Und die zweite Sprache, die er von ihr gelernt hat, ist nichts anderes als Achäisch, die Sprache der ersten Griechen, die aus Mittelasien einwanderten und die eingeborenen Völker unterwarfen. Das verheißt nichts Gutes, findet Reid. Und Erissa gibt ihm Recht: „Wenn wir am Strand dieses Salzmeeres, das an die Wüste grenzt, Feuer machen, werden uns Piraten finden und als Sklaven verkaufen!“

Als seien sie von dem feurigen Absturz der Zeitmaschine angelockt worden, tauchen bereits am nächsten Tag sowohl Piraten als raubgierige Wüstennomaden auf. Die gestrandeten müssen wohl um ihr Leben kämpfen, finden Oleg und Uldin, die beiden Krieger. Doch Reid, der Unbewaffnete, setzt auf Verhandlungen. Erissa, die sowieso in ihn verschossen ist – warum nur, wundert sich Reid – schließ sich ihm an. Schließlich sehen auch die zwei krieger ein, dass sie gegen eine Übermacht eh keine Chance haben.

Gespannt erwarten die Zeitgestrandeten die anrückenden Gegner …

Mein Eindruck

Reid & Co. haben Glück: Ein Athener Handelsfahrer nimmt sie mit in seine Heimat. Doch damit beginnen die Schwierigkeiten. König Ägeus, sein Sohn Theseus und ihre Krieger stöhnen unter dem Joch, das ihnen die kretische Oberherrschaft der Minoer auferlegt hat. Alle neun Jahre müssen sie ihre edelsten Jungen und Mädchen den Kretern als geiseln stellen – die kommen dann als Minor zurück.

Theseus und Co. wollen das Joch verständlicherweise abschütteln und selbst auf Eroberung ausziehen. Deshalb betrachten sie Erissa, die Kreterin, als mögliche Spionin. Schon bald schmiedet Erissa mit ihren Gefährten Pläne, ihre Heimat vor dem drohenden Untergang durch erst den Vulkanbruch und dann die nachfolgende Invasion der Achäer zu warnen.

Unter einem Vorwand gelingt es Reid, mit der Hilfe des minoischen Gesandten (und Oberspions) zu der heiligen Insel zu gelangen, die am Fuße des Vulkans liegt. Dies ist das wahre Atlantis. Und die Hohepriesterin, die hier den Asterion-und-Rhea-Kult leitet, trägt den Titel Ariadne: „die Höchsterwählte“. Reid fühlt wie in die alte Sage um den Minotaurus zurückversetzt. Das Labyrinth – das ist der alte Königspalast des Königs Minos selbst.

Aber es geht ihm nicht nur um die Rettung von Erissas Heimat. Erissa ist inzwischen seine Geliebte. Und eine um 24 Jahre jüngere Version der Stiertänzerin Erissa wird ihm von der Ariadne als Gefährtin zugewiesen. Zum zweiten trachtet Reid danach, die Suchmannschaft aus der Zukunft, die den abgestürzten Chrononauten sucht, abzufangen. Sie ist seine einzige Chance, zurück in seine eigene Zeit, das Jahr 1970, zurückzugelangen.

Mythenprüfung

Die Zeitreise, auf die Reid und seine Gefährten unfreiwillig mitgenommen worden sind, erweist sich zunehmend als eine Dekonstruktion aller Mythen und Sagen, die auf die Nachwelt gekommen sind. Das fängt mit Atlantis an und endet nicht mit dem Minotaurus.

a) Atlantis

Nur von Platon wissen wir ja von jenem sagenhaften Inselkontinent, der über die anderen Völker geherrscht haben soll. Zwar stimmt das mit der Seeherrschaft – hier umständlich „Thalassokratie“ genannt -, aber Atlantis liegt viel näher am Ursprung des klassischen Griechenland, als es Platon darstellte. Er hatte dafür wahrscheinlich politische Gründe, legt der Autor nahe, denn Platon wollte nicht so enden wie Sokrates, sein Mentor: durch einen Giftbecher.

Der Autor greift vielmehr eine junge Theorie der Archäologen auf und verlegt Atlantis nach Santorin, das auch Thera bzw. Thira genannt wird. Noch heute kann man hier einen kreisrunden Kratersee, eine Caldera, bewundern, wo sich einst ein aktiver Vulkan befunden haben muss. Wo ist er hin, wenn er nicht einst explodiert ist? Wenn es wirklich einen mächtigen Ausbruch gab, so müssten sich an den nächsten Küsten entsprechende Spuren der dadurch auslösten Tsunamis finden.

Und diese Spuren wurden ebenfalls gefunden, denn alle Küstenorte und Häfen an der Nord- und Südküste Kretas wurden bis in Hunderte von metern Höhe zerstört. Die Südküste wurde von Wellen vernichtet, die von den Küsten Ägyptens und Libyens zurückprallten. Nur Schiffe, die sich auf hoher See befanden, konnte diese raschen, aber nicht hohen Wellen arbeiten. Und das trifft im Buch auf die Invasionsflotte der Achäer zu.

b) Das Labyrinth

Ein Seereich von solchen großen Ausmaßen, wie es das minoische war, musste auch ein Machtzentrum haben, das durch Pracht seinen Reichtum und seine Macht widerspiegelte. Dies war der bis heute erhaltene Palast von Knossos. Leider haben Erdbeben und Invasoren vieles der in den Bergen gelegenen Anlage zerstört. Doch das wahre, unterirdische gelegene Ausmaß der Anlage muss riesig gewesen sein. Den Zeitgenossen und Geschichtsschreibern muss es immernoch wie ein Irrgarten vorgekommen sein.

c) Der Minotaurus, Ariadne, Minos und Theseus

Der Stier der Sonne war den Minoern heilig: Asterion erlebte entsprechend den Jahreszeiten auch Auf- und Untergang, Verschwinden im Winter und Wiederkehr im Frühjahr, wenn er sich mit der Allmutter Rhea vereinigte, um sich selbst zu zeugen. Er hatte daher zwei Hohepriester. Der männliche war der Priesterkönig, der den Titel Minos trug und auf Kreta lebte. Der weibliche war die Priesterin, die den Titel Ariadne trug, die „Höchsterwählte“, und auf Atlantis (Thera) lebte.

Asterion zu Ehren wurden Mädchen und Jünglinge ausgebildet, um mit dem heiligen Stier zu tanzen, d.h. über den angreifen Bullen hinwegzuspringen. Erissa ist eines der Mädchen und gibt dem Buch seinen Titel. Sie lebt fern der Jünglinge, die auf Kreta üben, auf Atlantis. Nur zu den Frühlingsfeierlichkeiten kommen Mädchen und Jünglinge zusammen. Reids Ankunft mündet nicht nur in dieses Fest, sondern auch mit der neunjährlichen Lieferung der achäischen Tribute: sieben Jungen und sieben Mädchen. Einer dieser Jungen ist der Thronfolger Theseus aus Athen. Er hat einen teuflischen Plan…

Die Stierspiele gipfeln nach dem Stiertanz, bei dem Mädchen und Jünglinge ihr Können zeigen, in die Corrida, den Stierkampf. Der heilige Stier, der dabei getötet wird, ist keine Mischung aus Mensch und Stier, wie ihn die Sage darstellt, sondern ein ganz normaler Bulle. Die Ariadne und der Minos sehen natürlich zu, wie er geopfert wird. Nur dass diesmal die ganze Sache durch das Eingreifen der Athener einen grauenhaften Verlauf nimmt.

Finale

Diese Szene stellt der Autor nicht dar, sondern nur deren Nachspiel, als Reid und Erissa senior in Knossos eintreffen, um Erissa junior zu retten. Ja, das ist eines der zeit-Paradoxa, die der Autor mit leichter Hand behandelt. Er geht ihm nicht aus dem Weg, sondern schließt vielmehr den Kreis: Die junge Erissa muss leben, um die alte Erissa zu werden, von der sie gerettet wird.

Der Kampf, der nötig ist, um Erissa junior aus dem Königspalast zu holen, ist eine von zwei Actionszenen, die der Roman aufzuweisen hat. Das war mir zwar zu wenig, aber zumindest muss ich dem Autor zugestehen, dass er genau wusste, wie man einen Kampf mit Schwert und Schild darzustellen hat. Die zweite Actionszene ist eine kurze Seeschlacht Reids gegen die Flotte der Invasoren aus Athen.

Auch die Seeschlacht ist nicht Selbstzweck. Sie dient dazu, zwei sehr ungewöhnliche Schiffe zusammenzuführen. Diese Schiffe sind für die zeit um 1400 v.Chr. so untypisch, dass die Zeitsonde des Suchtrupps, der den abgestürzten Zeitpiloten sucht, wie erhofft darauf aufmerksam wird und die in der Zeit gestrandeten Menschen zurückholt. Später kann sich Reid zusammen mit Erissa senior erholen von ihr verabschieden. Da er nun so viel über Frauen und Männer gelernt hat, gelingt es ihm, seiner eigenen Frau Pamela gegenüberzutreten und damit anzufangen, sie glücklich zu machen. So hat auch die ganze Geschichte einen tieferen Sinn. Aus menschlicher Sicht ist der Roman eine runde und zufriedenstellende Sache.

Die Übersetzung

Diese Übersetzung ist nicht nur voller Druckfehler, sondern auch noch sprachlich fehlerhaft. Die Fachsprache für die Ausstattung eines Segelschiffs ist fachmännisch verwendet, dürfte aber nur noch wenigen jungen lesern geläufig sein. Und es finden sich Dialektausdrücke.

S. 93: „was er da mochte“ muss „was er da machte“ heißen, um einen Sinn zu ergeben.
S. 117: „schlagt mit das nicht ab“ muss „schlagt MIR das nicht ab“.
S. 127: „dass ihr mich heute noch sprechen wollte[t]“. Das T fehlt.
S. 139: „Leibgute“ => Leibgurte
S. 156: Sparedon = Sarpedon
S. 174: „weil ihm jene Reparaturen nicht dafürgestanden hatten“: Nicht mal ich weiß mehr, was das bedeutete. Er ist bayerisch-österreichischer Dialekt für „sich lohnen“, wie der DUDEN weiß.
S. 201: „der Monos“ => der Minos
S. 213: „Der frische Wind legte das Schiff leicht zu[r] Seite.“ Das R fehlt.
S. 219: „wiederstehen“ => „widerstehen“
S. 223: „Schweiß, der ihnen an den verschmierten Körper streitig herunterrann“. Es muss „streifig“ heißen, um einen Sinn zu ergeben.
S. 240: „Ruderer, die verwirrte[n] Männer…beiseite drängen mussten“: Das N ist überflüssig, weil es sich um den Akkusativ handelt.

Unterm Strich

Poul Anderson war ein Experte für die nordische und antike Historie. Je mythischer, desto besser, dachte er wohl. Mit den „Chroniken der Zeitpatrouille“ (s. meinen Bericht) begab er sich viele Male in die Antike und das Mittelalter. Auch hier holt er sich seine exotischen Protagonisten aus der vorchristlichen Zeit, aus jenem mythischen Sagenkreis um Atlantis und das minoische Kreta, von denen die ältesten Legenden der Hellenen erzählen. Nur Uldin und Oleg stammen aus dem nachchristlichen Jahrtausend.

Die Handlung wird sowohl von der romantischen Liebe des amerikanischen Helden Duncan Reid zu der Stiertänzerin und Heilerin Erissa bestimmt, als auch von seinem Abwehrkampf gegen den Untergang der minoischen Kultur. Er bringt in Erfahrung, dass der Vulkan, an dessen Fuß Atlantis, das weibliche Heiligtum des Sonnengottes Asterion liegt, durch einen bevorstehenden Vulkanausbruch zerstört werden wird, der den des Krakatau 1883 in Schatten stellen wird. Diese Katastrophe dient Prinz Theseus als Vorwand, um Kreta zu erobern.

Wird es Reid gelingen, nicht nur die Atlanter und Kreter zu retten, sondern auch die beiden Stiertänzerinnen, die Erissa heißen? Er liebt die ältere Erissa, die ihn wie einen Gott verehrt und für den Vater ihres Sohnes Deukalion hält. Doch ihre Erinnerung ist nicht nur ungenau, wie sich im Verlauf des halben Jahres herausstellt, sondern auch noch teilweise gelöscht. Wie das eine zum anderen kommt, ist einer der für mich faszinierendsten Aspekte dieses Zeitreise-Abenteuers.

Für wen sich das Buch eignet

Wie es schon seit jeher seine Stärke ist, hatte Anderson nicht nur ein tiefes Verständnis für die Geschichte und ihre Mythen, sondern auch für die Kulturen, in denen diese entstanden. Auch hier erweckt er die zwei antiken Kulturen der Atlanter/Minoer und der Achäer zum Leben. Seine Beschreibungen sind vielfach sehr anschaulich und ließen mich häufig an die „Metamorphosen“ des verbannten Römers Ovid denken, der vielfach von Verwandlungen erzählt. Aber auch an die Argonauten und kühne Krieger dachte ich, und an schöne Griechinnen.

Tatsächlich aber besteht ein auch im Buch thematisierter Kontrast zwischen den frühen Griechinnen und den Kreterinnen. Wie jeder, der einmal eine kretisch-minoische Statue gesehen hat, weiß, dass sie barbrüstig gingen. Das galt für alle Frauen und Mädchen, die mit den Riten und Priesterämtern betraut waren. Also auch für die Ariadne selbst, aber auch für ihre Novizinnen, die Stiertänzerinnen.

So kommt es, dass Erissa sowohl in ihrer jungen als auch in ihrer älteren Gestalt für Duncan Reid von höchster Verlockung und Verführungskraft sind. Natürlich lässt er sich nicht mit einer zwölfjährigen Erissa ein, die seine Tochter sein könnte. Aber die Nächte lässt er sich gerne von der älteren Erissa wärmen. Diese verfügt über die Macht der Hypnose, so dass auch als Hexe (Hekate) und Orakel (Pythia) erscheint – eine der faszinierendsten Figuren, die Anderson geschaffen hat.

Ich würde das Buch aufgrund dieser Inhalte nicht einem Kind unter vierzehn Jahren in die Hand drücken. Und es schadet nicht, schon mal vorher die antiken Sagen zu lesen.

Taschenbuch: 208 Seiten
Originaltitel: The Dancer from Atlantis (1971)
ISBN-13: 978-3453302990

www.heyne.de

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